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Die Wege der Herren

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Armand Back über einen Zeitgeist, der Linke zum Handeln zwingen müsste.

In Österreich ziehen heute 51 Abgeordnete der rechtsextremen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) in den Nationalrat ein; 20 davon sind sogenannte Korporierte, Mitglieder schlagender, deutschnationaler Burschenschaften. Bald dürfte das Land auch seine neue Regierung haben. Der Block aus Sebastian Kurz’ ÖVP und Heinz-Christian Straches FPÖ kommt immer homogener daher, die Koalitionsgespräche verlaufen, so der vermittelte Eindruck, wie geschmiert. Herauskommen wird eine Regierung, der Rechtsextreme angehören. Auch diese FPÖ-Minister werden im zweiten Halbjahr 2018 Gastgeber sein für ihre europäischen Kollegen. Österreich hat dann den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft. Wie es aussieht, wird man in Brüssel und in Luxemburg und in den anderen EU-Hauptstädten wohl damit leben müssen: Dank des konservativen Steigbügelhalters hievt sich die rechtsextreme Politik in den europäischen Salon hinauf; und wenn man sich nicht allzu sehr danebenbenimmt, gibt es dort das Zertifikat, staatstragend agieren zu können. Es ist zweifellos der größte Triumph der europäischen Rechten seit vielen Jahren.

Ihren Erfolg feierten beide Wahlgewinner in Österreich auf dem Rücken von Fremden aller Art. Beide schwafeln von fehlender Fairness und huldigen dem kleinen Mann, fahren aber eine neoliberale Linie. Dieser Wirtschafts-Chauvinismus, der die Schuld bei den Schwachen sucht und die Starken und Reichen schützt, richtet sich gerade in aller schaurigen Bequemlichkeit in unserem Zeitgeist ein. Dass sich damit in Europa Wahlen gewinnen lassen, ist ein trauriger Beleg dieser Behauptung. Mit einem Kampf für mehr Steuergerechtigkeit gewinnt man solche eher nicht. Scheinbar können so viele «Papers» erscheinen, wie es nur geht, die Hasskommentare unter Flüchtlingsartikeln werden weiterhin in iPhones gehauen. Nun könnte man zum Schluss kommen, dass viele Menschen einfach zu blöd sind und sich ihre Henker halt mit Vorliebe selber an die Macht wählen. Doch das wäre zynisch und bringt niemanden weiter. Vielmehr muss man einwenden, dass die Politik es sich viel zu lange viel zu leicht gemacht hat. Dabei haben die großen politischen Strömungen etwas verloren, was sie sich nun, wollen sie überleben, zurückholen müssen: ihre Glaubwürdigkeit und damit ihre Daseinsberechtigung in der Gesellschaft.

Sozialistischen und anderen linken Parteien fällt das offensichtlich schwerer als konservativen oder rechten. Das Beispiel Österreich zeigt, wie geräuschlos diesen Herren das gelingen kann: Die christlich-sozialen Wurzeln werden zugunsten ausländerfeindlicher Politik über Bord geworfen und schon läuft der konservative Kahn wieder in Richtung Regierungshafen ein. Es wird interessant zu beobachten sein, wie andere konservative europäische Parteien, auch die CSV, auf dieses Modell reagieren, ob auch sie extrem Rechte ins Schlepptau nehmen, wenn es der eigenen Macht dient.

Die Sozialdemokraten müssen sich auf anderem Wege aus dem Sumpf der Unkenntlichkeit ziehen. In diesen hineingeraten sind sie vor allem, da sie zu großen Teilen selber mit aufgegangen sind im neoliberalen Politeinheitsbrei. Doch ohne klare Konturen ist nicht mehr erkennbar, wofür sie eigentlich stehen, vor allem seit die konservative Marschroute übernommen wurde, Bestehendes (und da gehören Besitzverhältnisse dazu) zu erhalten, anstatt sich einer progressiven und damit verändernden Politik zu verschreiben. Systemerhaltung alleine reicht nicht mehr, um Wähler zu überzeugen.

MarcL
9. November 2017 - 11.58

Dass die CSV zunehmend ihre christlich-sozialen Wurzeln verliert erkennt man schon daran, dass Stimmen laut werden die eine Trennung von Kirche und CSV verlangen.