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Der mündige Aktionär

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Wer sein Geld in Aktien oder Aktienfonds investiert, der tut das oft, um eine Dividende zu kassieren und von (positiven) Kursentwicklungen zu profitieren. In den wenigsten Fällen geht es darum, das Unternehmen aktiv mitzugestalten, Aktionärsversammlungen zu besuchen und bei wichtigen Entscheidungen eine Stimme abzugeben. Doch wer eine Aktie besitzt, ist Mitbesitzer des Unternehmens.

Wer zum Beispiel eine Facebook-Aktie kauft, wird damit zum Mitbesitzer an dem sozialen Netzwerk – wenn auch nur zu einem verschwindend geringen Teil. Dadurch stellt sich die Frage nach der Verantwortung für das Handeln des Unternehmens. Und zwar unabhängig von der Gesetzeslage. Betrügt ein Unternehmen zum Beispiel seine Kunden oder fälscht seine Bilanz, dann trägt der Aktionär dafür in der Regel keine rechtlichen Konsequenzen. Er wird nur einen Verlust verbuchen, wenn die Aktien durch den ausgelösten Skandal an Wert verlieren.

Wie sieht es aber mit der moralischen Verantwortung aus, wenn der Sparer sein Geld etwa in Aktien eines Waffenproduzenten steckt? Wie sieht es aus, wenn er mit seinem Geld Anteile eines Konzerns kauft, der Tierversuche macht? Was, wenn es sich um einen Betrieb handelt, der seine Arbeiter ausbeutet? Was, wenn es sich um einen Telekommunikationskonzern handelt, der seine Dienste ebenfalls ans Militär verkauft?

Einige große institutionale Anleger haben seit langem Ethik-Kommissionen, die sehr akribisch Fall für Fall kontrollieren, wohin ihr Geld fließt. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Ethik-Rat des milliardenschweren norwegischen Staatsfonds.

In der Fondsbranche ist das Thema längst angekommen. Viele – aber längst nicht alle – Fonds haben Hausregeln, nach denen in bestimmte Branchen nicht investiert werden darf – Waffen sind ein beliebtes Ausschlusskriterium. Einige Fonds machen das Thema „verantwortungsvolles Investieren“ sogar zum bestimmenden Thema, nicht selten verbunden mit Umweltschutzaspekten. Bei Sharia-Fonds sind die moralischen Überlegungen religiöser Art. Sie investieren nach den Regeln des Islam: Drogen, Glücksspiel und Zinsen sind hier verboten. Speziell geschulte Gelehrte überprüfen die Fonds, Gewinne aus verbotenen Quellen werden gespendet.

Grundsätzlich sollte sich der Sparer darüber im Klaren sein, dass jede Investition in ein Unternehmen Konsequenzen hat und dass er sich am Ende eventuell im Besitz eines (kleinen) Teiles einer Firma befindet, die Dinge tut, die er nicht gutheißen kann.

Ist er sich dessen erst mal bewusst, dann kann er sein Portfolio überprüfen und es seinen Wertvorstellungen anpassen (sofern er überhaupt noch anlegen will).

Die Mittel stehen dazu heute durchaus zur Verfügung. Welches Produkt ein Unternehmen herstellt und welche Dienstleistungen es erbringt, ist zum Beispiel über das Internet einfach zu recherchieren. Ist dies nicht der Fall, sollte der Sparer sein Geld erst recht nicht in diese Aktie investieren.

ygreis@tageblatt.lu