Am Wochenende findet zum fünften Mal eine Cyclocross-Weltmeisterschaft in Luxemburg statt. 1951 setzte sich der Franzose Roger Rondeaux durch, 1956 war es dessen Landsmann André Dufraisse, der sich den Titel sicherte. 1962 triumphierte auf dem Escher Galgenberg der Italiener Renato Longo. 2017 zählt weder ein Franzose noch ein Italiener zum Favoritenkreis, dafür könnte der Weltmeister 2017 genau wie 1968 – damals feierte Eric de Vlaeminck seinen zweiten von insgesamt sieben Cyclocross-WM-Titeln auf dem heutigen Kirchberg – wieder aus Belgien kommen. Die Einzigen, die im Moment noch mit den Flamen mithalten können, sind die Holländer. Und obwohl die Disziplin seit Jahren immer mehr zur belgo-niederländischen Angelegenheit wird, ist das Zuschauerinteresse wesentlich größer als noch vor 30 Jahren, als noch mehr Nationen wie Deutschland und vor allem die Schweiz zur Weltelite gehörten.
Das mag ein wenig paradox klingen und irgendwie ist der Cyclocross auch ein Sport der Gegensätze, ein Sport zwischen Tradition und Moderne. Der Cross hat sicherlich Anfang der Neunziger unter der steigenden Popularität des Mountainbikes gelitten. Es entstand eine neue, modernere Disziplin, die es auch heute noch vielen Sportlern angetan hat.
Und obwohl der Cyclocross eher für das Traditionelle steht, wird – zumindest in Belgien – keine andere Disziplin so modern vermarktet. Quasi jeden Sonntag kann man ein Cross-Rennen bei unseren Nachbarn live im Fernsehen verfolgen. Zudem haben sie es wie niemand sonst verstanden, einen sportlichen Wettkampf zum riesigen Volksfest werden zu lassen. Die Belgier haben es geschafft, ihre Cross-Tradition ans 21. Jahrhundert anzupassen, und der Erfolg gibt ihnen recht.
Luxemburg ist ebenfalls ein Land mit Cross-Tradition, allerdings dümpelte die Disziplin zuletzt einige Jahre nur so vor sich hin. Die Weltmeisterschaft in Beles hat wieder eine gewisse Euphorie entfacht. Um die WM nach Beles zu holen, bedurfte es einer gehörigen Portion Mut. Doch Eric Leyder und sein Team ließen sich hiervon nicht abschrecken. So viele Events mit 30.000 Zuschauern gibt es nicht in Luxemburg. Zu Beginn haben nicht viele an das Projekt geglaubt. Sogar der Sanemer Bürgermeister Georges Engel, der mit der Gemeinde als größter Partner hinter der WM steht und sie somit erst möglich machte, gab zu, das Ganze anfangs eher für eine Schnapsidee gehalten zu haben, die sich ohnehin nicht verwirklichen lasse.
Nun stehen wir zwei Tage vor dem Mega-Event und die Radsportbegeisterten fiebern diesem letzten Januar-Wochenende bereits seit Monaten entgegen. Manchmal braucht es eben etwas Mut, um eine Disziplin wieder zum Leben zu erwecken. Denn ohne Bieles 2017 hätte es wohl kaum so schnell einen Skoda Cross Cup gegeben oder eine Landesmeisterschaft mit Weltcup-Charakter wie in Remerschen. Bieles 2017 soll demnach nicht das Ziel, sondern lediglich der Auslöser für etwas frischen Wind in der einheimischen Cross-Szene sein. Dass diese Disziplin einiges zu bieten hat, davon kann man sich am Samstag und Sonntag auf Belval überzeugen.
cschleimer@tageblatt.lu
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