Es gibt elektrische Mountainbikes oder E-Reiseräder, für die Reichweite sehr wichtig ist. Obwohl die Entwickler die Akkus teils im Rahmen verschwinden lassen, ist deren Energiegehalt so hoch, dass die Unterrohre auffällig dick sind. Und es gibt E-Bikes, bei denen die Optik im Vordergrund steht. Sie verbergen ihre Elektrotechnik nahezu unsichtbar.
Ein Hersteller, der solche Fahrräder produziert und sich in dem Bereich als Vorreiter sieht, ist Coboc – von Slim-Bikes spricht man am Firmensitz in Heidelberg. Im Programm hat man elektrische Alltags- und Pendlerräder oder Gravel-Bikes. Oder das puristische Modell One eCycle F1 – dessen Alltagsnutzen jedoch begrenzt ist. Dafür hat es andere Qualitäten.
Der Einsatzzweck: Als sogenanntes Single-Speed-Bike bietet das One eCycle F1 eine feste Übersetzung und keine weiteren Gänge. Seine Grundausrüstung verdankt das abgespeckte Elektrorad der Fahrradkurierszene, aus der Coboc-Mitgründer David Horsch stammt. „Man kommt schnell durch die Stadt, hält an, beschleunigt wieder“, sagt er. „Ein Kurier würde sich das Slim-Bike dennoch nicht kaufen.“ Denn mit zahlreichen Carbonteilen und dem Motor ist es sehr teuer.
Horsch sieht es eher als eine Art Designobjekt, wie es sich manche Fahrradenthusiasten an die Wand hängen könnten und zur Ausfahrt aufsatteln, wenn das Wetter stimmt. „Am Ende ist es wie ein Porsche 911 – eigentlich total unpraktisch, aber geil“, meint er.
Leichtes Serien-E-Bike
Die Technik: Mit 10,8 Kilogramm je nach Rahmengröße ist das Modell eines der leichtesten Serien-E-Bikes überhaupt. Im Vergleich zur Erstauflage von 2014 hat es um 2,7 Kilo abgespeckt – vor allem, weil nun nicht mehr nur die Gabel, sondern auch Felgen, Lenker, Sattelstütze und Kurbeln aus dem Leichtbauwerkstoff Carbon gefertigt sind.
Auch der seit der Neuauflage verbaute Riemenantrieb hat beim Abspecken geholfen. Er kommt vom Marktführer Gates, wiegt weniger als ein Kettenantrieb und verspricht Wartungsarmut sowie leisen Betrieb. Weil nichts gefettet werden muss, bleiben auch die Hosenbeine sauber.
Für Tretunterstützung sorgt der unauffällig an der Hinterradnabe angebrachte, 2,1 Kilogramm schwere E-Motor vom Systemlieferanten Ansmann. Seine Durchschnittsleistung beträgt bei Pedelecs vorgeschriebene 250 Watt (Spitzenleistung: 500 Watt).
Die Batterien von LG haben einen Energiegehalt von insgesamt 352 Wattstunden (Wh) und sind fest im Unterrohr des Aluminiumrahmens verbaut. Das Laden dauert maximal zwei Stunden. Die Reichweite gibt Coboc mit bis zu 100 Kilometer an – gemessen an der Batteriegröße ein guter Wert, der sich auch dem Leichtgewicht verdankt.
Herumkurven macht Spaß, Fahrkomfort fällt flach
Der Fahreindruck: Auch der „An“-Knopf ist versteckt. Er ist vorn auf der Unterseite des Oberrohrs angebracht, wo auch die Ladebuchse sitzt, die den Magnetstecker des Ladegeräts aufnimmt. Einmal gedrückt, leuchten bei vollen Zellen fünf Dioden auf der Oberseite des Rohrs auf und informieren über den Akkuladestand. Der Heckmotor arbeitet leise und unterstützt die Kurbelbewegung bauarttypisch bei Bedarf mit kräftigem Anzug vom Fleck weg.
Im Nu ist man auf 25 km/h. Wer schneller sein möchte, muss ab diesem Tempo alle Kraft fürs Fortkommen mit den Beinen aufbringen – typisch für Pedelecs. Laufruhe ist nicht die Stärke des Rades, dafür Wendigkeit und Agilität. Eine steile Gabel und der kurze Radstand machen das Herumkurven zur ersten Disziplin. Dabei fällt der Fahrkomfort flach. Federelemente gibt es konzeptbedingt nicht, auch die 25 Millimeter schmalen Rennradreifen schlucken nichts weg – selbst die Fugen sauber verlegter Pflastersteine bekommen die Handgelenke deutlich zu spüren.
App mit Navifunktion und Fahrprofilen
Ausstattung, Zubehör, Peripherie: Ein sogenanntes Ökosystem gehört auch bei Fahrrädern mittlerweile dazu – zumindest eine App ist bei E-Bikes längst Standard, auch beim Coboc. Das Programm bietet unter anderem eine Navifunktion, und der Fahrer kann zwei Fahrprofile definieren, die auf dem Bike hinterlegt werden. Per Doppelklick auf den Power-Knopf am Oberrohr wechselt man von einem zum anderen.
Drei Parameter gibt es: Unter „Unterstützungsstufe“ lässt sich in der App per Schieberegler einstellen, wie sensibel der Drehmomentsensor auf den Druck reagiert, den der Fahrer auf die Pedale gibt. Die Muskelkraft wird proportional verstärkt. Je mehr „Zusätzliche Unterstützung“ man wählt, desto mehr stellt sich das Gefühl eines elektronischen Rückenwindes ein.
Eine Klingel ist angeschraubt, ansonsten fehlt dem Rad aber vieles, was das Gesetz vorgibt, vor allem Beleuchtung und jegliche Reflektoren. Statt der bei E-Bikes üblichen Scheibenbremsen verzögern hier Felgenbremsen von TRP. Vor allem bei Nässe ist die Bremswirkung eingeschränkt.
Alles hat seinen Preis
Der Preis: Zu den Ansprüchen eines Designrades, das man sich wie ein Kunstwerk wahlweise an die Wand hängen soll, passt auch der Preis: 5.999 Euro muss man dafür bezahlen. Der Versand ist dabei enthalten. Probefahrten bei Fachhändlern können über die Website organisiert werden.
Das Fazit: Aus der Vernunftswarte betrachtet, zwingt sich das One eCycle F1 nicht auf. Doch als ein E-Bike, das leichter ist als manches unmotorisierte Urban-Bike, fasziniert es sicher viele Radfans. Der konsequente Purismus beschränkt das Einsatzgebiet allerdings auf glatten Asphalt. Wie bei einem Sportwagen muss der bedingte Alltagsnutzen einem den hohen Preis wirklich wert sein.
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