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KinderwissenStörche werden nicht gebraten

Kinderwissen / Störche werden nicht gebraten
 Foto: dpa/Christian Charisius

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Wenn Störche am Himmel kreisen, lockt einem das immer einen Ausruf der Bewunderung hervor. So elegant fliegen die großen Vögel – und so lustig sehen sie aus, wenn sie auf einem Feld oder durch einen Tümpel staksen. Für Störche und ihre Gewohnheiten interessierte sich auch Elke Bunge.

Nein, die kleinen Kinder werden nicht vom Klapperstorch gebracht. Und Störche werden auch nicht gebraten. Auch wenn man manchmal bei Menschen, die ihr promptes Erstaunen nicht verbergen können, den Ausruf hört: „Da brat mir aber einer einen Storch!“ Das ist offenbar etwas so Absurdes, wie das Ereignis, das den Ausrufenden so stark verwundert hat. Geschichtsforscher überlegen, ob der Ausspruch von alten biblischen Speiseregeln herstammt. Schon im „Alten Testament“ wird das Essen von Fledermäusen und Schweinen untersagt – Juden und Muslime halten sich bis zum heutigen Tag an diese Regel. Da der Storch auch als ein relativ selten gesehenes Tier und vielerorts als Glücksbringer gilt, ist es gut möglich, dass auch er auf die Verbotsliste geriet. Und so unerhört, wie es ist, einen Storch zu braten, so unerhört war dann auch ein Ereignis, über das Menschen staunen.

Ähnlich verhält es sich mit der Sage, dass Störche die Kinder bringen. Die hängt mit zwei Dingen zusammen. Erstens staksen Störche gern in Sümpfen und Tümpeln, zweitens gibt es dort viele Frösche (von denen sich die Störche ernähren). Früher galt ein Frosch als Fruchtbarkeitssymbol, zudem dachte man, dass die Seelen der Kinder aus Tümpeln kommen. Was lag also näher als die Annahme, der große Vogel Storch brächte die Kinder nach Hause. Das ersparte den Eltern auch zu erklären, woher die Kinder wirklich stammten – denn Kinder und Jugendliche wurden früher nicht so aufgeklärt wie heute.

Woher kommen die Störche?

Also, Kinder kommen aus ihren Müttern, das ist klar. Aber woher kommen die Störche? Störche gehören zu den Schreitvögeln. Wir unterscheiden dabei 19 verschiedene Arten, die auf allen Kontinenten außer in der Antarktis vorkommen. Bei uns in Europa kennen wir vor allem den Weißstorch, auch Klapperstorch genannt. Weißstörche haben eine schlechte, nicht gut hörbare Stimme, deswegen begrüßen sie sich mit einem ausgiebigen Klappern des Schnabels. Auch beim Balzverhalten, wenn die Männchen um die Weibchen werben, klappern sie. Deswegen nennt man Weißstörche gern auch mit dem Namen „Klapperstorch“.

Man kann das Klappern gut von den Horsten, den Storchennestern, hören. Sie sind häufig in der Nähe von Dörfern angelegt, manchmal sogar von Bauern mit alten Wagenrädern vorbereitet. In die Nester legen sie bis zu sieben Eier, meist schlüpfen nach etwa 30 Tagen Brutzeit jedoch nur drei Küken.

Weißstörche haben sich an die Menschen gewöhnt, oft gehen sie bei Heu- oder Getreideernten hinter den Maschinen einher, um kleine Mäuse zu fangen. Störche sind nämlich Fleischfresser.

Meister des Langstreckenflugs

Weißstörche gehören zu den Zugvögeln. Sogar zu denen, die die meisten Flugkilometer in einem Jahr zurücklegen. Von den Winterquartieren im afrikanischen Süden bis zu den Brutplätzen in Europa legen die Vögel bis zu 20.000 Kilometer im Jahr zurück. Dabei machen die Ornithologen – das sind die Vogelkundler – erstaunliche Entdeckungen: Es gibt „Ost-Störche“ und „West-Störche“. Die Grenze dafür läuft mitten durch Deutschland, etwa an der Elbe entlang. Ost-Störche fliegen im Winter über die Türkei, Libanon und Israel in das südöstliche Afrika. West-Störche über Frankreich, Spanien, Gibraltar in die westafrikanischen Länder unterhalb der Sahara. Jungstörche, die das erste Mal in den Süden fliegen, kommen erst nach etwa vier Jahren zurück in den Norden, wenn sie geschlechtsreif sind.

Mutabor – ich werde mich verwandeln

Wilhelm Hauff schrieb 1826 das Märchen von Kalif Storch auf: Der Herrscher von Bagdad, Kalif Chasid, und sein Großwesir wollten gern unerkannt ihr Volk belauschen. Da bot ihnen ein Händler auf dem Markt ein Zauberpulver an, das sie in Störche verwandeln sollte. Mit einem bestimmten Zauberspruch könnten sie sich zurückverwandeln. Als der Kalif und der Großwesir als Störche unter dem Volk auftauchten, konnten sie nicht nur hören, was die Menschen besprachen, sie konnten auch die Tiere verstehen. Einiges war so ulkig, dass sie lachen mussten und dabei den Zauberspruch vergaßen. Zu spät nun erkannten die beiden etwas überheblichen Herrscher, dass sie in die Falle des bösen Zauberers Kaschnur getappt waren, der seinen Sohn als Kalif in Bagdad sehen wollte. Erst mit Hilfe einer Eule – die eine verwunschene Prinzessin war – konnten sie das Zauberwort erfahren: Mutabor. Und sie verwandelten sich zurück in Menschen. Mutabor kommt vom lateinischen „mutare“, sich verwandeln, und ist die Zukunftsform: Ich werde mich verwandeln. Probiert es einmal aus – vielleicht werdet ihr ein Storch?