Mit der Auszeichnung zum «Pâtissier de l’année 2019» durch den Guide Gault & Millau hat das neue Jahr für den Konditormeister im Restaurant «La Pomme Cannelle» des Hotels Le Royal Luxembourg, Lionel Marchand, äußerst positiv begonnen. Den Titel versteht er als Ansporn, als Antrieb für neue Kreationen. Dies hat Claude Wolf vom dynamischen Belgier erfahren.
Er ist das Markenzeichen des gastronomischen Restaurants «La Pomme Cannelle». Der Apfel hat hier in jeder Saison einen Ehrenplatz auf der Speisekarte. Das sei man allein schon dem Namen schuldig, sagt Lionel Marchand.
Allerdings kommt der Apfel bei ihm nicht als Kompott oder Apfeltorte einher. Er besteht aus einer feinen Schokoladenhülle, gefüllt mit einer leichten Creme aus weißer Schokolade und Apfelmus, das mit dm baskischen Apfel-Likör Manzana zubereitet wurde. Er liegt auf einem feinen Mandelbiscuitboden und wird von einer Apfel-Estragon-Sauce, frischen Früchten und einer passenden „Apple Blossom“-Blume begleitet. Feine Goldtupfer sorgen hier für den besonderen Touch. Sie könnte durchaus der Auslöser für die Auszeichnung durch den französischen Gastronomieführer gewesen sein, selbst wenn die Preisträger nicht – wie bei den großen Koch-Wettbewerben – über eine punktuelle Zubereitung bewertet werden, sondern ihr gesamtes fachliches Können über eine längere Zeit unter Beweis stellen müssen.
Beim Verkosten des leckeren Desserts verrät Lionel Marchand einiges über sein Metier. Anders als unsere Großmütter darf er sich bei seinen Zubereitungen nicht auf sein Gefühl verlassen. In der Gastronomie sind die Nachspeisen, genau wie Vor- und Hauptspeisen, Präzisionsarbeit. «Es muss immer genau gleich schmecken», so die Erklärung.
Lionel Marchand ist allerdings nicht nur Kreateur und Handwerker, sondern auch Organisator. Er erfindet und bereitet nicht nur die Desserts im „La Pomme Cannelle“ vor, sondern auch die Nachspeisen im Restaurant «Amelys», und bei den vom Hotel Le Royal angerichteten Empfängen. Allein beim sonntäglichen Brunch im «Amelys» gehen bis zu 400 Stücke über die Theke.
Mit Leidenschaft dabei
«Es sind keine Häppchen, wie man sie von den Empfängen kennt, sondern richtige Portionen, so wie sie auch beim Konditor verkauft werden», unterstreicht Marchand und bringt damit das Gespräch auf seine Anfänge in der Gastronomie.
Mit knapp 17 Jahren begann er seine Lehre bei einem bekannten Konditor, der ihm «nicht nur das Handwerk beibrachte, sondern auch die Begeisterung für den Beruf weckte». Die Zubereitung von Croissants und Frühstücksgebäck ging dem jungen Mann sehr schnell von der Hand, danach kamen Torten, Cremes und Fruchtschaumfüllungen und er lernte Zucker- und Schokoladenübergüsse anfertigen.
Doch damit nicht genug. Mit knapp 20 Jahren wechselte Marchand die Richtung und ging in die Gastronomie, wo die Kuchen und Torten nicht allein, sondern in passender Begleitung gereicht werden. Diese neue Etappe verschlug den jungen Konditor ein erstes Mal nach Luxemburg, ins Zwei-Sterne-Restaurant «Mosconi». Hier wurde er bereits nach einer knappen Woche ins kalte Wasser geworfen, als der Chefkonditor kündigte.
Zwei Jahre später kam eine neue Etappe. Marchand heuerte in Brüssel bei Jean-Pierre Bruneau an, genau wie „Mosconi“ eine Zwei-Michelin-Sterne-Adresse. Allerdings sollte er dort nicht sesshaft werden. Wie in der Gastronomie häufig üblich, ging er auf Wanderschaft, zuerst nach Südfrankreich in die „Villa Madie“ in Cassis, danach in die „Auberge de la Fenière“ in Lourmarin. Zwischendurch ließ er sich weiterbilden. 2007 belegte er einen Kurs über Zuckergestaltung bei Stéphane Klein, 2011 und 2012 arbeitete er sich beim Schokoladenhersteller Valrhona, unter der Anleitung des Konditor-Weltmeisters Philippe Rigolot und der Sterneköchin Claire Heitzler, in die Präsentation des Teller-Service und die Herstellung von feinen Häppchen ein. Danach wurde er selbst zum Kursleiter, bei einem Sternerestaurant in Kopenhagen und in einer Boutique in Hongkong. 2014 gehörte er bei der Beteiligung an der Fernsehsendung „Qui sera le prochain grand pâtissier?» zum Gewinnerteam.
Die Eröffnung des Restaurants „Le Grillon“ in Osweiler brachte den kreativen Konditor nach Luxemburg zurück. Seit dem ersten Dezember 2015 leitet er die Nachspeisen-Abteilung im Hotel Le Royal, wo er das Angebot der Restaurants, die Nachspeisen der Empfänge, beim Zimmerservice oder in der Piano-Bar gestaltet. Hier bemüht sich Marchand zurzeit, ein Teatime-Angebot einzuführen, bei dem Madeleines oder andere kleine Kuchen zum Getränk gereicht werden.
Rund um die Uhr
Es ist in einem Betrieb, der an sieben Tagen die Woche und rund um die Uhr arbeitet, eine echte Herausforderung, die hoch angesetzten Standards zu halten. „Das geht nur mit einem hervorragend eingespielten Team“, bestätigt der Meister und würdigt seinen Stellvertreter Yannick, der seit 13 Jahren im Le Royal tätig ist und den Arbeitsverlauf beherrscht.
Die süßen Gerichte werden in einer zentralen Küche vorbereitet und dann in der jeweiligen Restaurantküche fertiggestellt. Bilder an der Küchenwand zeigen, wie das jeweilige Dessert aussehen muss. Schmecken muss es immer gleich gut, schon allein weil die luxemburgische Kundschaft sehr klassisch ist und eher auf beständige Werte als auf gewagte Versuche setzt. Allerdings machen Laktoseintoleranzen, Gluten-Allergien oder einfach nur die Sorge um die Gesundheit und das Gewicht auch vor der hohen Gastronomie nicht halt. Immer häufiger werden leichte, wenig gezuckerte Desserts verlangt. Für Lionel Marchand ist das kein Problem, sondern eher eine neue Herausforderung.
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