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KinderwissenDas Schloss von Versailles

Kinderwissen / Das Schloss von Versailles
 Foto: dpa/Kay Nietfeld

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Mitten in Frankreich, etwa viereinhalb Autostunden von Luxemburg entfernt, liegt das prunkvolle Schloss von Versailles. Seine großen Säle sind gefüllt mit Gold, Kristall, teuren Möbeln – und vielfältiger Geschichte. Elke Bunge hat sich auf Spurensuche begeben.

Nähert man sich aus Richtung Paris kommend dem Schloss, fallen einem vor allem die beiden großen, langgestreckten Flügel des Gebäudekomplexes auf. Hier regierten von Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Französischen Revolution die Könige Frankreichs.

Der erste von ihnen war auch der, der das Schloss in seiner heutigen Form errichten ließ: König Ludwig XIV. – auch der „Sonnenkönig“ genannt. Er regierte Frankreich alleinherrschend mit einer strengen Hand. Die neue Ordnung, die er einführen wollte, drückte sich auch in den genau und präzise geplanten Anlagen des Schlosses und der Gärten aus.

Eine Besonderheit war: Während andere Herrscher Politiker und Bittsteller in ihren Residenzsälen empfingen, traf der Sonnenkönig seine ersten politischen Entscheidungen im Bett. Allmorgendlich um 8 Uhr gab er seinen ersten Empfang, Lever genannt.

Das Schloss

Eigentlich hatte Ludwig XIV. 1661 begonnen, ein kleines Jagdschloss seines Vaters vor den Toren Paris auszubauen. Der Ausbau dauerte etwa 20 Jahre, es entstand ein Schlosskomplex, in dem zeitweise bis zu 2.300 Bedienstete arbeiten. Berühmte Gärtner legten die bis heute bestaunten und viel besuchten Wege, Pflanzungen, Brunnen und Wasserspiele an.

Im Inneren des Schlosses imponierte vor allem der 75 Meter lange Spiegelsaal, den der Sonnenkönig für prunkvolle Feste und pompöse politische Auftritte nutzte. Auf der einen Raumseite ist eine lange Fensterfront, auf der gegenüberliegenden befinden sich die 357 Spiegelflächen, die den Raum nicht nur doppelt so groß erscheinen ließen, sondern auch mit der Verdopplung der Kerzenlichter für mehr Helligkeit sorgten.

Auch das königliche Schlafzimmer, in dem Ludwig XIV. seine morgendlichen und abendlichen Empfänge abhielt, war prunkvoll ausgestattet. Hier empfing der König auch ausländische Staatsoberhäupter. Im Gegensatz zu den morgendlichen Empfängen nannte man die abendlichen Coucher, weil Seine Königliche Hoheit sich kurz darauf zum Schlafen niederlegte.

Da der König alle seine Regierungsgeschäfte vom neuen Schloss aus erledigte, entstand am Rande von Paris bald die immer größer werdende Stadt Versailles.

So prunkvoll die Gebäude waren, das Leben in Versailles war nicht einfach. So gab es im gesamten Komplex keine Heizung. War es im Winter sehr frostig, zog sich der König nach dem Coucher in ein kleines, beheiztes Schlafzimmer zurück.

Auch Toiletten oder Waschgelegenheiten waren nicht vorhanden, es war damals nicht sehr üblich, sich zu reinigen. Ihre Notdurft verrichteten die Mitglieder des Hofstaats auf speziellen Stühlen oder Nachttöpfen, die die Bediensteten dann entleeren mussten.

Wechselvolle Geschichte

Die prunkvolle Ausstattung der Schlossanlage von Versailles war durchaus beabsichtigt. Sie sollte Reichtum und Macht des damaligen Frankreichs symbolisieren.

Mit der Französischen Revolution von 1789 war es jedoch mit dieser Machtdemonstration vorbei. Das Regierungszentrum zog nach Paris. Auch Napoleon Bonaparte, der als Kaiser Versailles wieder als Residenz nutzen wollte, musste sich mit einem kleinen Teilschloß, dem Trianon, zufriedengeben.

Nachdem 1871 Preußen im Krieg über Frankreich gesiegt hatte, ließ sich der preußische König im Spiegelsaal zum deutschen Kaiser Wilhelm I. krönen. Mit diesem Akt wurde aus vielen kleinen Monarchien das Deutsche Reich gegründet, das bis zum Ende des zweiten Weltkriegs im Mai 1945 Bestand hatte.

1914 führte dieses Reich an der Seite von Österreich-Ungarn den ersten Weltkrieg gegen Frankreich, England und Russland. Vier Jahre dauerten die Schlachten, die viele Tausend Menschenleben kosteten. Als die Mittelmächte Deutschland und Österreich den Krieg verloren, handelten die alliierten Siegermächte Frankreich, Großbritannien und die USA einen Friedensvertrag aus, den Deutschland ohne Möglichkeiten des Verhandelns 1919 im selben Spiegelsaal unterzeichnen musste, in dem der erste deutsche Kaiser gekrönt wurde. Es war eine kleine Revanche Frankreichs, das unter dem von den Deutschen begonnenen Krieg sehr zu leiden hatte.

Luxemburg und Versailles

Luxemburg war an der Geschichte deutlich beteiligt. Nach der Niederlage Napoleons hatte der Wiener Kongress 1815 beschlossen, dass das Großherzogtum Teil des Deutschen Bundes wurde. Bis 1919 gehörte Luxemburg zum Deutschen Zollverein. Weil sich Großherzogin Marie-Adelheid im Ersten Weltkrieg der deutschen Besatzungsmacht entgegenkommend gezeigt hatte, befand sich Luxemburg 1919 in einer Position der Schwäche.

Mit dem Versailler Vertrag wurde festgelegt, dass das Großherzogtum seine Unabhängigkeit behalten dürfte, wenn es eine Wirtschaftsunion mit Belgien akzeptierte. Außerdem musste Großherzogin Marie-Adelheid zugunsten ihrer jüngeren Schwester Charlotte abtreten.