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KlangweltenComplex Female Characters: Sleater-Kinney strotzen auf „Path Of Wellness“ vor Riot-grrrl-Energie

Klangwelten / Complex Female Characters: Sleater-Kinney strotzen auf „Path Of Wellness“ vor Riot-grrrl-Energie
Sleater-Kinney – Path of Wellness

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Sleater-Kinney – Path of Wellness
Sleater-Kinney – Path of Wellness

Spätestens seit dem Song „Dig Me Out“, in dem Sängerin Corin Tucker das Ende ihrer Beziehung mit Bandmitglied und Gitarristin Carrie Brownstein besingt, gilt die Kultband Sleater-Kinney als ikonisch für die Queer-Szene. Die Bandmitglieder sind seit jeher engagierte Feministinnen und Riot grrrls. Nach dem siebten Album „The Woods“ (2005) löste sich Sleater-Kinney für knapp zehn Jahre auf und kehrte mit dem starken Comeback-Album „No Cities To Love“ (2015) und dem ungewohnt zugänglichen „The Center Won’t Hold“ (2019) zurück.

Das im Juni erschienene „Path Of Wellness“ ist das dritte Album nach dem Split – und das erste ohne Schlagzeugerin Janet Weiss. Die Platte beginnt mit dem etwas sperrigen Titelsong „Path Of Wellness“, der zwar mit hektisch-tanzbarer Rhythmik und Kuhglocke an LCD Soundsystem erinnert, trotzdem etwas unentschlossen um den zentralen grungigen Gitarrenriff mäandert. Auch das darauffolgende „High In The Grass“ wirkt mit seinem an Dinosaur Jr. erinnernden Riff etwas gefällig.

Die gute Nachricht: „Path Of Wellness“ wird im Laufe der Platte (mit einigen Abstrichen) immer besser: „Worry With You“ ist so funky und catchy wie die Red Hot Chili Peppers es bereits eine Weile nicht mehr sind, „Shadow Town“ ist toller Indierock und erinnert streckenweise an Warpaint, „Favourite Neighbour“ kommt mit spannendem Riff und verspieltem Fender Rhodes daher, „Complex Female Characters“ beginnt als Ballade mit Hall und subtiler Instrumentierung, bevor der Track mit einem psychedelischen Wutausbruch endet.

Textlich gibt sich die Band feministisch engagiert wie je, auf „Complex Female Characters“ wird beispielsweise mit heuchlerischen Typen abgerechnet, die gerne, wie der Songtitel es ausdrückt, von komplexen weiblichen Figuren in Filmen oder Romanen schwärmen, im realen Leben aber eher auf unterwürfige Frauen stehen: „I like those complex female characters/But I want my women to go down easy.“ Das ist vielleicht textlich nicht sehr subtil – aber politisches Engagement erfordert manchmal, dass man Klartext redet. So kann sich nachher auch niemand hinter dem Argument verstecken, man habe die Texte nicht richtig deuten können.

„Path Of Wellness“ knüpft vielleicht nicht ganz an vergangene Großtaten der Band an, bietet aber ausreichend kauzige, experimentelle und gleichzeitig mitreißende Tracks, um zu zeigen, dass Sleater-Kinney auch als Duo zu überzeugen wissen. (Jeff Schinker)

Bewertung: 7/10

Anspieltipps: Worry With You, Shadow Town, Complex Female Characters