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ParlamentZwischen Corona, Krisenmanagement und Verfassungsreform: LSAP zieht Bilanz

Parlament / Zwischen Corona, Krisenmanagement und Verfassungsreform: LSAP zieht Bilanz
Neue Aufgabenverteilung und neue Gesichter innerhalb der LSAP-Fraktion: Yves Cruchten, Dan Kersch und Carlo Weber Fotomontage: Editpress/Frank Goebel/Hervé Montaigu

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Corona, Krieg und Verfassung – so lässt sich der parlamentarische Fokus der LSAP-Fraktion in den vergangenen Monaten zusammenfassen. Monate, die laut Fraktionspräsident Yves Cruchten auch von einigen personellen Wechseln in der Partei und Fraktion gekennzeichnet waren.

Von einer Krise in die nächste – so umschreibt der LSAP-Fraktionsvorsitzende Yves Cruchten die parlamentarische Arbeit der letzten Monate. „Hatten wir Anfang des Jahres gehofft, nach zwei Jahren Pandemie Licht am Ende des Tunnels zu sehen, kam Putins Angriff auf die Ukraine“, sagt Cruchten auf der Abschlusspressekonferenz der LSAP vor der parlamentarischen Sommerpause. Krisen, die einen Großteil der parlamentarischen Arbeit in Anspruch genommen hätten.

Ein parlamentarisches Jahr, das innerhalb der LSAP von einigen personellen Rochaden geprägt war. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende Georges Engel wechselte anstelle des damaligen Vize-Premiers Dan Kersch ins Arbeitsministerium, während Dan Kersch Platz auf der Abgeordnetenbank in der Chamber nahm. Die Rolle des Fraktionsvorsitzenden gab Engel an Cruchten ab. Zudem trat Landwirtschaftsminister Romain Schneider seinen Posten an Claude Haagen ab, für den wiederum Carlo Weber in die Chamber nachrückte.

Verfassung vor finaler Abstimmung

Einen der größten legislativen Brocken der vergangenen Monate stellt die Verfassung dar. „Eine Reform, an der wir fast zwei Jahrzehnte gearbeitet haben“, sagt Cruchten. Alle vier Kapitel hätte die Chamber mittlerweile zum ersten Mal gestimmt, das zweite Verfassungsvotum stehe dann im kommenden Herbst an. „Eine Reform, mit der wir ein modernes Grundgesetz erhalten.“ Die Reform habe gleich mehrere Verfassungsväter: Paul Henri Meyers (CSV), Alex Bodry (LSAP) und Mars Di Bartolomeo (LSAP), die die Reform als Kommissionspräsidenten entscheidend vorangetrieben hätten.

Mit der Reform des Gemeindegesetzes seien weitere institutionelle Reformen vorangebracht worden. Man wolle zudem die Attraktivität der Gemeindemandate stärken, damit mehr Menschen politische Verantwortung übernehmen. „Ein wichtiger Fortschritt ist die Abänderung des Wahlgesetzes, das es auch ausländischen Bürgern erleichtert, an den Gemeindewahlen teilzunehmen“, sagt Cruchten.

Corona und die nächste Krise

Dominiert wurde die parlamentarische Arbeit von den zahlreichen Covid-Gesetzen, an der die LSAP mit dem Kommissionspräsidenten Mars di Bartolomeo entscheidend beteiligt gewesen sei, sagt Cruchten. „Nicht weniger als zehn Covid-Gesetze haben wir gestimmt – teilweise unter extremem Zeitdruck.“ Tatsächlich wurde das Covid-Gesetz 27 Mal verlängert oder abgeändert. Auch die viel diskutierte Impfpflicht sprach Yves Cruchten an. „Von Anfang an hatte die LSAP mit Gesundheitsministerin Paulette Lenert eine eher vorsichtige Haltung zur Impfpflicht“, sagt Cruchten. Man sei sich bewusst, dass diese einen tiefgreifenden Einschnitt in wesentliche Grundrechte darstelle. „Wir wurden in unserer differenzierten Haltung bestätigt.“ Man hoffe darauf, dass im Herbst keine aggressive Virus-Variante mehr auftrete – sei aber bereit, zusammen mit der Regierung die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Auch die ewige Problematik Wohnungsbau wurde auf der Pressekonferenz am Freitag thematisiert. „Wir rechnen damit, dass noch in dieser Legislaturperiode das Gesetz zum Baulandvertrag gestimmt werden kann“, sagt Yves Cruchten. Auch sei man bei der LSAP der Überzeugung, dass Privatinitiativen mit ins Boot genommen werden müssen, um das Problem in Luxemburg anzugehen. „Ungewohnte Worte für einen Sozialisten“, sagt Cruchten, aber: „Die öffentlichen Bauträger können das nicht mehr alleine bewältigen.“

Inflation, Tripartite und der Index

Neben Gesundheits- und Wohnungskrise mache auch die hohe Inflation infolge des Ukraine-Krieges zu schaffen, meint der LSAP-Fraktionsvorsitzende. „In der Tripartite haben alle Partner konstruktiv zusammengearbeitet, um zu einem gemeinsamen Abkommen zu finden“, sagt Cruchten. Man bedauere den Umstand, dass der OGBL das Abkommen nicht habe unterzeichnen wollen – inzwischen habe man sich aber mit dem OGBL ausgetauscht. „In Zukunft darf es keinen Vorwand geben, das Index-System infrage zu stellen.“ Die LSAP sei der Meinung, dass das Abkommen ein „akzeptables Gleichgewicht“ zwischen Hilfen für Privathaushalte und Unternehmen darstelle. Ob die LSAP im Parlament einer weiteren Index-Verschiebung zustimmen werde, falls eine weitere Tripartite eine solche Maßnahme beschließen sollte, wollte Cruchten nicht beantworten.

Wie schon bei der Steuerdebatte im Parlament angeklungen, meint auch die LSAP, dass für die im Koalitionsvertrag angekündigte Steuerreform kein finanzieller Spielraum bestehe. Stattdessen wolle die LSAP 18 Einzelmaßnahmen vorschlagen, mit der die Sozialisten mehr Steuergerechtigkeit erreichen wollen. Eine davon ist die im Parlament angesprochene Eigentumssteuer. Diese wurde noch unter dem Mitwirken der LSAP abgeschafft – „ein Fehler“, wie der LSAP-Abgeordnete Dan Kersch am Donnerstag einräumte. Pro Eigentumssteuer, deshalb jedoch gegen eine Erbschaftssteuer – „das ist gerechter“, findet Yves Cruchten.

Zur LUXEOSys-Affäre des vom damaligen LSAP-Wirtschaftsminister Etienne Schneider in die Wege geleiteten Satellitenprojekts wollte sich nur Dan Kersch äußern. Kersch sieht vor allem das Parlament – aber auch Verteidigungsminister François Bausch – in der Verantwortung. „Die Chamber ist ihrer Kontrollfunktion nicht nachgekommen und auch Verteidigungsminister Bausch wird im Bericht erwähnt“, sagt Kersch.