Inzwischen sind Videospiele in allen Altersklassen angekommen. Besonders Kindern sind sie zugänglicher denn je. Ob am Handy, Tablet, PC oder Konsole, die Gamingbranche boomt seit Jahren, mit Umsätzen allein in Deutschland von 9,8 Milliarden in 2021. Die stärkste Einnahmequelle der Branche sind nicht etwa der Verkauf von Spielen selbst, für die man auch schon mal 70 Euro auf den Tisch legen muss, sondern die In-Game-Käufe.
Gegen Geld können die jungen Gamer innerhalb eines Spiels beispielsweise neue Charaktere und Fähigkeiten erhalten oder auch schneller und einfacher Erfolge erzielen. Die Bedeutung dieser Geldquelle für die Branche ist nicht zu unterschätzen: Circa 4,2 Milliarden Euro wurden 2021 durch In-Game-Käufe getätigt, was 43,4 Prozent des in Deutschland erzeugten Umsatzes im Bereich Gaming entspricht.
Ihren Ursprung haben die Mikrotransaktionen in den sogenannten „Free to Play“-Spielen. Das heißt, man lädt das Spiel gratis herunter und kann sich durch gezielte Käufe im Spiel einen Vorteil gegenüber den anderen Playern verschaffen. Oft wird die Geduld des Spielers auf die Probe gestellt, da er dann Stunden warten muss, bis beispielsweise sein neues Gebäude fertiggestellt ist. Durch den Zukauf kann er aber diesen Prozess beschleunigen.
Doch das ist nicht ungefährlich, denn immer mehr dieser Apps nutzen Glücksspielpraktiken. Ein Beispiel dafür ist die App „Coinmaster“, wofür viele Prominente wie Pietro Lombardi, Bibi oder auch Dieter Bohlen werben. Bei dieser App muss man sein Dorf mit sogenannten „Coins“ aufbauen, doch sind diese nur zu bekommen, wenn man an einem virtuellen Casino am Spielautomaten dreht. Man darf dort nur fünf Mal pro Stunde kostenlos drehen oder man gibt echtes Geld aus, um öfters in einer Stunde am Automaten zu drehen. Diese App, die für Jugendliche ab 13 freigegeben ist, betreiben Big-Player-Investoren aus der Glücksspielbranche.
Die Gier der Spieleindustrie
Nun sind diese Praktiken aber auch in den sogenannten Triple-A-Titeln, wie „FIFA“, „Call of Duty“ oder auch „God of War“ angekommen, für die man 50 bis 70 Euro bezahlen muss.
Diese Spiele arbeiten mit sogenannten Lootboxen – virtuellen Boxen mit begehrten Artikeln wie z.B. besseren Waffen, Spielern oder auch kosmetischen Ausrüstungsgegenständen. Diese können für echtes oder virtuelles Geld gekauft werden. Das Problem: Die Spieler wissen nicht, was sie bekommen, dies ist dem Zufall überlassen. Wenn sie Pech haben, erhalten sie nur nutzlose Gegenstände.
Das Spiel, das nahezu ein Paradebeispiel dafür ist, ist das Fußballspiel „FIFA“. Um sich in diesem Spiel online mit anderen Gegnern zu messen, muss der Spieler den sogenannten FIFA Ultimate Team Modus spielen. In diesem Modus kann man aus Spielerkarten sein eigenes Team zusammenstellen und in Online-Ligen gegen andere antreten.
Doch um die besten Spieler zu bekommen, muss man sogenannte Packs aufmachen. Etliche Spielerinnen und Spieler stecken immense Summen an Geld in den Modus, nur um schnellstmöglich die beste Mannschaft auf den Platz zu bekommen. Großartig beeinflussen lässt sich das jedoch nicht. In den teuren Paketen ist in der Regel die Chance höher, einen besonderen Spieler zu bekommen, doch gibt es keine Garantien dafür. Demnach ist das sogenannte „Ultimate Team“ nichts anderes als eine Art Glücksspiel. Als solches haben es bereits die Niederlande und Belgien eingestuft.
In Deutschland und Luxemburg hingegen wurde „FIFA 23“ erneut ohne Altersbeschränkung auf den Markt gebracht. Mikrotransaktionen und Lootboxen sind laut der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), einem Verband der Spieleindustrie in Deutschland, kein Teil ihrer Ausschlusskriterien. Das bedeutet: Kinder und Jugendliche können weiterhin fleißig ihr Taschengeld ins Fußballspiel der Herstellers EA Sports versenken. Offiziellen Angaben von EA Sports zufolge beträgt die Wahrscheinlichkeit lediglich 4,3 Prozent, um eine Karte mit mindestens 84er-Gesamtwertung aus einem Premium Gold Pack zu bekommen. Ein solcher kostet 45.000 Münzen, umgerechnet 600 FIFA-Points und somit knapp 5,50 Euro. Der Wahrscheinlichkeit nach müssten knapp 100 Euro ausgegeben werden, um eine gute Chance auf eine Spielerkarte mit 84er-Gesamtwertung oder höher zu bekommen.
Man kann diese Münzen auch durch Spielen gewinnen, doch muss man ewig lange dranbleiben, um eines dieser Glückspakete zu bekommen. Da „FIFA“ jedes Jahr aufs Neue erscheint, hat man keine Chance, jemals den gleichen Fortschritt zu erreichen wie die Spieler, die Unsummen von Geld dafür ausgeben. Denn die Münzen, Fortschritte und Belohnungen sind nicht übertragbar in die Folgeversion und der Spielstand wird jedes Jahr wieder auf null gesetzt.
Auch andere Spiele bedienen sich dieser Glücksspielmechanismen, um die Nutzer anzuregen, mehr Geld im Spiel auszugeben. Deshalb sollte diese Debatte auch auf EU-Ebene geführt werden, damit Kinder nicht in die Spielsucht geraten.
Die psychische Abhängigkeit erklärt
Die psychische Abhängigkeit kann man mit dem Verhalten einer Ratte in einer sogenannten operanten Konditionierungskammer vergleichen. Damit ist die positive Stimulation gemeint, die unser Gehirn erhält, wenn wir für Anstrengungen belohnt werden, auch „Variable-Ratio-Schedules“ genannt. Bei der operanten Konditionierung ist ein Plan mit variablem Verhältnis ein Teilplan der Verstärkung, bei dem eine Reaktion nach einer unvorhersehbaren Anzahl von Reaktionen verstärkt wird.
Genauso funktionieren auch Spielautomaten im Casino und deshalb wird bei jedem Spin oder beim Öffnen von „Lootboxen“ Dopamin ausgeschüttet. Glücksspiel-Elemente in Videospielen können viel Zeit und vor allem Geld kosten. Manche Spieler verlieren schnell die Kontrolle und/oder den Überblick über ihre Ausgaben.
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