Auf der Insel Java kam es Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer seltsamen Erkrankung der Bevölkerung. Die Menschen litten an Müdigkeit, Lethargie, hatten Störungen von Herz, Kreislauf, Muskulatur und Nerven. Zunächst dachte man, dass es sich dabei um eine Infektionserkrankung oder eine Lebensmittelerkrankung durch Schimmelpilze handelte. Die Einwohner nannten dieses unbekannte Leiden „Beri-Beri“. Übersetzen lässt sich dies mit „Schafsgang“. Betroffene wiesen bei extremer Schwächung von Muskeln und Nerven ein oftmals wackeliges Gangbild auf. Auch einige Hühner litten an dieser seltsamen Störung. Der niederländische Arzt Christiaan Eijkman sowie der polnische Biochemiker Kazimierz Funk konnten in Forschungen nachweisen, dass es sich um eine Mangelerkrankung handelte. Menschen als auch die Hühner waren über einen längeren Zeitraum mit geschältem Reis versorgt worden, statt wie zuvor mit Naturreis. In der Schale des Naturreises musste ein Stoff sein, der nun fehlte. Die Forscher vermuteten eine stickstoffhaltige Verbindung, ein Amin. Und da sie lebensnotwendig erschien, also mit der „Vita“ zu tun hatte, prägten sie den Ausdruck „Vitamin“. Spätere Analysen zeigten, dass es sich beim Stoff im Naturreis um Thiamin handelte, auch als Vitamin B1 bekannt.
Mitte vergangenen Jahrhunderts konnten die heute bekannten Vitamine erstmals in einem Labor hergestellt werden. Dabei entdeckte man, dass es sowohl fettlösliche (lipophile) als auch wasserlösliche Vitamine gibt. Die fettlöslichen sind die Vitamine A, D, E und K. Sie werden vom Darm vor allem dann gut aufgenommen, wenn zugleich Fett zugeführt wird. Wasserlösliche Vitamine, wie das Vitamin C, resorbiert der Körper in der Regel bereits über den Dünndarm.
Kleines Vitaminlexikon
Vitamin A (Retinol)
Retinol ist in tierischen Lebensmitteln, insbesondere in Leber oder in Eiern enthalten. Pflanzliche Lebensmittel, wie Karotten, Kürbisse oder Aprikosen, enthalten deren Vorstufe, das Beta-Carotin. Vitamin A spielt eine wichtige Rolle für unsere Augen, ein Mangel kann zu Nachtblindheit oder trockenen Augen führen. Außerdem hilft der Nährstoff beim Bilden von Immunzellen und roter Blutkörperchen. Weiterhin sorgt es für eine normale Hautfunktion. Retinol ist ein fettlösliches Vitamin, bereitet man sich beispielsweise einen frischen Karottensaft zu, sollte man diesem ein wenig Öl (beispielsweise Olivenöl) zufügen.
Vitamin B1 (Thiamin)
Thiamin wird auch als Nervenvitamin bezeichnet. Es steckt, wie oben bereits erwähnt, in ungeschältem Reis, aber auch in anderen Vollkornprodukten. Aber auch Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Schweinefleisch, Scholle oder Tunfisch liefern unserem Körper das notwendige Vitamin. Andauernde Müdigkeit und Konzentrationsschwäche können erste Anzeichen eines Mangels sein, bei stärkeren Mangelerscheinungen kann es zu der „Beri-Beri“-Erkrankung führen.
Vitamin B2 (Riboflavin)
Die wichtigsten Riboflavin-Quellen sind Milchprodukte, aber auch Fleisch, Fisch, Eier. Broccoli oder Grünkohl versorgen unseren Körper mit diesem lebensnotwendigen Vitamin. Riboflavin spielt beim Energiestoffwechsel in unserem Körper eine entscheidende Rolle. Bei einem Mangel kann es zu Hautveränderungen, wie Exanthemen oder Hautrissen kommen.
Vitamin B3 (Niacin)
Niacin steckt vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch und Innereien. Aber auch Weizenkeime, Erdnüsse oder Hefe haben einen hohen Niacingehalt. Vitamin B3 ist für den menschlichen Stoffwechsel entscheidend. Früher trug es auch den Namen Pellagra-Preventing Factor („PP-Faktor“). Pellagra (aus dem Lateinischen für „rauhe Haut“) ist der Name für eine Mangelerscheinung, die sich häufig an Ekzemen auf der Haut erkennen lässt.
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Vitamin B6 kommt in geringen Dosen in sehr vielen Lebensmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft vor. Dazu gehören Milchprodukte, Leber, Hühnerfleisch oder Rinderfilet, aber auch Fisch, Kohlgemüse, grüne Bohnen, Feldsalat, Vollkorngetreide, Weizenkeime und Nüsse. Dabei ist Vitamin B6 ein Sammelbegriff aus verschiedenen Derivaten. Diese Derivate wirken bei vielen Stoffwechselvorgängen in unserem Körper als Reaktionspartner. Pyridoxin wird auch als Nervenvitamin bezeichnet, da es am Aufbau von Nervenverbindungen beteiligt ist.
Vitamin B7 (Biotin)
Vitamin B7 (in der französischen Nomenklatur auch als Vitamin B8 bezeichnet) ist wichtig für unser Zellwachstum, sowie Haut und Haare. Biotin wird mit unserer Nahrung durch Milch, Haferflocken, Nüsse oder Hülsenfrüchte aufgenommen.
Vitamin B9 (Folsäure)
Der Name Folsäure lässt sich aus dem Lateinischen ableiten: „Folium“ und das bedeutet Blatt. Genau dort finden wir das Vitamin, in Blattsalaten, Spinat, aber auch Rosenkohl oder Broccoli. Einen erhöhten Bedarf haben insbesondere schwangere Frauen. Ist die Zufuhr dieses Vitamins bei der werdenden Mutter zu gering, kann es zu Fehlbildungen des Ungeborenen kommen.
Vitamin B12 (Cobalamin)
Cobalamin ist wichtig für die Zellteilung, unsere Blutbildung und die Funktion unseres Nervensystems. In dem Wort „Cobalamin“ versteckt sich übrigens der Begriff „Kobalt“. Das Vitamin ist in seiner chemischen Zusammensetzung eine sogenannte „metallorganische Verbindung“, die in ihrem Zentrum ein Kobaltion besitzt. Vitamin B12 findet sich in tierischen Lebensmitteln, wie Fleisch, Fisch, Eiern oder Milch. In geringen Mengen kann das Vitamin auch in pflanzlichen Produkten enthalten sein, zum Beispiel in Sauerkraut oder roter Beete. Da das Vitamin hauptsächlich in tierischen Produkten zu finden ist, sollten Vegetarier und Veganer besonders auf ihren Vitamin B12-Wert achten.
Vitamin C (Ascorbinsäure)
In der Nahrung finden wir Vitamin C vor allem in frischem Obst und Gemüse. Beim Gemüse gehören Broccoli, Grünkohl oder Rosenkohl zu den Top-Lieferanten, sie haben sogar deutlich mehr Vitamin C als eine Zitrone oder Orange. Ein Mangel an Vitamin C kann sich durch eine erhöhte Infektanfälligkeit oder erhöhtes Zahnfleischbluten bemerkbar machen. In vergangen Tagen litten Seefahrer häufig an Skorbut. Die Krankheit wurde durch einen schweren Mangel an Vitamin C ausgelöst, denn den Seeleuten fehlte häufig frisches Obst und Gemüse.
Vitamin D (Calciferol)
Vitamin D, auch als Sonnenvitamin bekannt, wird über unsere Haut durch Einstrahlung von UV-B-Licht gebildet. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei der Einlagerung von Calcium in unsere Knochen. Ein Mangel dieses Vitamins kann zu einer Abnahme der Knochendichte führen. Weiterhin wird Vitamin-D für das Nerven- und Muskelsystems benötigt.
Vitamin E (Tocopherol)
Reichhaltige Quellen für Vitamin E sind vor allem pflanzliche Öle, Nüsse und Samen. Das fettlösliche Vitamin dient als Zellschutz, indem es freie Radikale fängt. Bei einem Mangel können Muskeln und Nerven abbauen. Da Tocopherol auch hautpflegende Eigenschaften nachgesagt werden, setzt die Kosmetikbranche es auch in Cremes ein.
Vitamin K
Vitamin K ist eine Sammelbezeichnung von Vitamin K1 (Phyllochinon), das vorwiegend in pflanzlichen Quellen vorkommt und Vitamin K2 (Menachinon), welches sich vor allem in tierischen Produkten befindet. Der Buchstabe „K“ steht übrigens für „Koagulation“, womit in der Medizin die Blutgerinnung gemeint ist, und hier ist auch seine Aufgabe: Die K-Vitamine sind wichtig für unsere Blutgerinnung. Spinat, Broccoli und Grünkohl als auch Fleisch und Eier sind wichtige Lieferanten.
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