Autsch! An einem warmen Sommerabend spüre ich plötzlich einen stechenden Schmerz am rechten Oberschenkel. Eine Wespe hatte sich im Hosenbein verkrochen, fühlte sich schließlich beengt und reagierte, wie Wespen eben reagieren: Sie stach zu.
Instinktiv hatte ich gehandelt und meinerseits zugeschlagen, nun lag das Insekt tot am Boden. Der Stich brannte, die Stelle am Bein schwoll an. Wenigstens an diesem Abend sollte ich noch an den gelb-schwarz gestreiften ungebetenen Gast denken. Schon als Kind dachte ich, die können mir gestohlen bleiben, sind vollends unnütz. Doch ist das wirklich so?
Staatenbildende Insekten
Wespen schaffen ähnlich den Bienen einen eigenen Staat. Im Frühjahr beginnt die Königin – sie ist die Einzige, die die Wintermonate überlebt – mit dem Nestbau. Dabei zerkaut sie morsches Holz, das sie zu einer papierartigen Masse umwandelt. Aus dieser Masse werden sechseckige Waben gebaut. Bereits in die ersten Zellen legt die Königin Eier, aus denen sich Larven und schließlich Arbeitswespen entwickeln. Diese helfen der Königin beim weiteren Nestbau. So kann ein Volk von bis zu 7.000 Wespen entstehen.
Im Spätsommer oder Frühherbst legt die Königin unbefruchtete Eier ab, aus denen sich – Wunder der Natur – männliche Drohnen entwickeln. Diese paaren sich mit einer jungen Königin aus einem Nachbarstaat, nach der Samenablage sterben die Drohnen ab.
Im kommenden Frühjahr beginnt der Zyklus aufs Neue.
Dutzende Arten – nur zwei angriffslustig
Weltweit zählt man derzeit über 60 verschiedene Wespenarten, wissenschaftlich Vespinae genannt. In Luxemburg gibt es etwa 16 verschiedene Wespenarten. Für den Menschen werden jedoch nur zwei unangenehm, die „gemeine Wespe“ (mit „gemein“ ist hier aber nicht der Charakter, sondern die allgemeine Verbreitung gemeint) und die „deutsche Wespe“.
Wenn diese Tiere sich beengt oder bedroht fühlen, so wehren sie sich mit einem am Hinterleib gewachsenen Stachel, über den sie etwa zwei Milliliter eines hormonell wirkenden Giftes in ihr Opfer einspritzen können. Dieses Gift kann bei Menschen in seltenen Fällen ernsthafte allergische Reaktionen hervorrufen, meist bleibt es jedoch beim Brennen und einem kurzzeitig anhaltenden Schmerz. Zu den größten Wespenarten zählen die Hornissen. Früher hieß es: „Sieben Hornissenstiche töten ein Pferd.“ Das ist jedoch Aberglaube. Nur in seltensten Fällen reagieren Menschen auf einen Insektenstich so allergisch, dass sie einen sogenannten anaphylaktischen Schock erleiden: Atemstillstand, Herz-Kreislauf-Versagen. Meist kann auch in solchen Fällen schnelle medizinische Hilfe Schlimmeres verhindern.
Mit ihrem Stachel töten Wespen jedoch auch ihre Beutetiere. Sie jagen Fliegen, Käfer, Blattläuse und Mücken, ernähren sich aber auch vom Aas toter Tiere. Zur pflanzlichen Kost gehört auch Blütennektar, so bestäuben sie wie Bienen oder Hummeln viele Pflanzen. Wir sehen also: Wespen sind durchaus nützliche Tiere. Indem sie Pflanzenschädlinge vertilgen, können Wespen helfen, viele Tonnen Pestizide einzusparen, die die Landwirte sonst auf ihre Felder geben müssten.
Interessant für die Medizin
Im Wespengift sind verschiedene Stoffe enthalten, wie Acetylcholin, Histamin, Dopamin, Noradrenalin, verschiedene Enzyme und andere. Das sind häufig Stoffe, die auch in der modernen Medizin verwendet werden. Histamin regelt zum Beispiel unseren Schlaf. Dopamin wird auch als „Glückshormon“ bezeichnet, es beeinflusst unser Gefühlsleben.
Acetylcholin ist ein sogenannter Neurotransmitter, der Signale für unsere Muskelbewegung steuert.
Aus diesem Wissen heraus interessiert sich die pharmazeutische Forschung für das Insektengift. Wespen könnten bei der Herstellung somit neuer Medikamente behilflich sein.
Doch die eigentliche Frage ist ja gar nicht: Haben die Wespen ein Lebensrecht, weil sie dem Menschen nützlich sind? Sie gehören einfach zu unserer Natur wie viele andere Lebewesen – Tiere und Pflanzen – auch. Irgendeine Art daraus zu entfernen, weil sie uns manchmal unangenehm ist, hieße, das Gleichgewicht in der Natur zu zerstören. Das jedoch wird sich auf jeden Fall negativer auf unser menschliches Leben auswirken.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können