„Wenn die eigenen Eltern sehr streng waren, dürfen die Kinder fast alles“, sagt sie. Feste Regeln und ein Nein gibt es selten, woraus neue Konflikte entstehen. „Waren die Eltern kaum für einen da, wird das jetzige Kind ständig umsorgt“, erzählt sie weiter. Das hat zur Folge, dass sich die Eltern keine Pausen gönnen. Die eigenen Bedürfnisse treten in den Hintergrund, wodurch sie viel schneller überlastet sind.
Hat man selbst viel Wut und Geschrei in der Kindheit erlebt, können einen viele Situationen triggern, in denen man schreien möchte oder vor Schreck erstarrt. „Wir greifen aus der Not heraus auf alte, unerwünschte Familienmuster zurück“, sagt Hoff. Einen ruhigen Weg, insbesondere mit gefühlsstarken Kindern, zu finden, falle vielen Eltern schwer, so die Expertin.
Verinnerlichte Glaubenssätze überdenken
Hinzu kommen Sätze wie „Stell dich nicht so an!“ oder „Muss ich alles fünfmal sagen?“, die sie von den eigenen Eltern und Großeltern verinnerlicht haben. In Konfliktsituationen treten sie schnell wieder hervor. Auch ein „Liebesentzug mit Sätzen wie ‚ich mag dich nicht, wenn du so bist’ prägt Kinder von klein auf“, sagt Anna Hofer aus Köln. Die Heilpraktikerin für Psychotherapie berät oft Frauen, die erstmals Mutter werden.
„Wenn Kinder lernen, gefällig sein zu müssen, um zu gefallen, können im Erwachsenenalter destruktive Verhaltensweisen entstehen“, sagt sie. Wichtig ist auch, dass Eltern die geschlechtstypischen Vorstellungen früherer Generationen überdenken. „Einem Jungen wird mehr zugetraut wie einem Mädchen. Den Impuls sollte man Kindern nicht ständig geben“, rät Maren Hoff.
Wege zum eigenen Erziehungsstil
Doch wie finden Mütter und Väter zu einem neuen Erziehungsstil? „Indem man sich von den eigenen Eltern abgrenzt“, sagt Hoff. Dabei helfen aus ihrer Erfahrung drei Schritte:
1. Sich die eigenen Eltern wieder als Kinder vorstellen, um ein Verständnis für ihre Prägung zu bekommen.
2. Den Eltern die Verantwortung für ihr Leben geben. Wissen, dass man jetzt eigene Entscheidungen fällt.
3. Neue Grundüberzeugungen trainieren. Sie empfiehlt, den Fragen nachzugehen: Wie will ich leben? Welche Werte sind mir wichtig? Welche Regeln und Grenzen braucht es dafür?
Auf dem Weg sollte man auch Zweifel an der eigenen Mutter- oder Vaterrolle loswerden. Aus in sich schlummernden destruktiven Sätzen („Ich bin nicht okay, so wie ich bin“) werden mit der Zeit konstruktive Sätze („Ich bin okay, so wie ich bin, auch wenn ich mal Fehler mache“). Dann entsteht Selbstliebe und ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, so die Elterncoachin.
Anna Hofer rät, sich auf dem Weg zu den eigenen Vorstellungen mit Menschen zu verbinden, die ähnlich ticken. Als Gegengewicht zur Herkunftsfamilie. Auch Ratgeber, Bücher und Zeitschriften können beim Finden des Erziehungsstils helfen.
Verklärte Erinnerungen der eigenen Eltern?
Doch ganz ausblenden kann man den Rat der eigenen Eltern natürlich nicht. Großeltern wollen ihre Expertisen weitergeben. „Dabei haben sie oft eine sehr verklärte Erinnerung an die ersten Jahre mit ihren Kindern“, sagt Hofer. Die Jahre liegen sehr weit zurück. Dennoch empfiehlt sie, Verständnis für den damaligen Erziehungsstil der Eltern zu zeigen. „Zuhören und verstehen, warum sie in ihrer Situation so erzogen haben“, sei wichtig.
In keinem Fall solle man die eigenen Eltern damit provozieren, wie innovativ und anders man erzieht, so die Expertin. Das kann zum Konflikt führen. Besser man beruhigt mit Aussagen wie „Du musst dir keine Sorgen machen, Mama“, wenn man andere Entscheidungen mit den Kindern treffen möchte.
Manche Großeltern akzeptieren, dass sich Erziehungsstile ändern. Andere lassen nicht von alten Mustern los und mischen sich ständig ein. Maren Hoff empfiehlt in diesem Fall, um ein Gespräch zu bitten.
Während des Treffens sollte jeder sagen dürfen, was einem im Umgang mit den (Enkel-) Kindern wichtig ist. Daraus können Kompromisse entstehen (z.B. Verwöhntag bei Oma und Opa) und Verhaltensweisen, die nicht akzeptiert werden (z.B. Schreien). Die eigenen Werte und die des Gegenübers sollte man dabei achten. „Das schafft innere Ruhe und ein Gefühl von Augenhöhe“, sagt sie.
Ein solches Gespräch lohnt sich auch vor gemeinsamen Urlauben und Familienfeiern. „Eltern sollten genau überlegen, wie die Zusammenkünfte gestaltet werden können“, rät Anna Hofer. Wird zum Beispiel erwartet, dass die Kinder alle brav am Tisch sitzen und ruhig spielen, obwohl sie noch sehr klein oder temperamentvoll sind, muss eine andere Lösung gefunden werden.
Hofer: „Eltern sollten erklären, wie ihre Kinder gerade ticken.“ So umgeht man Konflikte mit den eigenen Eltern bzw. Großeltern aufgrund ihrer Erwartungshaltung.
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