Nach fast einem halben Jahr russischen Krieges gegen die Ukraine kann man in Europa mit Sicherheit behaupten, dass sich die Lage in absehbarer Zeit nicht verbessern wird. Energiekrise und Inflation drücken auf die Verbraucherpreise, so manch ein Haushalt muss sich schon heute nach der Decke strecken. Die EU erwartet insgesamt eine Inflationsrate von 7,6 Prozent, für Luxemburg liegt sie nochmals höher bei 8,5 Prozent für 2022. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sieht eher skeptisch in die Zukunft. „Russlands grundlose Invasion der Ukraine sendet weiter Schockwellen durch die Weltwirtschaft“, so der Italiener. Vor allem Energie- und Getreideversorgung würden völlig durcheinandergebracht. Doch eng verbunden hiermit steigen die Lebensmittelkosten auf allen Sektoren.
Weder zeitgemäß noch nachhaltig
Bei all dem müssen wir konstatieren, dass die Luxemburger in der jüngsten Vergangenheit etwa 124 Kilogramm Lebensmittel, zum Teil noch originalverpackt, pro Jahr in den Müll geworfen haben. Das sind „124 Grënn, eppes ze änneren“. So jedenfalls sieht es die Plattform „Antigaspi“ in Übereinstimmung mit dem Luxemburger Landwirtschaftsministerium. Bereits vor der aktuellen Krise hatten Verantwortungsbewusste darauf hingewiesen, dass der bisherige Umgang mit Lebensmitteln weder zeitgemäß noch nachhaltig ist. Nun sind es die äußeren Zwänge, die zu sparsamerem Umgang auffordern. Dabei ist das gar nicht so schwer und kann – gemeinsam in der Familie geplant – sogar Spaß machen. Es beginnt schon mit der Einkaufsvorbereitung. Am besten, alle Haushaltsmitglieder setzen sich an einen Tisch und planen, was in den kommenden drei Tagen auf denselben gereicht werden soll. Drei Tage sind eine gute Frist, da bleiben die Lebensmittel frisch und die Gefahr, dass etwas Verdorbenes weggeworfen werden muss, ist nicht so groß.
Beim Einkauf können wir uns orientieren, welche Angebote – auch saisonale aus unserer Region – es in den Läden und Supermärkten gibt. Auch hier sind eine Reihe von Optionen, geldbeutelschonend einzukaufen. Empfehlenswert ist auch, frische Artikel in einer Kühltasche zu transportieren. Gerade in diesen heißen Sommertagen vermeiden wir damit, dass Fleisch, Gemüse oder Obst schon zu Hause unansehnlich ankommt.
Ein gut sortierter Kühlschrank, in dem wir die Lebensmittel nach Verfallsdatum sortieren, hilft ebenso beim Einsparen wie letztlich das Benutzen des richtigen Kochgeschirrs und des sparsamen Umgangs mit Energie beim Zubereiten der Speisen.
Erwähnt sei noch: Mindesthaltbarkeitsdauer ist nicht mit dem Verbrauchsdatum gleichzusetzen. Der Aufdruck des Verbrauchsdatum (VD) zeigt an, wie lange ein Lebensmittel verwendet werden kann, ohne dass seine Ablaufzeit gesundheitsschädlich werden könnte. Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) gibt an, bis wann ein Produkt ohne Geschmacks- und Qualitätseinbußen aufbewahrt werden kann – die meisten Lebensmittel sind jedoch auch noch deutlich nach dem MHD genießbar. Hier ist auch ein Punkt erreicht, wo die soziale Verantwortung großer und kleiner Handelsketten einsetzt. Vielfach werden von Supermärkten noch heute Lebensmittel weggeworfen, deren Mindesthaltbarkeit abgelaufen sind. Gut und gern könnte man diese – wie gesagt: noch brauchbaren – Lebensmittel den sozialen Kaufhäusern („Épiceries sociales“) anbieten, wie es übrigens schon vielerorts und auch zunehmend geschieht.
Sparen und mit anderen teilen
Nicht erst mit dem Anwachsen der aktuellen Krise machten sich findige Köpfe darüber Gedanken, wie man der Lebensmittelverschwendung entgegentreten kann. Bereits 2016 gründeten Daniel Waxweiler mit Freundinnen und Freunden nach deutschem Vorbild die Plattform foodsharing.lu. Vor gut einem Jahr berichteten wir an dieser Stelle über diese von Freiwilligen betreute Organisation gegen das Verschwenden von Lebensmitteln. Damals erklärte Daniel Waxweiler: „Wir müssen feststellen, dass sich gerade auch in den gegenwärtigen Zeiten die Zahl der Nutzer erhöht, die in prekären Verhältnissen leben und auf die Spenden angewiesen sind.“ Das war zu Zeiten des Höhepunkts der Corona-Pandemie und noch weit entfernt von der heutigen Krisensituation – die Lage der Menschen dürfte sich inzwischen auch in unserem wohlhabenden Land bedeutend verschlechtert haben.
Deutlich verbessert hat sich jedoch der Zuspruch zu foodsharing.lu. Anfang 2021 verzeichnete die Plattform 145 Mitglieder, 29 mit Lebensmitteln befasste Betriebe folgten den Spendenaufrufen, so konnten damals 13.920 Kilogramm Lebensmittel dem vorzeitigen Wegwerfen entzogen werden.
Heute ist die Zahl der Mitglieder von „Foodsharing Luxemburg“ auf 558 gestiegen. Gemeinsam mit 326 freiwilligen Lebensmittelsammlern und inzwischen 85 kooperierenden Betrieben konnten 356.477 Kilogramm Lebensmittel einem weiteren Verwenden zugeführt werden. Ein Erfolg, auf den nicht nur die Betreiber von foodsharing.lu stolz sein können, sondern der auch vielen Bedürftigen gerade in den jetzt schwierigen Zeiten hilft. Die drei Verteilstellen in Esch, Lintgen und Bonneweg sind jedenfalls stets gut besucht.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können