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Wenn aus Fremden Freunde werden: Wie Freiwillige beim Wiederaufbau des Hotel „Le Cigalon“ helfen

Wenn aus Fremden Freunde werden: Wie Freiwillige beim Wiederaufbau des Hotel „Le Cigalon“ helfen

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«Chapeau, Luxemburg»: So fasst Fabien Stoque die Solidaritätswelle nach der verheerenden Flutwelle zusammen, die am 1. Juni im Müllerthal verheerende Schäden anrichtete. Insbesondere im Hotel seiner Eltern, dem «Le Cigalon». Fabien Stoque koordiniert den Wiederaufbau und speziell die Hilfe von Freiwilligen, unter anderem einer Gruppe aus Esch.

Rückblick: Am 1. Juni 2018 kam die Flutwelle in der Nacht. Aus dem «Kaasselbaach» war ein Sturzbach geworden, der Schlamm und Baumstämme mit sich riss und das Hotel «Le Cigalon» binnen kürzester Zeit verwüstete. Eine junge Angestellte wurde im Schlaf überrascht und vom Wasser aus dem Zimmer geschwemmt. Ihr geschah nichts, konnte sie sich doch an einem Baumstamm festhalten.

Erst am Morgen offenbarte sich das wahre Ausmaß der Verwüstung. Erdgeschoss und Keller des Hotels waren mit einer 20 Zentimeter dicken, stinkenden Schlammschicht überdeckt. Die Gegend zwischen dem Müllerthal und dem Grundhof hatte es bei den Überschwemmungen im Osten des Landes am schlimmsten erwischt. Mittendrin: das Hotel «Le Cigalon». Die Bilder, wie Besitzerin Rita Stoque in den Armen von Premier Xavier Bettel weinte, machten in ganz Luxemburg die Runde.

Freiwillige aus Esch

Vielleicht waren diese Bilder auch ein wenig der Grund für die Solidarität, die die Besitzer seither aus der Gesellschaft erfahren. Pascal Schwickert war am vergangenen Samstag mit einer Handvoll weiterer Freiwilligen aus Esch bereits zum dritten Mal im Müllerthal, um beim Wiederaufbau des «Le Cigalon» zu helfen. Der Hausmeister der Jean-Jaurès-Schule hatte im Juli auf Facebook den Aufruf zur Hilfe der Besitzer gesehen und war eine Woche später mit sechs Mitstreitern aus Esch vor Ort. «Uns bot sich ein furchtbares Bild», blickt Schwickert zurück, «überall war zentimeterdicker Schlamm. Und das, obwohl Armee und Protex zuvor bereits die schlimmsten Verwüstungen beseitigt hatten. Jedenfalls machten wir den ganzen Tag nichts anderes, als mit anderen Helfern den Keller zu ‹kärchern›.» Beim zweiten «Hilfsausflug» kümmerte sich die Gruppe aus dem «Minett» um die falschen Decken, die allesamt entfernt werden mussten. Dafür liehen sie sich Material beim CIGL und bei befreundeten Handwerkern.

Am vergangenen Samstag standen dann Gartenarbeiten auf dem Programm, denn zum Hotel gehört ein riesiges Grundstück, das ebenfalls instand gesetzt werden muss. «Ich hatte vor der Katastrophe nie etwas vom Hotel ‹Le Cigalon› gehört. Jetzt fahren wir dahin, sobald auf Facebook um Hilfe gebeten wird. Dafür opfern wir unsere Freizeit gern», sagt Pascal Schwickert. Zumal die Hilfsaktionen auch so etwas wie Lebensschule für ihn, und vor allem für seine zwölf Jahre alte Tochter Céline, sind. «Unsere Motivation ist, den Leuten zu helfen», fasst er zusammen, «erst waren es Fremde für uns, dann Freunde. Aus Unbekannten ist so etwas wie eine kleine Familie geworden. Das ist schön.»

Termin der Wiedereröffnung unklar

In die gleiche Kerbe haut Fabien Stoque, Sohn der Hotel-Inhaber und -Betreiber Rita und Philippe. Obwohl er seit Jahren in Österreich lebt, koordiniert er die Hilfe via Facebook und probiert, so oft wie möglich nach Luxemburg zu kommen, um seiner Familie zu helfen. «Ohne die vielen freiwilligen Helfer wären wir niemals so weit wie jetzt. Das gibt uns Kraft», so Fabien Stoque. Und es spart der Familie eine Menge Geld. Denn der Wiederaufbau ist zuallererst einmal ein finanzielles Problem, weshalb die Baustelle rund fünf Monate nach der Katastrophe auch etwas ins Stocken geraten ist. Wann das Hotel seine Türen wieder öffnen kann, hängt demnach maßgeblich von der finanziellen Hilfe ab. Besitzerin Rita Stoque erklärt: „Wir haben von der Regierung eine Direkthilfe von 100.000 Euro erhalten, dann noch einmal 75.000 Euro. Damit es nun weitergehen kann, müssen wir aber wissen, was jetzt noch nachkommt.“

Denn die Kostenvoranschläge für Küche, Fenster und vieles mehr liegen vor, können jedoch nicht unterschrieben werden, da die Inhaber nicht wissen, wie viel Geld sie noch erhalten. «Der Gesamtschaden ist noch nicht beziffert. Wir müssen da auf den Bericht des Experten warten», sagt Rita Stoque. Weshalb die Arbeiten ins Stocken geraten sind. Die Betriebsversicherung kommt für die Schäden jedenfalls nicht auf, da hätte der Wind an diesem 1. Juni stärker wehen müssen. Trotzdem zeigte man sich kulant und versprach, 10 bis 15% der Schadenssumme zu begleichen.

Insgesamt schätzt Fabien Stoque die zerstörte Fläche auf 1.500 m2. Ob das Hotel-Restaurant zur nächsten Saison wieder öffnen kann, ist momentan noch völlig unklar. Trotzdem sagt der Architektur-Student: «Ich werde ewig dankbar sein, dass es Leute wie Pascal gibt. Es ist schön, eine solche Solidarität zu erfahren. Einfach Wahnsinn.» Um es abschließend genau wie Pascal Schwickert zusammenzufassen: «Diese Leute kamen als Fremde und sie gehen als Freunde.»

Die Hilfe zum Wiederaufbau des «Le Cigalon» wird über die Facebook-Seite «Frënn vum Hotel Le Cigalon (Hëllefgrupp fir de Mëllerdall)» koordiniert.

Sehen Sie hier das Tageblatt-Video von den Aufräumarbeiten unmittelbar nach der Katastrophe.