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EditorialWem gehören die Innenstädte?

Editorial / Wem gehören die Innenstädte?
Gleichberechtigte Koexistenz? Auto, Bus, Rad und Fußgänger nebeneinander.   Foto: Editpress

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Sie werden es wahrscheinlich nicht gewusst haben und wahrscheinlich auch nicht bemerken, aber heute ist der autofreie Aktionstag der EU. Der findet stets am 22. September statt und ist der Abschluss der europäischen Mobilitätswoche. Autofreie Tage gab es bereits in den 1950er und 1970er Jahren, wobei sie da von den Behörden verfügt wurden. Und zwar wegen der Erdölkrise. Im 21. Jahrhundert hat sich das Bild verändert. Es ist der Kampf gegen den Klimawandel, der dem Aktionstag zugrunde liegt.

In ihrer ersten Rede zur Lage der EU hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangene Woche die Klimaziele verschärft. Bis 2030 sollen demnach mindestens 55 Prozent Emissionen eingespart werden. Da spielt das Auto eine wichtige Rolle. Die EU denke gar darüber nach, den Verbrennungsmotor zu verbieten, heißt es. Schließlich tun sich mit der Verkehrswende viele Mitgliedstaaten schwer. Auch Luxemburg. 

Die Teilnahme der Gemeinden an der „Semaine de la mobilité“ ließ in diesem Jahr zu wünschen übrig. Was nicht mit schlechtem Willen, sondern mit Corona zu tun hatte. Gut besuchte Veranstaltungen in Zeiten zunehmender Infektionszahlen zu organisieren, birgt Risiken, die nicht jede Gemeinde auf sich nehmen will. Das ist verständlich, aber dennoch schade, denn seit dem Ausbruch der Pandemie hat ein regelrechter Fahrradboom das Land erfasst. Bis zu fünffach erhöhte Nutzerzahlen im Vergleich zu den Vorjahren ergaben die Messungen zum Fahrradverkehr in Luxemburg zuletzt, verriet Mobilitätsminister François Bausch.

Umso bedauerlicher ist es, dass nicht richtig vom Lockdown im März und April profitiert wurde, um weitere Impulse zur Förderung des Fahrrads und dessen Infrastruktur in Luxemburg zu setzen. Der Grund ist wohl in erster Linie fehlender politischer Mut. Wie zum Beispiel in der Hauptstadt. Dort verwies Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) doch tatsächlich auf die Festungslage der Stadt, die weitere Maßnahmen zugunsten des Fahrrads verhindern würde. Wer so etwas behauptet, dem kann die Förderung der sanften Mobilität nicht wirklich am Herzen liegen. Denn es genügen vielerorts schon Kleinigkeiten, um das Leben von Fahrradfahrern einfacher und vor allem sicherer zu machen. 

Auch verkennt Polfer ganz offensichtlich die Realität des 21. Jahrhunderts. Jüngere Generationen wollen eine andere Form von Mobilität. Ihnen ist es egal, mit welchen Transportmitteln sie von A nach B gelangen. Sie wollen nur, dass das so schnell und praktisch wie möglich geschieht. Und innerorts geht das nun mal in den allermeisten Fällen mit dem Rad oder dem Roller am besten. Allerdings ist es in den größeren Ortschaften des Landes mitunter ziemlich gefährlich, auf dem Rad unterwegs zu sein. Das, weil die Innenstädte nach wie vor auf das Auto ausgelegt sind und dem motorisierten Verkehr die Vorfahrt gewähren. Auch in Esch ist das so, wobei Bürgermeister Georges Mischo (CSV) im Tageblatt-Interview am Rande der Mobilitätswoche Besserung gelobte. Was allerdings noch ein bisschen dauern könnte, denn man wolle auch nichts übers Knie brechen und auf ein Gesamtkonzept setzen, so Mischo. 

Der Druck auf die politischen Entscheidungsträger wird jedenfalls größer. Immer mehr Gruppen organisieren sich über die sozialen Medien und rufen zu Aktionen auf. Ein Ausdruck hiervon sind die Critical-Mass-Bewegung in der Hauptstadt und sein Escher Pendant „Vélorution“. Deren Ziele sind ziemlich einfach und sollten eigentlich im Jahr 2020 eine Selbstverständlichkeit sein: eine größere Akzeptanz für das Fahrrad im Straßenverkehr und mehr Sicherheit. Es geht nicht darum, das Auto zu verteufeln, sondern ein sicheres Nebeneinander zu ermöglichen. 

grenzgegner
25. September 2020 - 17.33

Klar gibt es auch Fahrradrowdys. So wie es eben auch jede Menge Autorowdys gibt.

Rowdys können aber nicht der Bezugspunkt sein. Es geht wohl eher um die Lebensqualität in den Städten.

Nicht um die Bequemlichkeit der Autofahrer.

Dass Radfahrer weit weniger die Innenstädte verpesten und belasten als Autofahrer, hat sich doch mittlerweile bis nach Hintertupfingen herumgesprochen.

Allerdings sind die Bedingungen für Radfahrer in der Hauptstadt oft miserabel. Und oft genug versperren Nobel- und Grosskarossen die Radwege, oder halten halb auf der Strasse, weil der Fahrer/ die Fahrerin mit den Ausmaßen seines SUVs oder Jeeps im Stadtverkehr eigentlich völlig überfordert zu sein scheint.

Es gibt im Grunde nur eine Möglichkeit: Man muss es teurer und umständlicher, und damit unattraktiv für Autofahrer machen, mit ihrem Fahrzeug bis in die Stadtmitte zu fahren. Davon abgesehen kommt der Ausbau der Tram mindestens ein Jahrzehnt zu spät.

Aber vielleicht wollen wir ja lieber zurück zur autogerechten Stadt?

Bobby
25. September 2020 - 11.50

Ich fahre fast täglich mit dem Rad zur Arbeit, muss aber den Fussgängern hier Recht geben - die Situation ist chaotisch und mit wenigen Ausnahen (dort wo es separate Radwege gibt, z.B. Kirchberg) für alle Beteiligten gefährlich. Die Meinung, dass die Radwege niemand verwendet, kann ich aber nicht teilen. Leider sind auch viele "Anfänger" auf den e-City bikes unterwegs, die offensichtlich nicht sehr oft Radfahren, und nicht wissen, wie man sich im öffentllichen Raum mit dem Rad verhält. Sie tragen zusätzlich zum schlechten Ruf der Radfahrer bei. Wir sollten aber von gegenseitigen Schuldzuweisungen und Pauschalverurteilungen Abstand nehmen, und versuchen höflich miteinander umzugehen, wie das bis vor wenigen Jahren in Luxemburg noch üblich war.

Werner
24. September 2020 - 0.09

@Karl

"und die teueren Radfahrwege müssen auch benutzt werden.
Achja wenn die Grünen sich nicht mal drann halten usw………"

Sie glauben also alle Radfahrer wären Grüne?

Miette
23. September 2020 - 22.12

Ach je, die Radler?
Ich erkenne die Nationalität immer, der Belgier, Niederländer oder der Deutsche... die sagen nett Hallo und sagen Merci wenn ich ihnen den Weg frei mache!
Bis auf wenige Luxradler tut das kein Stackluxusbürger?

Erasmus
22. September 2020 - 19.20

Parkende Autos haben auf jeden Fall nichts auf der Straße verloren.

Karl
22. September 2020 - 15.41

Lümmel gut ausgedrückt und Sie halten sich nicht mal an die Geschwindigkeit .Da wo 30 steht sollen auch 30 gefahren werden und die teueren Radfahrwege müssen auch benutzt werden.
Achja wenn die Grünen sich nicht mal drann halten usw.........

Papp
22. September 2020 - 13.35

"Jüngere Generationen wollen eine andere Form von Mobilität". Das stimmt. Meine Jungs, Anfang 20, würden sich am liebsten mit mindestens 250 PS in der Natur fortbewegen. So eine Einstellung zur Mobilität hatte ich damals nicht.

Leila
22. September 2020 - 11.16

"aber das Fahrrad ist gefährlicher in der Innenstadt als das Auto."

Kann ich nur bestätigen: Place de Clairefontaine - Fahrradrowdie mit Wahnsinnstempo Person um ein Haar gestreift, eine halbe Stunde vorher gleiches Szenario - anderer Rowdie mit selber Person auf der Brücke. Mein Besuch war begeistert über das Abenteuer des Sightseeing Luxembourg ...

Serge Kollwelter
22. September 2020 - 11.12

Brüssel geht hier allumfassend vor: am 20. September war ganz Brüssel d.h. die 19 Gemeinden der Région Bruxelles - capitale , macht 161,4 km2 aus AUTOFREI : Genuss für Radfahrer und Fussgänger und dazu Dutzenweise Attraktionen im Rahmen der semaine du patrimoine.

Nomi
22. September 2020 - 10.37

Photo : Waat machen dann di 2 geparkten Velo'en um Fo'usgaengerbereich ?
Si mengen se kennten sech alles erlaaben, an keng Regelen anhaalen ! Sech awer iergeren wann mol e Fo'usgaenger ee Fo'uss ob d'Velosoist setzt !

avelux
22. September 2020 - 10.33

Welcher Ordnungshütter hat schon den Mut gegen Fahrradfahrer vorzugehen, das Fahrrad, Gott der Grünen und Co, das wohl jeden Abend angebeten wird. Wie kann es sonst sein das auf den Bürgersteige gefahren wird und ein Polizeiauto fährt vorbei als sei nichts. Gegen über Deutschland, Dänemark, usw. sind wir mit Sicherheit das Undiziplinierte Land der Radfahrer.

Patrick
22. September 2020 - 10.14

Oh je, das Bild beschreibt die momentane Lage am besten... Ein Nebeneinander wird angepriesen, aber der Fussgänger muss wegen falschparkenden Fahrrädern auf den Fahrradweg ausweichen uns sich somit im Gefahr begeben... Regeln gelten halt nicht für jeden, wer hier im Land ein Rad hat, hat Narrenfreiheit scheinbar und dies vom Staat begünstigt...

Der Fussgänger
22. September 2020 - 8.56

Ich weiss nicht ob es noch niemand bemerkt hat, aber das Fahrrad ist gefährlicher in der Innenstadt als das Auto. Jedenfalls solange sich kein Fahrradfahrer an Regeln halten muss, machen kann was er will und niemand kontolliert was da passiert. Diese Lümmel auf dem Fahrrad oder Roller machen mir Angst, wenn auch nur in Luxemburg. Drüben in Trier geht das ganze schon disziplinierter zu.