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Faszinierende NaturkräfteVulkane und Vulkanologie

Faszinierende Naturkräfte / Vulkane und Vulkanologie
Soldaten der spanischen Armee stehen auf einem Hügel, während Lava bei einem Vulkanausbruch auf der Kanareninsel La Palma fließt. Der am 19. September ausgebrochene Vulkan ist am 12.12.2021, dem 85. Tag, zur Ruhe gekommen. Es war der längste Ausbruch in der Geschichte der spanischen Kanareninsel seit Beginn der Aufzeichnungen.  Foto: AP/dpa/Emilio Morenatti

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Mitte September 2021 brach auf der kanarischen Insel La Palma der Vulkan Cumbre Vieja aus. Monatelang beobachteten die Menschen an den Fernsehschirmen das Geschehen auf der Ferieninsel – die immer wieder neu hervorbrechenden Lavaströme begruben alles unter sich, was im Wege stand: Häuser, Gärten, Felder. Eine faszinierende Macht der Naturkräfte, für die sich unsere Korrespondentin Elke Bunge interessierte.

Aschewolken, die sich bis zum Himmel türmen. Rot glühendes Feuerwerk, das Nächte erleuchtet. Dann ein Strom austretenden, flüssigen Gesteins, der Lava, die sich in fließenden Bändern mit Temperaturen bis zu 1.000 Grad Celsius zu Tal walzt, die alles, was ihr in den Weg kommt, verbrennt, zerdrückt, unter sich begräbt. Selten erlebt man Natur so entfesselt wie bei einem Vulkanausbruch. Und ebenso selten werden wir daran erinnert, dass unsere Erde immer noch eine brodelnde Masse aus Gestein, Flüssigkeit und Gas ist, die inzwischen zwar auf einer geordneten Bahn, jedoch immer noch aktiv durchs All rast.

Ein Haus innerhalb einer Sperrzone in Tacande ist mit Asche bedeckt. Nach rund drei Monaten wurde der Ausbruch des Vulkans Cumbre Vieja für beendet erklärt.
Ein Haus innerhalb einer Sperrzone in Tacande ist mit Asche bedeckt. Nach rund drei Monaten wurde der Ausbruch des Vulkans Cumbre Vieja für beendet erklärt. Foto: dpa/Cézaro De Luca

Noch heute bestaunen wir diese Naturgewalten, gegen deren Wirkung wir machtlos sind, wie viele Menschheitsgenerationen vor uns. Kein Wunder, dass unsere Vorfahren die Naturgewalten den Göttern zuschrieben, die Römer ihrem Gott des Feuers – Vulcanus, von dem die heutigen feuerspeienden Berge ihren Namen tragen.

Vulkane sind geologische Strukturen, aus denen das flüssige Gestein des Erdinneren, das Magma, aus Kratern und Erdspalten an die Oberfläche drängt. Im Alltag glauben wir, dass unsere Erde eine feste Struktur hat. Doch die Annahme täuscht: Nur einhundert Kilometer unter der Erdoberfläche – das ist einmal die Strecke von Luxemburg nach Trier und zurück – herrschen Temperaturen bis zu 1.300 Grad Celsius, die jedes Gestein zum Schmelzen bringen.

An weniger mächtigen Schichten der Erdkruste kann es zu Austritten flüssiger Gesteine des Erdmantels kommen. Während die Erdkruste nur etwa 35 Kilometer stark ist, misst der Erdmantel etwa 3.000 Kilometer – je tiefer man zum Erdinnern vordringt, desto heißer werden die Temperaturen, die bis über 3.000 Grad ansteigen können.

Allerdings ist die Struktur der oberen Erdkruste nicht homogen. In Kammern unterschiedlicher Tiefe – von zwei bis zu 50 Kilometern – sammelt sich das zähflüssige Gestein, Magma. Kommt es zu Brüchen aufgrund tektonischer Verschiebungen – besonders an den Kanten der Erdplatten –, so kann aus Spalten und Kratern das flüssige Magma austreten. Diesen Erdstrom nennen wir dann Lava.

Der Ätna auf Sizilien: Aufgrund seiner Form gehört er zur Gruppe der Schichtvulkane 
Der Ätna auf Sizilien: Aufgrund seiner Form gehört er zur Gruppe der Schichtvulkane  Foto: AP-Archiv

Unterschieden werden die Vulkane unter anderem nach ihren Formen. Von den etwa 1.900 derzeit aktiven Vulkanen haben etwa die Hälfte eine Kegelform. Es handelt sich dabei um Schichtvulkane, die von Ausbruch zu Ausbruch neue Lavaströme aus einem Zentralschlot ergossen und so Schicht über Schicht einen neuen Gesteinsauftrag bildeten. Zu den bekanntesten dieser Vulkane gehören der Fujisan in Japan, der Mount Saint Helens (USA), Pinatubo und Mayon auf den Philippinen. In Europa kennen wir den Vesuv bei Neapel und den Ätna auf Sizilien. Auch der Snæfellsjökull („Schneeberggletscher“) auf Island gehört zu dieser Vulkanform. Schichtvulkane entstehen beim Ausfließen zäher Lava. Einige Schichtvulkane mit an Kieselsäure (SiO2) besonders reichen Schmelzen bilden auch einen Vulkandom aus, so der Mount St. Helens. Diese Berge können als ganze Gebilde explodieren. Ist das flüssige Gestein jedoch noch heißer und in seiner Struktur schnellfließender, chemisch basischer, entstehen Schildvulkane. So auf Island, Hawaii oder am Ostafrikanischen Graben.

Stürzt eine Magmaschicht ein, so entsteht an dieser Stelle eine sich weit ausgebreitete Caldera. Solche Erscheinungen findet man im Yellowstone-Gebiet oder in den Phlegräischen Feldern bei Neapel. Die Besonderheit solcher Calderen ist, dass sich unter ihnen sogenannte Supervulkane verbergen können. Als Supervulkan werden jene Vulkane bezeichnet, deren Magmakammer so groß ist, dass bei Ausbrüchen mehr als 1.000 Kubikkilometer an Lava und Asche herausgeschleudert werden können. Wegen der riesigen Aschemengen, die bis in die Stratosphäre geschleudert werden und dort die Sonneneinstrahlung verringern, kam es bei Ausbrüchen von Supervulkanen wiederholt zu Abkühlungen des globalen Klimas. So beim bisher stärksten Vulkanausbruch im Quartär, dem des Toba auf der indonesischen Insel Sumatra vor rund 74.000 Jahren, als es über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren erheblich kühler wurde. Die Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang von einem „vulkanischen Winter“, über weitere 1.000 Jahre kam es zu einer merklichen Abkühlung der Erdoberfläche. Archäologische Forschungsergebnisse jüngster Zeit deckten auf, dass die zu dieser Zeit bereits existierende Art des Homo sapiens das Naturereignis überlebte.

Vulkanologie – die Wissenschaft über Vulkane

Häufig jedoch sind mit Vulkanausbrüchen auch dramatische menschliche Schicksale verbunden. Nicht nur bei den jüngsten Ausbrüchen im Cumbre-Vieja-Massiv auf La Palma, sondern auch bei vielen anderen vulkanischen Ereignissen waren sowohl Menschenleben als auch erhebliche Sachschäden zu verzeichnen. Bei dem jüngsten Ausbruch wurden über 2.000 Häuser auf La Palma zerstört, 7.000 Menschen verloren ihr Obdach.

Eine Aufnahme von den Hängen des Vulkans La Montagne Pelee zeigt einen Überblick über Le Morne-Rouge auf der französischen Karibikinsel Martinique
Eine Aufnahme von den Hängen des Vulkans La Montagne Pelee zeigt einen Überblick über Le Morne-Rouge auf der französischen Karibikinsel Martinique Foto: AFP

Im Jahre 1905 ereignete sich der folgenschwerste Vulkanausbruch auf der französischen Insel Martinique. Beim Ausbruch der Montagne Pelée kamen 29.000 Menschen ums Leben. Ähnlich dramatisch verhielt es sich beim Ausbruch des Nevado del Ruiz in Kolumbien, dort starben während der von September 1985 bis zum Juli 1991 anhaltenden vulkanischen Aktivitäten etwa 23.000 Menschen.

Berühmt ist der Ausbruch des Vesuvs am 24. Oktober 79 n.C. Nicht nur die nahe gelegene Stadt Pompeji wurde unter der Asche des Vulkans begraben, es starben auch 5.000 Menschen, 1.150 davon in Pompeji. Wie Ausgrabungen zeigten, wurden die Bewohner im Schlaf überrascht. Denn Vulkanausbrüche ließen sich weder damals noch heute voraussagen.

Bisher gelingt es der Wissenschaft kaum, das Eintreten von Naturereignissen mit besonders schweren Folgen vorherzubestimmen. Einigermaßen gut können wir über Satelliten-, Ballon- und Erdstationsbeobachtung das Wetter zumindest für die kommenden vier bis fünf Tage vorhersagen. Erdbeben und Vulkanausbrüche jedoch lassen sich bislang weder örtlich noch zeitlich vorausberechnen.

Eine besondere Sparte der Geophysik, die Vulkanologie, beschäftigt sich jedoch mit der Beobachtung, Registrierung und Modellierung vulkanischer Ereignisse. So wurde festgestellt, dass vor Eruptionen stets auch ein seismisches Geschehen – kleinere oder größere Erdbeben – zu verzeichnen sind. Bei vielen Vulkanen gibt es daher eine Reihe von Observatorien, die mit Messpunkten rings um den Vulkan alle erdinneren Bewegungen aufzeichnen. Der nebenstehende Beitrag zeigt, wie das am Beispiel der Phlegräischen Felder bei Neapel funktioniert.