Dreimal wöchentlich entnehmen Forscher des „Luxembourg Institute of Science and Technology“ (LIST) Abwasserproben aus Luxemburgs Kläranlagen. Diese untersuchen sie dann nach Überresten des Coronavirus, die dort mitsamt der Exkremente der Bevölkerung landen. Anhand der Konzentration der Viren-RNA im Abwasser sollen Hinweise auf die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung gesammelt werden.
Die Corona-RNA-Werte in den Kläranlagen sind in der elften Woche des Jahres 2021 laut den Coronastep-Forschern nach wie vor hoch – „mit einem konstanten Trend seit Beginn der letzten Woche“. Das deute auf eine immer noch große Verbreitung des Virus auf nationaler Ebene hin. In der kommenden Woche werde sich bestätigen, ob sich der aktuelle Trend fortsetzen wird oder nicht, heißt es in der Analyse der Forscher.
Unterdessen meldet die Taskforce des Großherzogtums eine steigende Tendenz bei den Corona-Fallzahlen. Nach der stabilisierenden Tendenz in den vorigen Wochen zeige die Entwicklung in der vergangenen Woche „einen zunehmenden Trend der epidemischen Dynamik“, heißt es in dem jüngsten Bericht der Taskforce. Die geschätzte Verbreitung der ansteckenderen Virusvarianten sei zwar nicht gestiegen, allerdings seien die täglichen Fallzahlen in letzter Zeit generell gestiegen.
Die durchschnittliche Reproduktionszahl der vergangenen Woche habe laut der Analyse bei 1,05 gelegen. Zum Vergleich: In der Vorwoche betrug diese 0,98. „Die Gesamtzahl der geschätzten aktiven Fälle ist auf etwa 3.000 Fälle gestiegen“, meldet die Taskforce weiter. Auch die Voraussagen für die mittelfristige Entwicklung der täglichen Fälle sähen mit den aktuellen Zahlen pessimistischer aus als noch in der Woche zuvor. Ein epidemischer „Rebound“ („Rückfall“) sei ebenfalls im Bereich des möglichen.
Werden die Menschen wieder nachlässiger?
Nach aktuellen Schätzungen der Taskforce sei derzeit bei der britischen Virusvariante B.1.1.7 eine Verbreitung von 58,2 Prozent und bei der südafrikanischen Variante B.1.351 eine Verbreitung von 19,8 Prozent für die erste Märzwoche zu erkennen. Sie weist allerdings ebenfalls darauf hin, dass die Prävalenzdaten der ansteckenderen Virusvarianten nach wie vor noch nicht vollständig repräsentativ seien.
Die Taskforce zieht aus den aktuellen Zahlen ihre Schlüsse – in einem kürzlich veröffentlichten Bericht sprach das Team noch von wirkungsvollen Anstrengungen der Bevölkerung, die vor allem das Einschränken von sozialen Kontakten beinhaltet hätten. Nun schreibt die Taskforce: „Die jüngste Entwicklung könnte darauf hindeuten, dass die positive Wirkung der gemeinsamen gesellschaftlichen Anstrengungen zur Verringerung körperlicher Interaktionen, zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen und zur aktiven Teilnahme an groß angelegten Tests bei der Senkung der Kurve etwas nachgelassen hat.“
So funktioniert die Coronastep-Untersuchung
Das Forschungsinstitut entnimmt Proben an 13 Luxemburger Kläranlagen: Beggen, Bettemburg, Schifflingen, Bleesbrück, Mersch, Petingen, Hesperingen, Echternach, Übersyren, Grevenmacher, Ulflingen, Böwingen/Attert und Wiltz. Insgesamt wird somit ein Einzugsgebiet mit 445.302 Menschen abgedeckt. Dafür wird über 24 Stunden Wasser am Zufluss der jeweiligen Kläranlage gesammelt. Die Virus-RNA ist in menschlichen Exkrementen nachweisbar und kann deshalb in Kläranlagen gefunden werden. Die Forschungseinrichtung LIST beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit Abwässern und den Viren, die sich darin befinden. Normalerweise gehen die Forscher Viren nach, die Magen-Darm-Entzündungen oder andere Infektionen des Verdauungstrakts auslösen können. Für die Auswertung benutzen die Forscher im Grunde die gleiche PCR-Methode, wie sie auch bei Rachenabstrichen angewandt wird. Sie erlaubt es, die RNA – also den genetischen Bauplan des Virus – aufzuspüren. (sen/gr)
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