Weinmacher Laurent Kox und Betriebsleiterin Corinne Kox empfangen uns im Weingut, unser Interesse gilt der neuesten Errungenschaft des Domaine: ein Crémant brut ohne Zusatz von Sulfiten. Was hat die beiden bewogen, ein ungeschwefeltes Produkt auf den Markt zu bringen, und wie lange hat man bis zum Verkaufsstart experimentiert und worauf konkret ist bei der Produktion zu achten, möchten wir gerne wissen.
„Historisch werden erst seit zwei bis drei Jahrhunderten Sulfite in der Weinherstellung beigefügt, dies dient in erster Linie der Konservierung des Weines. Allerdings kannten die Griechen und Römer bereits die Eigenschaften des Schwefels als Konservierungsmittel in der Weinherstellung. Durch die Erfindung der Glasflasche und die Erschließung neuer Transportmöglichkeiten für Weine (Bahn) war der Zusatz dieses Antioxidationsschutzes unabdingbar, während in früheren Zeiten nur Fassware transportiert wurde. Heutzutage, dank neuer wissenschaftlicher, technischer und biologischer Erkenntnisse in der Wein- und Crémantherstellung, besteht die Möglichkeit, ohne zusätzliche Sulfite zu arbeiten. Auch wenn man dies hin und wieder liest, sulfitfrei ist der Wein nicht, denn die Hefe produziert minimale Sulfitmengen, die aber im Wein oder Crémant detektierbar sind“, erklärt Corinne Kox.
Fundiertes Fachwissen ist unerlässlich
„Geeignetes Fachwissen muss bei einer solchen Methode vorhanden sein, denn ansonsten entstehen unangenehme Weinfehler, die auch Weingenießern mit wenig Weinwissen auffallen. Den Impuls, Weine und Crémants ohne Zusatz von Sulfiten herzustellen, gab uns der internationale Weinmarkt sowie Verbraucher, die vermehrt nach authentischen Weinen fragen. Ausschlaggebend für die ersten Versuche waren das Fachbuch ‚Les grands vins sans sulfites‘ von Arnaud Immélé sowie die Entdeckung und Nutzung von einer neuen Hefefamilie in der internationalen Weinwelt, die eine große Rolle im Oxidationsschutz des Mostes spielt. In der Crémantherstellung haben wir erste Versuche ohne Sulfite mit Auxerroistrauben im Jahr 2015 durchgeführt. 2016 und 2017 dann mit Rieslingtrauben. 2018 mit Rivanertrauben. Der Crémant, den wir jetzt verkaufen, ist aus dem 2017er Jahrgang, 100 Prozent Riesling mit 30 Monaten Hefelagerung. Rotweine ohne Zusatz von Sulfiten haben wir seit 2013 im Sortiment, abwechselnd Saint Laurent und Pinot noir. Die Rotweine haben einen natürlichen Oxidationsschutz, Tannine der Traubenhaut und Traubenkerne, welche die Herstellung im Vergleich mit weißen Weinen sehr vereinfacht. Im Crémant ist es die Kohlensäure, die bei der 2. Gärung in der Flasche entsteht, die den Oxidationsschutz darstellt“, ergänzt Laurent Kox.
„Angepasste Hygieneprotokolle sind bei der Herstellung unerlässlich“, bemerkt Kox weiter. „Eine wichtige Voraussetzung ist gesundes Traubenmaterial, deshalb kann es vorkommen, dass wir jahrgangsbedingt nicht jedes Jahr Weine oder Crémant ohne Sulfitzusatz herstellen können. Die gesunden Trauben müssen dann so schonend wie möglich verarbeitet werden, durch angepasste Weinherstellungsprotokolle sowie moderne Technologien und technische Ausrüstung. Dieser neue Crémant unseres Hauses ist nicht zu vergleichen mit anderen Crémants, sondern unabhängig zu begutachten. Es handelt sich um einen neuen Crémant, der keinen Vergleich scheut. Ein weiterer Meilenstein in der 30-jährigen Crémantherstellung in Luxemburg.“
Zum Abschluss unserer Visite dürfen wir die vinophile Neuheit auch verkosten: schöne Perlage im Glas, wohl strukturiert, mineralisch, in der Nase und am Gaumen nussig mit Weißbrotaromen, erinnert er nach dem zweiten Schluck an Champagner, ohne ihn mit einem solchen vergleichen zu wollen. Für Crémantfreunde sicher eine spannende Neuentdeckung.
„Methode zu begrüßen“, Josy Gloden, Präsident der Genossenschaftskellerei Vinsmoselle
Aus kompetentem Mund wollten wir wissen, was von der Initiative von Laurent Kox und generell von der Methode zu halten sei. Josy Glodens Antwort: „Jede Initiative, die die Mosel, unsere Luxemburger Weine und Crémants positiv in die Medien bringt, ist zu begrüßen. Wenn neue Verfahren im kleinen Maßstab ausprobiert werden, die in anderen Ländern auch schon in der Testphase sind, zeigt das die positive Neugier der Luxemburger Winzer. Die Methode ist ja schon länger bei Fachkreisen im Gespräch. Es gibt da verschiedene Ansätze. Teilweise werden andere Behandlungsmittel eingesetzt, um das Ziel eines sulfitfreien Crémants zu erreichen. Man muss dann als Betrieb entscheiden, welchen Weg man gehen will. Auch die geschmackliche Ausprägung der Crémants und die Haltbarkeit kann von den gewohnten Produkten abweichen. Ähnlich wie bei z.B. Orange-Weinen gibt es da aber sicher Fans für solche Produkte, wenn sie gut gemacht sind. Beim ,Crémant de Luxembourg’ wird jedoch generell mit wenig Schwefel gearbeitet. Schon die Auswahl der gesunden, reifen, aber nicht überreifen Trauben für die Grundweine sorgt für sehr niedrige Schwefelgehalte in den Grundweinen. Auch bei der späteren ,Dosage‘ der fertig in der Flasche vergorenen Crémants wird in der Regel sehr sparsam mit Schwefel als Oxidationsschutz gearbeitet. Wenn er eingesetzt wird, geht es immer um den Erhalt des Geschmacks und der Aromen im Crémant.“
„Jede Initiative der Produktentwicklung“ ist willkommen, André Mehlen, Weinprüfer am Weinbauinstitut (IVV) in Remich
Vom IVV-Experten haben wir auch ein Statement zur Neuheit eingeholt. „Als Forschungsinstitut begrüßen wir jede Initiative der Produktentwicklung. Alles, was im gesetzlichen Rahmen bei der Weinbereitung erlaubt ist und im Lastenheft der ,AOP – Moselle luxembourgeoise‘ nicht verboten ist, darf von den Winzern ausgetestet werden. Die internationale Weinforschung ist seit Jahren bestrebt, den Einsatz von schwefliger Säure im Wein möglichst tief zu halten.
Der Winzer richtet sich natürlich auch nach dem Konsumverhalten. Bereits jetzt, und das hat die Pandemie noch verstärkt, legen Konsumenten bei der Lebensmittelauswahl vermehrt Wert auf ethische Aspekte, Umwelt- sowie Gesundheitsfaktoren. Die Hersteller haben dies erkannt und versuchen, den sich verändernden Konsumentenbedürfnissen entgegenzukommen.
Mittlerweile haben Weine aus biologischem und aus biodynamischem Anbau, Orange Wines, Weine ohne Schwefelzusatz, in Amphoren ausgebauter Wein, Pétillant-naturel-Weine sowie auch Natural Wines die Weinwirtschaft erreicht. Diese Weine verkörpern Natürlichkeit und Nachhaltigkeit. Wenn der Winzer ebenfalls diese Philosophie verkörpert und diese Weine aus Überzeugung produziert und nicht einfach, um Konsumentenbedürfnisse zu befriedigen, nur dann wird eine entsprechende Qualität der Weine erreicht. Falls die Winzer dann auch noch über die entsprechende Kundschaft verfügen, ist es durchaus ratsam, solche Produkte zu vermarkten.
Es bedarf übrigens keiner speziellen Genehmigungsprozedur, da es nur Maximalwerte für Schwefel gibt und keine Minimalwerte. Weine ohne Schwefelzusatz schmecken anders als herkömmliche Weine und die größte Hürde für Weine ohne Schwefelzusatz ist daher die Qualitätsverkostung. Manchmal werden diese Weine abgelehnt, weil sie nicht dem typischen Luxemburger Stil entsprechen.“
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