Großer Bahnhof am Mittwochmorgen vor der Aula des Lycée Hubert Clément (LHCE) in Esch. Um Punkt 9.00 Uhr fährt die Limousine des großherzoglichen Paares vor. Die royalen Ehrengäste werden vom Gastgeber Jean Theis begrüßt und in den Festsaal geleitet. Die 18-köpfige LHCE-Band unter der Leitung des Deutschlehrers Daniel Mailliet trifft beim obligatorischen „Wilhelmus“ den richtigen Ton, genau wie später auch beim italienischen Partisanenlied „Bella Ciao“ und der Europahymne, die die fast einstündige Feier beenden wird.
Angelina Sherpa und Inda Durakovic stehen auf der Bühne und führen in englischer Sprache durch die Feier. Englisch, weil es sich beim VIC- respektive Europrojekt um einen europäischen Schüleraustausch handelt. Sechs Delegationen sind anwesend, insgesamt sind 17 Schulen aus 15 Ländern vertreten. In fünf Ateliers, jeweils an ein präzises Thema gebunden, tauschen sie sich bis Freitag aus und präsentieren dann im Rahmen der Schlussfeier ihr Fazit. Es geht um die Werte Europas und der EU: Menschenwürde/Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Chancengleichheit, Freiheit und Demokratie.
„Tradition der Toleranz“
Sehr stolz sei man, das älteste und größte Netzwerk europäischer Schulen in Esch begrüßen zu dürfen, sagt LHCE-Direktor Jean Theis in seiner Eröffnungsrede. Die ist, wenn man denn so will, in zwei geteilt. Nach den einleitenden Worten ergreift der Schuldirektor später noch einmal das Wort, diesmal in seiner Funktion als Präsident des angesprochenen Netzwerkes „Europroject – Education without frontiers“ (Bildung ohne Grenzen). 1989 wurde das Projekt gegründet, „in einer Zeit ohne Internet und ohne soziale Medien“, so Theis in Richtung der Schüler. Die erste Charta („Fighting Intolerance“) entstand 1993, die aktuelle („Tolerance as part of school commitment“ – Toleranz als Teil der schulischen Verpflichtung) stammt aus dem Jahr 2018.
„Momentan gibt es viele Herausforderungen, wir müssen mehr denn je für unsere Werte kämpfen“, unterstreicht unterdessen der Europaabgeordnete Christophe Hansen, „dazu brauchen wir euch, die nächste Generation. Ihr müsst vorangehen.“ Hansen appelliert in diesen Kriegszeiten an den Solidaritätsgedanken, während Georges Mischo anschließend das Thema Toleranz hervorhebt. „Ich bin froh, dass die Tradition der Toleranz in meiner alten Schule fortgeschrieben wird“, so Eschs Bürgermeister bei seinem „Heimspiel“. „Als leider nicht mehr selbstverständlich“, ergänzt Bildungsminister Claude Meisch im Hinblick auf die europäischen Werte, „deshalb müssen wir sie verteidigen.“ Gerade aus diesem Blickwinkel ist die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung nicht zu unterschätzen, so Meisch weiter.
Neben der LHCE-Band sowie den Moderatorinnen Sherpa und Durakovic bildet Serena Tritta mit einer Tanzvorführung das Rahmenprogramm der Eröffnungsfeier. Höhepunkt ist der Einmarsch der Delegationen mitsamt Landesfahne, die mit der Europaflagge abgeschlossen wird. Nach einer Stunde erheben sich die Gäste wieder. Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa haben es aber nicht eilig. Sie besuchen die Stände der Arbeitsgruppen und lassen sich noch eine gute halbe Stunde die Ateliers im Detail erklären. Zum Schluss schauen sie auch bei der LHCE Times vorbei. Um 10.30 Uhr fährt der hohe Besuch vom Schulhof. Die Schule kehrt zum Alltag zurück, die Ateliers nehmen ihre Arbeit wieder auf. Schließlich werden schon in zwei Tagen Resultate erwartet.
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