Der Kahlschlag ist nicht zu übersehen. Zwischen alten, renovierten Bauernhäusern stechen in der Gemeinde Kehlen Neubauten mit einer Architektur hervor, die nicht zum Rest passt. Das ist auch Einheimischen aufgefallen und hat eine Bürgerinitiative auf den Plan gerufen. Die circa 6.000 Einwohner zählende Gemeinde ist ein Beispiel dafür, wie die Schaffung von Wohnraum das ehemals dörflich geprägte Bild endgültig verändert.
Oft kommt die Bürgerinitiative zu spät. Dann klafft schon die Baulücke zwischen den bestehenden Häusern. In der rue des Fleurs Nr. 8 in Nospelt steht das Anfang des letzten Jahrhunderts gebaute und zwischenzeitlich renovierte Bauernhaus noch. Verfallen sieht es nicht aus, obwohl alle Fensterscheiben eingeschlagen sind.
Am 11. Dezember 2018 hat ein Unbekannter mutwillig mit einem Brecheisen gewütet und die Nachbarn aus dem Bett gejagt. «Nachbarn erzählen, dass es derselbe Mann war, der zuvor das Schild des Promoteurs aufgestellt hat», sagt Philippe Hoffelt (30), Präsident der Bürgerinitiative in Kehlen. Hoffelt ist Bauingenieur, kennt die Materie, sein Elternhaus steht schräg gegenüber. Das große Eckhaus ist ein Beispiel dafür, wie es gut geht, wenn man neu baut. Es stammt aus dem Jahr 1990, sieht aber aus, als hätte es schon immer da gestanden.
Die Kommune reagiert
Die Zerstörung an dem alten Haus rief nach dem 11. Dezember die Gemeinde auf den Plan. Sie musste die Scherben auf dem Bürgersteig und der Mauer vor dem Haus beseitigen. Bei der Gelegenheit betonte Bürgermeister Felix Eischen, dass es weder eine Abriss- noch eine Baugenehmigung für «A Liewen», wie das Haus genannt wird, gibt. Das bestätigt er auf Nachfrage des Tageblatt erneut. «Wir prüfen rechtlich einen Baustopp und wenn das klappt, reichen wir Klage gegen unbekannt ein», sagt Eischen.
Hier kommt «Fisconsult Real Estate» ins Spiel. Der «Immobilier» und «Promoteur» vermarktet Wohneinheiten, Geschäfts- und Businessflächen in Luxemburg und auf Mauritius. Die «Résidence Florentine» in Nospelt ist zu «100% vendue», verkündet die Webseite unter der Skizze des modernen Neubaus. Bei zwei der vier geplanten Wohneinheiten stehen noch die Preise. Ohne Garage oder Stellplatz kosten die zwei kleineren Apartments in der oberen Etage des Gebäudes mit rund 60 Quadratmetern jeweils «à partir de 389.840 euros». Garage oder Stellplatz müssen zusätzlich erworben werden. Einnahmen von rund 780.000 Euro in nur einer Etage des zweistöckigen Bauprojektes lassen erahnen, um welche Summen es hier geht und wie reißend der Absatz ist. «Wir liegen im Einzugsgebiet der Hauptstadt», sagt Hoffelt, «nach Mamer, Capellen und Strassen ist jetzt Kehlen an der Reihe».
Die rue des Fleurs ist nur ein Beispiel. «Bei dem Rhythmus, wie hier in der Gemeinde alte Gebäude weichen, haben wir gedacht, wir müssen etwas machen», sagt Hoffelt. Mitstreiter haben sich schnell gefunden. Auch die beiden Lehrerinnen Lena Bonifas (36) und Tania Simon (39) sind in der Bürgerinitiative mit zehn aktiven Mitgliedern. Alle drei wohnen in der Gemeinde, stammen von dort und haben sich bewusst für ein Leben auf dem Land entschieden. Alle sind entsetzt, wie sich «ihr» Dorf nach und nach verändert hat, und engagieren sich seit zwei Jahren für die Erhaltung alter Bausubstanz.
Bürger engagieren sich
1.200 Unterschriften haben sie 2017 zusammengetrommelt, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Während vieles nicht mehr zu ändern ist, haben sie mit CSV-Bürgermeister Felix Eischen seit den Wahlen 2017 aber jemand auf der anderen Seite des Schreibtischs, der offene Ohren hat. «Ich habe mich über die Baupolitik selbst schon oft grün und blau geärgert», sagt Eischen, der dem Taten folgen ließ. In der rue de l’Ecole Nr. 10 in Nospelt hat die Gemeinde 2018 ein großes altes Bauernhaus für 2,1 Millionen Euro aufgekauft und in Kehlen selbst ein altes, leer stehendes Café in der rue du Centre für rund 750.000 Euro.
Die alte Dorfgaststätte Lippert soll nach der Renovierung als Café neu belebt werden und über zwei Sozialwohnungen verfügen. Im Nospelter «Schockwelleschhaus» sollen nach der Renovierung ebenfalls Sozialwohnungen entstehen. Das lässt hoffen. Vielleicht stoppt das den «Dominoeffekt», wie Tania Simon die Tatsache nennt, dass ein Hausverkauf in der Straße oft nicht der einzige bleibt. In der rue de Mamer in Kehlen ist das gut zu sehen. Verkauft jemand sein altes Haus, tun Nachbarn das nach, weil sie nicht zwischen Neubauten eingekeilt weiter wohnen wollen. Komplett neue Häuserzeilen entstehen, deren Fassaden mit den alten Ortskernen nichts mehr zu tun haben.
Es wird viel gebaut
Mit Wohnraumnot werden sowohl die Verantwortlichen im Rathaus als auch Denkmalschützer für ihre Zögerlichkeit nicht argumentieren können. In Kehlen wird in allen Ortsteilen gebaut. Das wohl größte Projekt ist das der «Société nationale des habitations à bon marché» (SNHBM) in «Elmen». Auf 27 Hektar entstehen dort 800 bis 850 neue Wohneinheiten – dieses Mal auf der grünen Wiese, ohne dass alte Bausubstanz weichen muss. Bürgermeister Eischen spricht von rund 1.200 Wohneinheiten, die in den nächsten zehn bis 15 Jahren in der Kommune entstehen werden.
Die Gemeinde arbeitet gerade mit Hochdruck an einem neuen allgemeinen Bebauungsplan. Auf ihm ruhen die Hoffnungen der Bürgerinitiative, die eine Liste eingereicht hat, was sie für schützenswert hält. 124 Gebäude quer durch alle sechs Ortsteile stehen darauf. Auf der Liste des letzten Bebauungsplans, der 2012 verworfen wurde, standen noch 140. «Nachdem er abgelehnt wurde, hatten wir keine Handhabe mehr, das Schlimmste zu verhindern», sagt Eischen und weist darauf hin, dass beim neuen Plan die Bürgerinitiativen-Liste berücksichtigt wurde.
Heute Abend treffen sich Gemeinderat und Bautenkomission, um über den Entwurf des neuen PAGs zu diskutieren. «Am besten wäre, wir würden danach gar nicht mehr gebraucht», heißt es von Seiten der Bürgerinitiative, deren Engagement dann Früchte getragen hätte.
Lesen Sie auch hierzu den Kommentar von Laurent Graaff.
Die Krux mit dem Schutz: Architektonisches Vermächtnis in Kehlen
Wien ass dann Buergermeschter zou Kehlen ??
Hei maachen d'Promoteure wéi se wëllen,
do kann een sech alt ërem Froën stellen.
Hàr Müller dat kann jo awer net Ären Eescht sen. Och mir ass de Mond opstoe bliwen wie ech mir dat wonnertbar Lotissement Peppelbach mol um Internet ugekuckt hunn. Et ass bestemmt net alles gutt wat sou riets a lenks gebaut gett mä dat dote Lotissment ass awer a mengen Aan de Combles. Wat ass an Ären Aan sann esou "réussiert"? D'Typologie vun den Daachforme (woubäi mir hei en Amalgame vun Walmdach, Krüppelwalm a Suedeldach hunn wat net coherent ass)? Oder di schein rout Daachzillen di jo och sou typesch sen fir eis Regioun? Oder de scheinen Simili-Pierre ronderem d'Fensteren? Mä bon : de gustibus et coloribus non disputandum
Den projet lotissement Peppelbach erënnert mëch un chinesesch Plagiatsarchitektur. Sou eppes as eng architektonesch Sünde an sollt blouss keng Schoul maachen.
Modern Architektur an ländlech bauen sin keng Widdersprech. An der Schweiz kreien se dat wonnerbar hin, mee do sin d'leit um Land och mei oppen fir neies. Bei eis herrscht viller Uerts nach ëmmer eng zimmlech ongebilden Baueren Mentalitéit: Wat den Bauer net kennt, dat frësst en net.
Den gréissten Witz as awer den, dass den Lëtzbuerger och nach mengt eng héich Qualitéit kaaf ze hun an meeschten genau d'Geigendeel awer d'Wourecht as... Dei weiss Këschten gesin aus wei d'Haiser dei se am zerbombten Daitschland nom Krich fir weineg Mëttel gebaut hun.
Tja dat kennt halt vun deem ganzen Energie-Klass A Gedeesems, wat just nach sou Keschten mat 1m Styropor-Fassaden erlabt.
Den aneren riesege Problem as, dass einfach net genuch an de Stied gebaut gett. An dann w.e.g direkt 10-20 Stäck. Dat ganzt Gewurschtels an den Dierfer produzéiert just méi Autosverkéier. 1 Trakter virdrun an et as Stau...
Wat mann an d'Héicht an zentral gebaut gett, wat méi a méi gréngs verschwennt, mee dat well kee bekäppen. Vill Leit wiere leiwer an engem Héichhaus wéi an der Brousse an enger klenger Résidence mat Vue an dem Noper seng Kichen...
Zu Osweiler get et een Projet, d'Lotissement Peppelbach. Dat soll een sech mol op Internet ukucken. Chapeau fir déi Persounen déi gehollef dodrunner ze schaffen. Do geseit een dass et geet wann een wellt. Verschidden Architekten kennten mol do bei hierem Kolleg(en) een Stage machen. Dat wir net vun Muttwell.
Do ass awer eppes net "schlesseg". Wa kee Projet autoriséiert ass därf jo normalerweis kee Panneau opgeriicht ginn resp. keng Vente gemach ginn. An et därft jo net komplizéiert sen e Baustopp ze déclareieren wa keng Baugemehmegung virleit (resp. opmanst mol net eng Déclaration de travaux agereecht ginn ass).
Schlemm dass ausgerechnet eng Biergerinitiativ muss op den Problem hinweisen den et schon johrelang get. D'Gemengenréit schlofen déi? Oder sin sie schon Geiselen vun den profitgeilen Immobilenheien déi d'ganzt Land mat sou ellenen langweilegen weissen Keschten versauen. Ouni goût an Imaginatioun, et gin bal emmer déi selwecht Pläng vun denen Keschten aus dem Tirang rausgezun an dann den Projet iwerdeiert verklickert. Am Nopeschduerf steht dann genau dat selwecht, just seitenverkéiert. Wann een dann mol eng Kéier duerch Italien oder Spanien gereest as geseit een dass et och nach méiglech as zBsp. schéin Appartementsheiser ze réaliséieren. Awer bei eis muss et schnell goen an anständeg an der Kees rabbelen. Den Prestigeverloscht dem déi "Promoteuren" dann eventuel ausgeliwert sin wann sie sou banal Keschten oprichten lossen spillt bei denen meeschten secher keng Roll. Sie hun jo meeschtens den Sonnenbrell op wann se mat hieren 6 Zylinder Cabrios op der Juecht sin no dem nächsten Opfer. Ech muss awer och hei schreiwen, et gin Ausnahmen, awer leider ze wéineg.
Die ländliche Idylle ist passé. Überall wird gebaggert und gebaut auf Teufel komm raus. Die ehemaligen Dörfer platzen aus allen Nähten und auf die rustikale Architektur wird kaum noch geachtet. An deren Stelle treten Residenzen oder würfelartige Betonklötze deren weisse Fassaden innerhalb kurzer Zeit ins Grüne wechseln. Der Charme und die Gemütlichkeit der typischen Dörfer sind auf ewige Zeiten verschwunden. Der " point of no return" ist längst überschritten. Hauptsache die Wirtschaft boomt und die Bevölkerung wächst bis zum es geht nicht mehr.
Was heisst hier "in Gefahr"? Abgeschafft und weggebaggert ist er doch schon so gut wie überall, der "ländliche Charme".