Schon vor 150 Jahren hatte Wilhelm Busch in seiner Bildgeschichte vom neidischen Handwerksburschen über die schmerzlichen Folgen der Völlerei gespottet: Ein Dicker verspeist in einem Gasthaus ein Hähnchen, schlürft teuren Wein – der arme Handwerksbursch sitzt hungrig bei Brot und Wasser. Doch der Junge schläft schließlich im duftenden Heu, während der Gourmand mit gichtschmerzenden Gelenken zu Hause leidet.
Zipperlein, ursprünglich nur für die Gicht verwandt, ist längst Ausdruck für die verschiedensten Krankheitsleiden geworden. Und wie schon zu Zeiten von Wilhelm Busch sind ein Großteil unserer Leiden auf ungesunde Lebensweise, Ernährung, Bewegungsarmut und schlecht organisierte Arbeitsplätze zurückzuführen. Orthopädische Erkrankungen gehören heute zu den „Volkskrankheiten“, die sich in unserer Zivilisation immer stärker ausbreiten.
Mausarm, Handynacken, Wackelknie
Einer Reihe dieser Gebrechen hat sich der Orthopäde und Sportmediziner Wolfgang Menke angenommen. In seinem neuen Buch „Mausarm, Handynacken, Wackelknie – und andere orthopädische Leidensgeschichten“ erklärt Menke in populärer Sprache, wie wir zu unseren körperlichen Fehlhaltungen und Schmerzzuständen kommen.
Dabei greift der Mediziner auf seine Erfahrungen aus mehr als 40 Jahren praktischer und wissenschaftlicher Tätigkeit als Orthopäde zurück. Fast ein Jahrzehnt leitete er die Orthopädie des Marienkrankenhauses Trier, sieben Jahre lang agierte er als Professor für Sportorthopädie an der Deutschen Sporthochschule in Köln, bevor er die Leitung des Gesundheits- und Reha-Zentrums „Saarschleife“ in Mettach-Orscholz übernahm. Der 1949 Geborene könnte sich schon längst in den Ruhestand begeben, doch immer noch zeichnet er für das zentrale Rehazentrum ZAR in Trier verantwortlich. Eine Karriere immerhin, die über die Jahre viele Krankheitsbilder, Therapieversuche und -erfolge, aber auch Niederlagen gesehen hat. Niederlagen, vor allem vom Verhalten der Menschen verursacht: Wir essen zu viel und ungesund, wir bewegen uns zu wenig und falsch.
Wie dem begegnen? Der Sportmediziner Menke hat für die Öffentlichkeit bereits ein Kompendium der Sportverletzungen herausgebracht. Mit Richard Rost zusammen veröffentlichte er ein Lehrbuch der Sportmedizin.
Im vorliegenden Buch jedoch wendet sich der Orthopäde Menke an die Allgemeinheit. In allgemeinverständlicher Sprache erläutert er orthopädische Erkrankungen und Verletzungen, wie wir sie uns im Alltag, im Beruf und im Freizeitsport zuziehen können. Bereits im Vorwort beschreibt Wolfgang Menke eine Methodik, das Ungemach bildlich zu benennen. Es ist eine „Zweiwortkombination“, die dem Leser sofort verständlich macht, worum es beim folgenden Kapitel gehen soll: Ausdrücke wie „Marschfraktur“, „Tennisarm“ oder moderner „Mausarm“, „Handynacken“ sowie „Wackelknie“ führen nicht nur direkt zur beschriebenen Schmerzsymptomatik hin, sondern geben auch Hinweise auf deren Ursachen.
In erster Linie soll das Buch helfen, unseren Körper und Bewegungsapparat kennenzulernen und besser zu verstehen. Die eingängige und allgemeinverständliche Sprache hilft dabei, die Kommunikation zwischen uns (den Patienten) und den Fachleuten (Orthopäden und Physiotherapeuten) zu erleichtern. Menke geht davon aus, dass bereits ein gutes Verstehen dessen, wie unser Körper aufgebaut ist und was und wie er sich bewegt, dazu verhilft, Unfälle und Schmerzen zu vermeiden. Oder aber – wenn vonnöten – eine Intervention und Therapie seitens des Patienten zu unterstützen. „Hohe Compliance“ nennt dies die moderne Medizinsprache. Verständnis erleichtert den Dialog, meint Menke.
Von Hand über Schulter, Nacken, Rücken, Hüfte, Knie, Ferse und Fuß geht der Exkurs über unser Bewegungs- und Stützsystem. Zahlreiche detaillierte Abbildungen (Fotos und Zeichnungen) illustrieren die Ausführungen und erhöhen das Verständnis des Geschriebenen.
Im Fazit gibt Wolfgang Menke Denkanstöße für verändertes Verhalten und Therapien. Er vertraut darauf, dass gut über ihren Körper aufgeklärte und wissende Menschen besser verstehen, Maßnahmen für ihre Gesunderhaltung zu ergreifen.
Konkrete Operations- und Heilvorschläge wird der Leser nicht finden. Denn – so das Credo des Mediziners – bei einem manifestierten Krankheitsbild bedarf es der Intervention der Fachärzte, die im Einzelfall dann eine notwendige Therapie festlegen werden.
Ein ausführliches Begriffsregister erleichtert das schnelle Auffinden von Symptomen und Krankheitsbildern.
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