Vor einigen Tagen textete mir ein Luxemburger Theatermacher, ob ich daran Interesse hätte, im Vorfeld etwas zu seiner neuen Produktion zu schreiben. Da ich nicht sofort auf die Nachricht reagierte, hagelte es Anrufe, bis sich dann ein Freund danach erkundigte, ob ich überhaupt noch beim Tageblatt arbeiten würde – besagter Theatermacher habe ihn gefragt, weil er wissen wollte, ob ich über seine Produktion schreiben könnte.
Davon abgesehen, dass Vorberichte oft als Gratiswerbung von Kulturhäusern wahrgenommen werden oder dass dieses Verschwimmen der Grenzen zwischen öffentlicher und Privatperson immer noch ein sehr typisches Merkmal der Bananenkulturrepublik Luxemburg ist, fiel mir ein, dass jeder, der irgendeinen Zweifel hegt, ob ich noch beim Tageblatt arbeite, dies sehr leicht verifizieren kann, indem er auch nur stichprobenartig eine Ausgabe durchblättert – ich veröffentliche im Schnitt etwa 20 monatliche Artikel in dieser Zeitung.
Besagter Theatermacher interessiert sich demnach so herzlich wenig für das Luxemburger Feuilleton, dass er es weder liest noch durchblättert. Die Existenz des hiesigen Kulturjournalismus wird ihm immer nur dann in Erinnerung gerufen, wenn er es für das Promoten seiner aktuellen Produktion gerade braucht.
Im vergangenen Juli hatte das Kulturministerium – die frühere Land-Journalistin Josée Hansen, um präziser zu sein – ein Krisenrundgespräch über die Situation des Luxemburger Kulturjournalismus einberufen, die, ohne hier Kulturpessimismus betreiben zu wollen, nahezu apokalyptisch ist.
Die – an sich hervorragende – Idee war, dass sich Kulturjournalisten und Kulturinstitutionen austauschen, um sich der gemeinsamen Herausforderungen bewusst zu werden. Sehe ich mir aber an, wie wenig oder, um es radikaler, aber auch treffender zu formulieren, wie so rein gar nichts von all dem, was an jenem überaus heißen Sommertag in den Rotondes ausgesprochen und debattiert wurde, noch in den Köpfen der Betroffenen herumgeistert, so fragt man sich, ob dieses Unterfangen nicht hauptsächlich ins Leben gerufen wurde, damit sich Journalisten den Frust vom Leib schrei(b)en konnten, nur um danach wieder in die Routine der Übersättigung zurückzukehren.
Hier also noch mal zum Mitschreiben, liebe Vertreter von Kulturhäusern: Falls euch Artikel im Feuilleton echt wichtig sind und ihr gehört habt, wie unterbesetzt (fast) alle Kulturredaktionen hierzulande sind, setzt euch doch bitte einmal gemeinsam an einen Tisch, schmeißt eure Schulkalendermentalität beim Programmieren über Bord, redet miteinander und versucht, zu vermeiden, einen Schulferienmonat lang quasi keine einzige Produktion zu planen, um dann innerhalb von zehn Tagen acht neue Stücke Premiere feiern zu lassen – Stücke, die zudem oft nur ein paar Mal aufgeführt werden, damit man auch sichergehen kann, dass echt niemand die Gelegenheit hat, sie zu sehen oder darüber zu schreiben.
Eine ähnliche Unbelehrbarkeit zeichnet sich übrigens nur wenige Tage nach den „Assises sectorielles“ im Literaturbereich ab: Nachdem am Dienstag in der BNL festgestellt wurde, wie sehr auch dieser Sektor kriselt, und einige überaus intelligente Lösungsvorschläge erwähnt wurden, war eine Poesielesung, die genau zwei Tage später im CNL stattfand, so etwas von unterbesucht, dass man sich ernsthaft wundert, wie weit es Luxemburg wirklich aus der Provinz heraus geschafft hat.
So fragt man sich, inwiefern diese Bestandsaufnahme wirklich zur konkreten Aufbesserung eines Sektors verhelfen soll, der unter Problemen wie den internationalen Vertriebsschwierigkeiten der Luxemburgensia oder auch einer mangelhaften Subventionierung leidet, die dazu führt, dass der Literaturbetrieb an vielen Stellen von Freiwilligenarbeit gestemmt wird. Denn ob die aktuelle Regierung in der Zeit, die ihr vor den Wahlen bleibt, noch viel umkrempeln kann, bleibt trotz des guten politischen Willens fraglich.
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