Online-Broker sind Unternehmen, die ihren Kunden die Möglichkeit bieten, selber über das Internet Geld zu investieren, etwa durch den Kauf von Aktien an einer Börse. Die meisten dieser Finanzdienstleister sind entstanden, als die traditionellen Banken diese digitale Dienstleistung noch nicht im Angebot hatten. Die Online-Broker füllten eine Lücke für Privatpersonen, die ihr Vermögen, ohne ausufernde Kosten, selber verwalten wollten.
Während vieler Jahre wurde der Luxemburger Markt nun von zwei Akteuren bestimmt. Einer von ihnen ist Internaxx (heute Swissquote). Der Online-Broker, mit Sitz auf Kirchberg, wurde im Jahre 2001 gegründet. Er ging aus einem Joint Venture zwischen der Luxemburger Fortis (heute: BGL BNP Paribas) und der kanadischen TD Waterhouse hervor. Die Kanadier brachten die Fachkenntnisse zum Online-Investieren mit, die Luxemburger das Personal und die Räumlichkeiten.
Im Laufe der Jahre hatte die TD-Bankgruppe die komplette Kontrolle übernommen. Ende 2012 erfolgte ein Re-Branding, und aus Internaxx wurde TD Direct Investing. Damit sollte die Zugehörigkeit zur kanadischen TD-Bankgruppe unterstrichen werden.
Nach einer Strategie-Änderung der Kanadier, die entschieden, den Fokus ihrer Vermögensverwaltung lieber auf Nordamerika als auf Europa zu legen, wurde die betreffende Geschäftssparte (Luxemburg und Großbritannien) verkauft. Als Käufer trat 2017 der Risikokapitalfonds Interactive Investor (JC Flowers) in Erscheinung. Der Markenname Internaxx wurde wieder eingesetzt.
Brexit trieb Swissquote nach Luxemburg
Ein gutes Jahr später gab der Fonds dann bekannt, die betreffenden Luxemburger Aktivitäten an die Swissquote Group verkauft zu haben. Aus Internaxx wurde „Swissquote Bank Europe“. Die auf online Finanz- und Handelsdienstleistungen spezialisierte Schweizer Gesellschaft wurde 1990 von zwei Ingenieuren gegründet und gilt, eigenen Angaben zufolge, heute als Marktführer unter den Online-Brokern in der Schweiz. Das Unternehmen mit rund 1.000 Mitarbeitern ist börsennotiert. Die beiden Gründer gelten (mit je rund 12 Prozent) als wichtigste Anteilseigner.
Swissquote hatte gute Gründe für den Kauf eines Online-Brokers (mit Banklizenz) in Luxemburg. Vor dem Brexit hatte die Gesellschaft nämlich eine Niederlassung in London. Doch mit dem Brexit brauchte sie für den Zugang zum europäischen Markt eine EU-Lizenz.
Mitgebracht haben die neuen Besitzer jedoch nicht nur ihre eigene IT-Plattform, sondern auch eine komplett neue Strategie. Aus dem ehemaligen Online-Broker Internaxx, der sich auf das Anbieten von Finanzdienstleistungen für Expatriates (weltweit) spezialisiert hatte, soll nun eine Gesellschaft werden, die sich auf den europäischen Markt konzentriert.
Begonnen wird in Luxemburg: Letzte Woche gab Swissquote bekannt, dass sie den Online-Broker „Keytrade Bank Luxembourg“ kaufen und integrieren werde. Die Übernahme erlaube es Swissquote, „zum unangefochtenen regionalen Marktführer im Bereich von digitalen Anlagen, mit der größten Produktpalette und den besten Plattformen und Preisen zu werden“, so Dave Sparvell, Geschäftsführer von Swissquote in Luxemburg, gegenüber dem Tageblatt. „Wir standen 20 Jahre lang im Wettbewerb miteinander“, so Sparvell weiter. „Wir ergänzen uns.“
Neue Strategie: Europa im Visier
Auch Keytrade hat bereits, trotz seines ebenfalls jungen Alters, eine bewegte Geschichte. Mitte 1998 wurde die Gesellschaft als erste Online-Investmentwebsite in Belgien gegründet. Ein Jahr später folgte die Luxemburger Tochtergesellschaft Keytrade Luxembourg. Im Jahr 2007 erwarb der Crédit Agricole (Crelan) alle Aktien an der jungen Bank. Im Jahr 2016 verkaufte diese dann die Gruppe an den Crédit mutuel Arkéa (Frankreich). Swissquote hat nun jedoch nicht die ganze Unternehmensgruppe gekauft, sondern nur den Luxemburger Teil, „Keytrade Bank Luxemburg“, welcher seit 2010 über eine eigene Banklizenz verfügte.
Der neue fusionierte Online-Broker Swissquote wird insgesamt 20.000 Kunden zählen. Rund 12.000 von Swissquote und 8.000 von Keytrade. Auch das Volumen des Kundenvermögens wird deutlich steigen. Aktuell zählt Swissquote drei Milliarden Euro „Assets under Management“, bei Keytrade sind es 1,7 Milliarden.
Dass es nach dem Zusammenschluss keinen Wettbewerb mehr geben würde, lässt Dave Sparvell nicht gelten. Er erwähnt die „High-Street-Banken“ und paneuropäischen Player, die mittlerweile ebenfalls in dem Markt aktiv sind. Der gebürtige Brite arbeitet seit 12 Jahren bei dem Luxemburger Unternehmen, seit 2015 leitet er es. Zuvor war er bei TD Bank in Großbritannien tätig.
Die 15 Mitarbeiter von Keytrade Luxemburg (nicht jedoch das Management) werden von Swissquote übernommen werden. „So behalten die Kunden die Berater, die sie kennen“, so Dave Sparvell. Von ihrem Hauptquartier in Kirchberg aus werden sie mithelfen, den europäischen Markt zu erobern. Swissquote ist vor kurzem umgezogen in größere Räumlichkeiten im neuen, großen Gebäude der BGL BNP Paribas auf Kirchberg (gegenüber vom Krankenhaus). Zuvor hatte die Gesellschaft während vieler Jahre ihren Sitz gegenüber Auchan. Bei Swissquote in Luxemburg arbeiten rund 50 Mitarbeiter.
Pandemie hat Geschäft angetrieben
Die Pandemie-Situation hat dem Geschäft des Online-Brokers derweil nicht geschadet. Im Gegenteil: „Mit der Pandemie gab es eine regelrechte Explosion im Online-Handel“, so Sparvell. Im Monat März 2020 habe beispielsweise das Handelsvolumen drei bis viermal höher gelegen als zuvor. „Und auch 2021 war immer noch ein sehr gutes Jahr.“ Die Zahl der Kunden habe zugelegt, und der einzelne Kunde habe im Schnitt mehr gehandelt.
Swissquote dürfte bisher sehr zufrieden mit der Rendite sein, sagte er. Nach einigen schwierigeren Jahren habe man in den letzten drei bis vier Jahren einen „guten Gewinn“ erwirtschaftet. 2020 waren es 4,5 Millionen Euro.
Auf die Mitarbeiter wartet nun Arbeit. In Luxemburg ist man nun zwar die unangefochtene Nummer eins der Online-Broker, europaweit gibt es jedoch noch viel Wachstumspotential. Bei den bestehenden Kunden ist Swissquote, geschichtlich bedingt, neben Luxemburgern (10 Prozent der Kunden), besonders auch in Großbritannien und bei Expatriates im Mittleren Osten, etwa in den Vereinigen Arabischen Emiraten, gut aufgestellt. In Märkten wie Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden stärkt man die Positionierung durch die Übernahme.
Die Bank will derweil weiter innovieren. Zuletzt hatte sie auch den Handel mit über 25 Kryptowährungen in ihr Portfolio von angebotenen Dienstleistungen aufgenommen. „Wir sind die einzige Luxemburger Bank, die Handel mit Kryptowährungen anbietet“, so Sparvell. Etwa 20 Prozent der Kunden hätten es auch bereits ausprobiert. Als weitere Neuerung ist mittelfristig das Anbieten einer Kreditkarte für die Privatkunden geplant.
Zudem will man in das Geschäft mit Unternehmenskunden einsteigen. Der Finanzplatz Luxemburg, mit all den Investmentfonds, die hier vertreten sind, sei ein ideales Umfeld. Dadurch erwarte man einen weiteren steilen Anstieg der „Assets under management“. „Wir mögen Luxemburg, es hat einen guten Ruf, Stabilität und AAA-Rating.“
Vorerst jedoch muss Swissquote auf grünes Licht von den Aufsichtsbehörden (EZB und CSSF) warten. Das wird bis Ende März erhofft. Sobald die Genehmigung vorliegt, werden die beiden Einheiten dann unter dem Swissquote-Banner fusionieren und die Kunden von Keytrade Luxembourg werden zur Swissquote-Plattform migrieren.
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