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RaumfahrtLuxemburger Space-Unternehmen zieht es nach Colorado

Raumfahrt / Luxemburger Space-Unternehmen zieht es nach Colorado
Die Skyline von Denver Foto: Larry Johnson/CC BY 2.0

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Weltraumunternehmen aus Luxemburg zieht es in die USA. Doch nicht irgendwo in die USA, sondern in den Bundesstaat Colorado. Was treibt die Unternehmen ausgerechnet dorthin? Ein Teil der Antwort liegt im Kalten Krieg.

Ein großes, modernes Dachgeschoss in Bonneweg. Das ist die Hauptzentrale des Weltraumunternehmens Kleos. Die Firma betreibt kleine Satelliten – sogenannte CubeSats –, mit denen Radiosignale auf der Erde beobachtet werden können. Geld verdient Kleos mit dem Verkauf der gesammelten Daten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Daten illegaler Schiffsbewegungen, von Schmugglern und Piraten, die für die Küstenwache interessant sein können. Im Dezember kündigte die Firma einen nächsten Schritt in ihrer Entwicklung an. Sie eröffnet ein Büro in Denver, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Colorado. Die Niederlassung ist eine 100-prozentige Tochter der luxemburgischen Zentrale. In Colorado ist Kleos in guter Gesellschaft, denn auch andere Weltraumunternehmen aus Luxemburg, wie iSpace und Spire, haben sich im Bundesstaat niedergelassen.

Aber warum Colorado? Was macht Colorado so spannend für Weltraumunternehmen? „Colorado ist die Heimat der zweitgrößten Raumfahrtindustrie in den USA und bietet einen hervorragenden Zugang zu technischen Ressourcen und Raumfahrtaktivitäten“, schreibt Kleos-Chef Andy Bowyer in einem E-Mail-Austausch mit dem Tageblatt. „Wir treten in eine aufregende Ära in der Raumfahrt ein, in der Technologien, die lange Zeit als Science-Fiction galten, nun Realität werden.“ Colorado sei für Kleos ein strategischer Standort, auch wegen seines Talentpools im Bereich Luft- und Raumfahrt und des reichhaltigen Geschäftsökosystems. Daneben hofft Kleos, sich in den USA neue Kunden erschließen zu können.

Auf der Suche nach einem neuen Zuhause in den USA wurde Kleos auf Colorado aufmerksam: „Wir waren beeindruckt vom Reichtum an Raumfahrttalenten und Innovationen in Colorado. Wir sind begeistert, den Aufbau unseres US-Teams in einer so dynamischen und kollaborativen Raumfahrtgemeinde zu beginnen“, so Bowyer. Colorado schaffe derzeit die Grundlage, um „Aerospace Alley“ zu werden und versuche, „Botschafter und Industrievertreter zu rekrutieren, um die Nachfrage nach Talenten im Staat zu unterstützen“.

Berge und Bunker

Colorado ist also etabliert als Standort für Weltraumunternehmen. Aber wie kam es dazu? Die Antwort ist in der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu suchen, weiß Jay Lindell. Er ist beim Büro für wirtschaftliche Entwicklung und Internationalen Handel (Oedit) in Colorado zuständig für Luft- und Raumfahrt sowie für die Rüstungsindustrie. „Die Luft- und Raumfahrtindustrie begann in Colorado als Folge des Kalten Krieges nach dem Zweiten Weltkrieg und der Anforderungen des Verteidigungsministeriums, Interkontinentalraketen (ICBMs) zu entwickeln und zu produzieren, die sich nicht in der Nähe der Küstengebiete der Vereinigten Staaten befanden, wo sie leicht in Angriffsreichweite von U-Booten, Kriegsschiffen und Flugzeugen waren, die die Produktion und strategischen Kommando- und Kontrolleinrichtungen für die ICBMs beeinträchtigen konnten“, schreibt Lindell in seiner Antwort auf unsere Fragen. Diese Idee führte zur Schaffung des Titan-ICBM-Programms in einem isolierten Gebiet südwestlich von Denver – in Waterton Canyon. Dort begann die Glenn L. Martin Corporation die Produktion von Interkontinentalraketen für das Verteidigungsministerium, erklärt Lindell.

Auch der Universität kam eine Rolle zu: „Angetrieben durch die Verteidigungsgelder für das ICBM-Programm und den Bedarf an qualifizierten Ingenieuren und Wissenschaftlern führte dies zur Entwicklung der High Altitude Test Facility an der University of Colorado (CU) in Boulder und zu Investitionen der Ball Corporation in die Forschung und Entwicklung von Lenksystemen an der CU“, führt Lindell weiter aus. „Außerdem musste die strategische Kommandozentrale für die Interkontinentalraketen in einem gehärteten Bunker geschützt werden, der für nukleare Angriffe unempfindlich war, und es gab keinen besseren Ort als das Innere eines Granitbergs außerhalb von Colorado Springs.“

Heute ist diese Industrie in Colorado ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Laut Lindell gibt es in Colorado über 500 Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen für die Raumfahrtindustrie herstellen und diese unterstützen. Die indirekte Beschäftigung in der Luft- und Raumfahrtindustrie in Colorado liegt bei über 180.000 Arbeitsplätzen mit einem jährlichen wirtschaftlichen Gewicht von über 15 Milliarden Dollar.

Titan und Talente

Auch die akademische Seite hat seit dem Kalten Krieg nicht nachgelassen. Lindell: „Praktisch jede Hochschule in Colorado bietet raumfahrtbezogene Kurse und Abschlüsse an, wobei die University of Colorado in Boulder (CU) die größte Universität ist, die Abschlüsse in raumfahrtbezogenen Fächern anbietet.“ Darüber hinaus sei die CU die Nummer fünf unter den Universitäten der Nation, wenn es um solche Abschlüsse geht.

Davon will auch Kleos profitieren: „Wir sehen bedeutende Partnerschaftsmöglichkeiten mit lokalen Forschungseinrichtungen in Colorado“, so Bowyer. Kleos sondiere ständig den Markt nach potenziellen Partnern für eine Zusammenarbeit. Darunter auch die Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik sowie für Erd- und Weltraumwissenschaften der CU, so der Kleos-Chef.

Beim Ausbau der Weltraumindustrie in Colorado übernehmen die Behörden eine aktive Rolle. Kleos hat zum Beispiel mit dem Wirtschaftsbüro der Stadt Denver zusammengearbeitet, um sich für die „Mile High City“ als neuen Standort zu entscheiden. „Als wir uns an die Denver Economic Development & Opportunity wandten, waren wir begeistert von den unterstützenden Gesprächen, die wir mit ihrem Team führten, sowie von ihrem Eifer und ihrer Fähigkeit, in jeder möglichen Weise zu helfen“, berichtet Bowyer. Der Hightech-Hub von Denver wird übrigens auch als „Silicon Mountain“ bezeichnet, in Anlehnung an das kalifornische Silicon Valley.

Größenunterschied und Gemeinschaftsgefühl

Auch auf politischer Ebene gibt es zarte Bande zwischen Colorado und Luxemburg. Lindell schreibt: „Der Staat pflegt einen freundschaftlichen Dialog und kontinuierliche Partnerschaften mit Luxemburgs Honorargeneralkonsul in Denver, Jeff Weltzin, dem luxemburgischen Konsulat in San Francisco und der Botschaft in Washington. Wir haben den Botschafter und den Generalkonsul bei mehreren Gelegenheiten empfangen, wenn sie Colorado besuchten, um sich mit der Staatsführung und Hochschuleinrichtungen wie dem Colorado European Center for Excellence zu treffen und die Möglichkeiten von luxemburgischen und EU-Unternehmen in Colorado zu ergründen.“

In Colorado sieht man Luxemburg nicht als Konkurrenz. Vielmehr können Unternehmen aus Luxemburg (einen kleinen Teil) dazu beitragen, die zivile Weltraumindustrie in Colorado unterstützen. „Aufgrund der Multi-Milliarden-Dollar-Raumfahrtindustrie und der starken Unterstützung durch die US-Regierung gibt es per se keinen Wettbewerb mit Luxemburg in Bezug auf die Raumfahrtindustrie“, so Lindell. „Allerdings gibt es in Luxemburg viele innovative Unternehmen, insbesondere im Bereich der Datenanalyse und Informationstechnologie, die die zivile Raumfahrtentwicklung in Colorado unterstützen.“

Zur Erinnerung: In Luxemburg entstand die Weltraumindustrie Anfang der 80er mit der Gründung des Satellitenbetreibers SES. Kerngeschäft der SES ist die Übertragung von Fernsehbildern. Daneben ist SES (insbesondere über eine amerikanische Tochtergesellschaft) im Verteidigungssektor aktiv. Die neue Welle der Weltraumindustrie in Luxemburg hat ihre Ursache in der Space-Mining-Initiative, die Wirtschaftsminister Etienne Schneider 2016 präsentierte. Luxemburg wurde mit den USA zu einem der ersten Länder, in denen der Abbau von Ressourcen im Weltall gesetzlich geregelt wurde.

Trotz sehr unterschiedlicher Geschichte und Größe – danach gefragt, sieht Kleos-Chef Bowyer einige Ähnlichkeiten zwischen Colorado und Luxemburg. „Die USA sind ein sehr großer Markt mit einem enormen Wachstumspotenzial für das Unternehmen, und obwohl es eindeutig einen Unterschied in der Marktgröße gibt, haben wir festgestellt, dass das Gefühl, eine Gemeinschaft rund um den Raumfahrtsektor aufzubauen, in Colorado ähnlich ist.“

Kleos-Direktor Andy Bowyer zusammen mit dem damaligen Wirtschaftsminister Etienne Schneider
Kleos-Direktor Andy Bowyer zusammen mit dem damaligen Wirtschaftsminister Etienne Schneider Archivfoto: Editpress/Hervé Montaigu
churchill
1. Februar 2021 - 21.40

Haalt op mat streiden,B.G an Yves Greis.Jiddereen kann seng Meenung dozou hun.
Jiddefalls huet den Här Greis vollt Vertrauen an eis eierlech Regierung.
Ech sin just virwetzeg,wéi eng Raumscheffer mat eisen Steiergelder gebaut gin.

Yves Greis
28. Januar 2021 - 14.19

@B.G. OK, Boomer.

B.G.
25. Januar 2021 - 18.28

dën @ Yves Greis gleeft nach un de Kleeschen ! Fiir wéi lang nach ?

Yves Greis
25. Januar 2021 - 17.09

@B.G.: Wie aus dem Artikel hervorgeht, verlässt die Firma nicht Luxemburg. Sie macht ein zusätzliches Büro in den Vereinigten Staaten auf.

Mit freundlichen Grüßen,
Yves Greis

B.G.
25. Januar 2021 - 14.18

Ich nehme natürlich an , dass die Regierung unter Schneider und Nachfolger keinen einzigen Cent meiner Steuergelder in diese Firma gesteckt hat, die jetzt einige Jahre später für ihr neues Zuhause Amerika gewählt hat !
Ich würde eine ausländische Firma die Unterstützung und Vorteile von der Regierung eingeräumt bekommt, schriftlich festnageln diese Gelder beim Verlassen des Landes zurückzuzahlen.
Nehme an dass unsere Experten dies auch getan haben, oder?