Kürzlich sorgte ein Video im Internet für Aufregung: Mit nacktem Oberkörper und einem Glas in der Hand schoss Prinz Marcus von Anhalt mit einem Fußball auf eine Schildkröte. Was vor einigen Jahrzehnten vielleicht noch als Spaßvideo im Fernsehen möglich war, ist heute ein No-Go. Für die meisten Zuschauer war die Einstellung des Prinzen inakzeptabel: So einem Tierquäler müsste es überhaupt untersagt werden, Tiere zu halten, hieß es in Kommentaren.
Darüber, ob es sich in dem oben erwähnten Fall um eine wahre Misshandlung handelt oder nicht, kann man wahrscheinlich streiten, doch heutzutage besteht in breiten Schichten der Bevölkerung ein Konsens darüber, dass ein Tier keine Sache ist, sondern ein Lebewesen, das Rechte hat. Vor fünf Jahren wurde dieses Prinzip in ein neues Tierschutzgesetz gegossen. Dieses gesteht den Tieren Rechte zu, die auch zu ihren Gunsten eingeklagt werden können. Neu in dem Gesetz sind auch Strafen, die nun in Fällen von Tierquälerei verhängt werden können: bis zu drei Jahre Haft und Geldstrafen bis zu 200.000 Euro, je nach Schwere der Fälle.
Mit Fällen von grausamer Tierquälerei seien Tierschützer hierzulande zwar ab und zu konfrontiert, sagt Pascale Sax, Leiterin des Tierasyls der „Lëtzebuerger Déiereschutzliga“ in Gasperich, doch die seien glücklicherweise eher die Ausnahme.
Das größte Problem für das Gaspericher Tierasyl ist die Anzahl der Tiere – allen voran Katzen – die dort aus diversen Gründen abgegeben werden: „Wir können maximal 80 Hunde und 40 Katzen aufnehmen, doch wir sind voll ausgelastet.“ Als Hauptgründe würden die Besitzer Umzug, Scheidung und Allergien angeben. In den letzten drei Jahren sei die Zahl der abgegebenen Tiere stark angestiegen. „Viele der Tiere, darunter auch vermehrt Kaninchen, wurden während der Covid-Pandemie angeschafft, doch nun müssen diese alleine bleiben – was sie nicht gelernt haben –, was den Besitzern offensichtlich Probleme bereitet.“
Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz
Vernachlässigung oder Misshandlung im weitesten Sinne kann die sonderbarsten Formen annehmen. Etliche Tierfreunde würden es gut meinen, doch vermenschlichten ihre Tiere zu sehr, und das wäre oft zum Nachteil des Tieres. „Das häufigste Merkmal dabei ist vor allem bei Hunden eine Überfütterung“, weiß Sax.
Das Gaspericher Tierasyl ist nicht das einzige, das mit Platzmangel zu kämpfen hat: Dasselbe Problem hat der „Schëfflenger Déiereschutzveräin“, wie uns dessen Präsident Sacha André erzählt: „2022 wurden bei uns 600 Tiere, zum größten Teil Katzen, abgeliefert, viele davon waren ausgesetzte Tiere, die weder kastriert noch gechippt waren.“
Fälle von extremer Vernachlässigung
Auch André bestätigt: „Ja, während der Pandemie haben sich viele Leute Tiere angeschafft – und wollen sie jetzt wieder loswerden.“ Was Fälle von Tierquälerei angehe, relativiert er: „Das ist schwierig zu sagen, denn wo fängt das genau an?“ Mit Fällen von mutwilliger Tötung eines Tieres sei er allerdings noch nicht konfrontiert gewesen, mit solchen von extremer Vernachlässigung aber schon.
„Zwei- bis dreimal im Jahr sind wir mit Fällen befasst, bei denen ich vom Messie-Syndrom spreche: Manche Menschen halten viele Tiere zusammen, und können sich um keines richtig kümmern.“ Grobe Willkür schließt er in den meisten Fällen von schlechter Tierhaltung aus. Hinter den Fällen von extremer Vernachlässigung von Haustieren stecke meistens ein menschliches Schicksal. „Ich sage immer, Tierschutz ist auch Menschenschutz. Die Schicksale von Haustieren und Menschen hängen oft zusammen, beide kann man eigentlich nicht getrennt betrachten. Wenn wir den Menschen helfen können, helfen wir damit auch den Tieren.“ Heutzutage käme das Problem hinzu, dass sich manche Menschen ihr Haustier nicht mehr leisten könnten, weshalb es vernachlässigt oder im Asyl abgegeben wird. In Extremfällen kann die Polizei die Tiere auch beschlagnahmen.
Problematisch sei auch, dass viele Leute sich ein Haustier anschafften, weil es so lieb aussieht. Ihnen gefallen die Fotos von den kleinen Hunden, doch sie dächten nicht daran, dass ein Hund auch Arbeit mit sich bringe. Oft würden sie sich auch nicht über die jeweilige Rasse informieren, ob diese überhaupt zu ihrem Lebensstil passt.
Ein Haustier aus Mitleid
Dass sich Menschen unüberlegt Haustiere zulegen, weiß auch der Präsident der Düdelinger „Société pour la protection des animaux“, Paul Weber, nur allzu gut: „Viele Leute legen sich ein Haustier aus Mitleid zu, aber ein Hundeleben ist nicht nach einem Jahr zu Ende, und die Arbeit damit bleibt. Ein Tier aus Mitleid aus dem Asyl aufzunehmen, ist keine gute Idee.“ Obwohl es laut Vertrag theoretisch möglich wäre, führe man keine Kontrollen im Nachhinein durch, wie gut oder schlecht es dem vermittelten Tier bei seinen neuen Besitzern gehe.
Um zu vermeiden, dass Tiere schon nach kurzer Zeit zurückgebracht werden, müssen sich Interessierte einem „Test“ unterziehen. Vorgespräche, Fragebogen und ein Kontrollbesuch zu Hause beim zukünftigen Besitzer würden viele schon im Vorfeld abschrecken. Zudem erhält jeder zukünftige Besitzer sein Tier erst einmal zwei Wochen auf Probe. „Dank dieser Vorsichtsmaßnahmen haben wir sehr wenig Rückläufer.“
Was das Platzproblem angeht, so macht Düdelingen keine Ausnahme. Doch die Gemeinde habe bereits den Bau eines neuen Tierheims beschlossen. Direkt neben dem bestehenden entsteht ein neues, wodurch die Aufnahmekapazitäten verdoppelt würden. Baubeginn soll in naher Zukunft sein.
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