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Trend in der PandemieSauerteigbrot – die Kür des Backens

Trend in der Pandemie / Sauerteigbrot – die Kür des Backens
Das selbstgebackene Sauerteigbrot ist fertig für den Verzehr Foto: Elke Bunge

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Am Wochenende den Mixer rauszuholen, schnellen Rührteig herzustellen und aus ihm einen Apfel-, Pflaumen-, Schoko- oder Fantakuchen zu zaubern, das traut sich wohl jeder ohne Schwierigkeiten zu. Aber bereits für den Apfelkuchen einen Hefeteig herzustellen, ist für viele Hausbäcker eine Herausforderung. Noch seltener traut man sich an die Meisterarbeit des Backens: ein Brot aus Sauerteig. Wie das gelingen kann, erzählt unsere Korrespondentin Elke Bunge.

Heutzutage wird es immer schwieriger, einen Bäcker zu finden, der noch richtig traditionell bäckt. Die Auswahl der Brote ist in einer solchen Bäckerei klar beschränkt, hier findet man keine 20 Brotsorten täglich frisch im Regal. Denn wie soll das gehen, beginnt die Arbeitszeit des Bäckers klassisch um 2 oder 3 Uhr morgens, um gegen 6 Uhr frische Brötchen und etwas später das frische Brot anzubieten. Bei einer Riesenauswahl an Brot und Brötchen am frühen Morgen greift er oft zu Fertigmischungen mit vielen Zusatzstoffen, wie Emulgatoren, Enzymen oder Säureregulatoren. Aus der alten Tradition des Backens wird ein industrialisierter Ablauf, der den Kunden mit vielfältigster Auswahl lockt. Doch immer mehr Menschen besinnen sich auf die traditionellen Werte, suchen nach Bäckern, die noch wie ihre Vorgänger das Brot aus ihren reinen und natürlichen Bestandteilen herstellen, oder denken darüber nach, selbst aus der heimischen Küche eine Backstube zu zaubern.

In der Bäckerei und Konditorei meines Großvaters wurde damals noch klassisch gebacken, das Herz der Backstube war der alte Steinbackofen. Er erschien mir riesig, an ihm musste man erst, wie durch einen Gang vorbei, um in die duftende Zauberstube zu gelangen. Jeden Abend vor dem Zubettgehen wurde der Sauerteig bearbeitet, morgens um 2 Uhr stand mein Opa auf, um mit den Gesellen und Lehrlingen den Arbeitstag zu beginnen. Hergestellt wurden Brötchen, Kuchen und Torten, Hefezopf, Weißbrot, Kastenweißbrot, Roggenmischbrot und Schwarzbrot. Ab und an durfte ich bei meinen Großeltern übernachten. Mein Schlafzimmer befand sich direkt über der Backstube, irgendwann wurde ich dann durch das rege Treiben unter mir geweckt und hüpfte die Treppe hinunter, am großen warmen Ofen vorbei in die Zauberstube. Dort war die Arbeit bereits im vollen Gange und ich durfte Zuschauerin werden bei der Herstellung der ganzen Leckereien. Zwischendurch wurde mir auch immer etwas gezeigt, zum Beispiel wie aus dem fertigen Teig durch richtiges Kneten ein Brot oder Brötchen entsteht.

Da traditionelle Bäckereien gegenüber den sich ausbreitenden Ketten immer weniger werden und gutes Brot heute immer seltener und schwieriger zu finden ist, habe ich mich entschlossen, meine alten Erinnerungen wieder rauszukramen. In unserem Nachbardorf gibt es noch einen traditionellen Bäcker, der sogar am Samstag mit seinem Wagen, auch an unserem Haus vorbeikommend, Brot und Kuchen ausfährt. Von ihm bekam ich in einem mitgebrachten kleinen Weckglas meinen „Starter“, einen beigefarbenen Brei – den sogenannten Grundsauer. Hat man diesen einmal erhalten, kann man immer wieder neuen Sauer herstellen. Weiterhin überließ er mir noch sein altes Lehrbuch, erklärte mir, wie ich den Sauer bis zur Reife versorge und empfahl mir die Herstellung eines Roggenmischbrotes. Dies besteht sowohl aus Roggen- als auch aus Weizenmehl. Bei weiteren Fragen dürfte ich mich gern bei ihm melden.

Den Sauer „füttern“

So ausgestattet, startete ich mein Projekt: Jeden Abend (zur selben Zeit) „fütterte“ ich meinen Sauerteig mit einer Tasse handwarmen Wasser und einer Tasse Roggenmehl in einer großen Schüssel. Die Zutaten werden gut verrührt und sollen abschließend die Konsistenz eines Breis erlangen. Dabei darf niemals mit einem metallenen Gegenstand gearbeitet werden, da das Metall in den Gärvorgang eingreifen und die entstehende Säure beeinflussen könnte. Diesen Vorgang habe ich drei Tage wiederholt. Roch der Sauerteig zu Anfang noch eher fruchtig, veränderte er seinen Geruch von Tag zu Tag. Dies geschieht durch die Veränderung des Verhältnisses von Essig- und Milchsäure während des Gärprozesses. Der reife Sauer sollte nur noch einen geringen Anteil an Essigsäure von etwa 10 bis 25 Prozent haben, der fruchtige Geruch ist dann kaum noch zu bemerken.

Die ungebackenen Brotlaibe sind bereit für den Ofen
Die ungebackenen Brotlaibe sind bereit für den Ofen Foto: Elke Bunge

Backtag

Am Tag des Backens wird der Sauer abschließend einmal morgens und einmal mittags mit denselben Zutaten wie an den Vortagen versorgt. Am Nachmittag, nach etwa drei Stunden Ruhe, darf er dann verarbeitet werden. Zunächst nehme ich mir wieder etwas Sauer ab und gebe ihn in ein verschlossenes Glas. Dies ist mein neuer „Starter“ für die nächsten Brote. Dieser „Starter“ darf bis zu einer Woche im Kühlschrank aufbewahrt werden, dann beginne ich ihn wieder mit Mehl und Wasser zu versorgen, um ihn abschließend zu einem neuen Brot zu verarbeiten.

Jetzt aber zurück zu meinem restlichen Sauer, der gegenwärtig verarbeitet wird. Dem Sauer (bei mir waren es 300 Gramm) füge ich die eineinhalbfache Menge Mehl hinzu (also 450 Gramm). Ich habe mich für Weizenmehl (halb Typ 550, halb Typ 1050) entschieden. Um einen geschmeidigen und pastösen Teig zu erhalten, ergänze ich während des Einrührens bis zu 200 Milliliter Schüttwasser (Flüssigkeit, die man dem Teig zufügt, hier: Wasser). Eine Prise Salz nach Belieben kommt weiterhin zum Teig. So entsteht ein Roggenmischbrot mit einem etwas höheren Weizenanteil. Der Teig wird mehrere Minuten gut geknetet – bei mir geschieht dies immer per Hand – bis er eine schöne Geschmeidigkeit erreicht hat. Für meine zwei angeschobenen Brote (so nennt man die Brote, die sich gegenseitig berühren und somit leicht zusammenwachsen) habe ich den Teig gleich in zwei Hälften geteilt und erneut eine Stunde ruhen lassen. Nach dieser Pause werden die Brotlaibe geformt.

So sehen beide Brotlaibe direkt nach dem Backen im Römertopf aus
So sehen beide Brotlaibe direkt nach dem Backen im Römertopf aus Foto: Elke Bunge

Den Teig in Form bringen

Das Entscheidende beim Formen des Brotes ist die Führung der Hände. Während die rechte Hand den Teig immer wieder nach innen faltet und mit dem Handballen in den Teig drückt, begrenzt die linke Hand den Teigrand und dreht ihn langsam bei diesem Vorgang. Dadurch wird nach und nach mit fließenden Bewegungen der ganze Teig in die Teigmitte geknetet. Dieser Vorgang sorgt für eine schöne Kruste, aber auch dafür, dass das Brot später kleine gleichmäßige Poren erhält. Nach etwa fünf Minuten ist der Teig zu einer schönen Kugel geworden. Diese wird jetzt vorsichtig umgedreht, damit die glatte Oberfläche nach oben kommt und die Faltkante, der sogenannte Teigschluss, unten liegt. Diesen Vorgang habe ich mit dem zweiten Brotlaib wiederholt. Profis bearbeiten häufig zwei Brote mit je einer Hand gleichzeitig. Nach weiteren 20 Minuten Pause ist das Brot bereit zum Verbacken. Bei abfallender Temperatur kam es bei mir zunächst 10 Minuten mit 225 °C und anschließend 25 Minuten bei 200 °C im offenen Römertopf in den heimischen Backofen.

Die ausgekühlten fertigen Brote
Die ausgekühlten fertigen Brote Foto: Elke Bunge