Bei den Wahlen 2017 erhielt die LSAP in Mersch 10, 95 Prozent der Stimmen, was für einen Sitz im Gemeinderat langte; 2023 gibt es jedoch keine eigene LSAP-Liste mehr in der Gemeinde, allerdings eine Bürgerliste – „Är Leit fir Miersch“ –, auf welcher acht LSAP-Mitglieder kandidieren. Spitzenkandidat ist der 34-jährige Lehrer Marvin Caldarella Weis.
„Seit Jahren verfügte die LSAP über nur einen Sitz im Gemeinderat. Vor fünf Jahren übernahm ich den Vorsitz der Lokalsektion unserer Partei und merkte, dass es immer schwieriger wird, politisch an junge Leute heranzukommen und für eine Partei zu begeistern. Dann hatten wir die Idee einer offenen Liste. Heute ist es offensichtlich bei vielen Leuten nicht mehr ,in‘, politisch Farbe zu bekennen. Die parteilosen Kandidaten unserer Liste sagen, sie wollen wohl etwas für Mersch tun, aber keiner Partei beitreten.“
Acht Kandidaten der Liste sind LSAP-Mitglieder, die anderen „Leute wie du und ich, sowohl solche, die schon länger in Mersch leben, als auch solche, die erst kürzlich dort hinzogen. Alle teilen sie den Wunsch, sich für die Gemeinde einsetzen zu wollen.“
Das Durchschnittsalter der Bürgerliste liegt bei 46 Jahren; nur vier der Kandidaten sind schon bei einer Wahl angetreten. Eine offene Liste bedeute allerdings nicht, dass sie absolut jedem offen stehe, sagt Caldarella. „Im politischen Spektrum stehen wir links. Wir wollten definitiv keine Leute vom rechten Spektrum auf unserer Liste. Wichtig sind uns Themen wie das Zusammenleben in der Gemeinde und der Austausch von Kulturen. Was wir z.B. ausbauen wollen, sind Möglichkeiten, bei den sich Bürger treffen können.“
In Mersch werde er oft auf die Bürgerliste angesprochen: „Die Leute sagen mir, es sei eine gute Idee, dass wir auch jenen eine Chance geben, die nicht in einer Partei sind.“
Was wäre ein realistisches Wahlziel? „Den einen Sitz verteidigen, alles Weitere ist ein Bonus.“ Auch die Tatsache, dass die Zahl der Gemeinderäte in Mersch von 13 auf 15 steigt, stimmt Caldarella optimistisch.
„Är Leit fir Miersch“ steht exemplarisch für ein Phänomen: Menschen wollen sich direkt für ihr Lebensumfeld einsetzen, ohne allerdings alle Werte einer politischen Partei übernehmen zu müssen. Die Sozialisten treten in 39 Gemeinden mit einer eigenen Liste an, in 13 weiteren sind sie auf offenen Listen vertreten.
Proporzhürde
Eine eigene Liste in allen Proporzgemeinden zu präsentieren, ist keiner Partei gelungen. 56 solcher Kommunen gibt es im Land; das sind zehn mehr als es bei den vorigen Wahlen waren. In sechs Gemeinden – Befort, Bettendorf, Esch/Sauer, Lintgen, Redingen/Attert und Wormeldingen – wurde die 3.000-Einwohner-Grenze aufgrund des Bevölkerungswachstums überschritten. Hinzu kommen die vier Fusionsgemeinden Habscht, Helperknapp, Rosport-Mompach und Schengen, welche ebenfalls in das Proporzsystem wechseln.
Im Sinne der Effizienz mag es für die jeweiligen Ortschaften Vorteile bringen, die Parteien stellt es allerdings vor die Herausforderung, in noch mehr Gemeinden Listen aufzustellen, oder besser gesagt aufstellen zu können, da es ja keine Pflicht ist.
Die meisten eigenen Listen konnte die Demokratische Partei auf die Beine stellten: Sie ist in 47 Gemeinden mit dem DP-Label vertreten. Rechnet man allerdings Bürgerlisten, auf welcher eine Partei vertreten ist, zu den eigenen hinzu, dann haben die Christsozialen die Nase vorn. Angaben der jeweiligen Parteizentralen zufolge ist die DP in sechs Proporzgemeinden auf einer offenen Liste vertreten, die CSV auf zehn. Damit würde die CSV die DP 55 zu 53 „schlagen“. (Die CSV tritt in 45 Gemeinden unter eigenem Namen an.) Die vierte der „großen Parteien“ – „déi gréng“ – ist in 36 Gemeinden mit eigenen Namen präsent, sowie auf sechs Bürgerlisten vertreten.
(Bürgerlisten mit LSAP-Vertretung gibt es in folgenden Gemeinden: Bissen, Clerf, Esch/Sauer, Junglinster, Kopstal, Lintgen, Lorentzweiler, Mersch, Helperknapp, Redingen, Schengen, Ulflingen, Wormeldingen)
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