Wie das Tageblatt vor kurzem berichtete, hat das Parlamentsjahr 2021/2022 in Sachen Petitionen sämtliche Rekorde gebrochen. Nicht nur, dass so viele Petitionen wie nie zuvor eingereicht wurden, auch schafften noch nie so viele den Sprung über die 4.500er-Hürde, ab der eine öffentliche Anhörung zu dem Thema stattfindet.
Das ist einerseits zwar positiv, denn es bedeutet, dass der Hunger nach mehr Teilhabe am demokratischen politischen Prozess recht groß ist. Dass das Petitionsrecht immer mehr genutzt werde, sei der Ausdruck einer lebendigen Demokratie. Andererseits ist diese Aussage von Nancy Kemp-Arendt, der Präsidentin des zuständigen Parlamentsausschusses, ein Trugschluss, da Petitionen alleine noch keine Demokratie ausmachen. Das System der Petitionen könnte man nämlich auch nur als Ventil für Volksfrust interpretieren, als eine von der Regierung kanalisierte Form des Protests. „Die Petitionen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Man merkt sofort, wo der Schuh drückt“, sagt die CSV-Abgeordnete Nancy Kemp-Arendt. Das Problem ist, „merken“ alleine genügt nicht; entscheidend ist, „was hinten rauskommt“.
Die erfolgreichste Petition bisher, zumindest was die Anzahl der Unterschriften angeht, war die bezüglich eines Referendums über die Verfassungsreform: Sie fand 18.645 Unterstützer. Kein Wunder, dass zwei Oppositionsparteien die Forderung nach einem Referendum unterstützten. Generell ist die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung bei allen Parteien beliebt und wird wohl auch im bevorstehenden Wahlkampf öfter zu hören sein.
Das Problem mit den Petitionen ist, dass es lange ruhig um das jeweilige Thema wird, nachdem es eine öffentliche Anhörung dazu im Parlament gab. Die Prozesse, die hinter den Kulissen ablaufen und vielleicht dazu führen, dass nichts Konkretes nachfolgt, bleiben den meisten Menschen unverständlich, weil intransparent.
Diese Intransparenz ist eine oft gehörte Kritik bezüglich der politischen oder administrativen Entscheidungen. Und das bezieht sich nicht nur auf Petitionen. So kritisiert z.B. die Vereinigung „Zentrum für urbane Gerechtigkeit“ (ZUG) den Mangel an Transparenz seitens der Gemeinde Luxemburg, weil diese ihr Einsicht in die Analyse bezüglich der Sicherheit von Fußgängerüberwegen verweigert. Und das, obwohl es seit 2018 ein Gesetz für eine transparentere Verwaltung gibt. Vorige Woche entschied ZUG nun, die Gemeinde zu verklagen.
Solche Beispiele stehen einer Demokratie, die sich selbst hohe Standards setzt, nicht gut zu Gesicht. Transparenz ist eine der Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Demokratie, da sie wesentlich dazu beiträgt, Vertrauen in die Institutionen zu schaffen. Das Nicht-Nachvollziehen-Können von politischen Entscheidungen ist einer der Gründe für Politikverdrossenheit. Es mag ein Zufall sein, doch der Anstieg an Petitionen in den vergangenen Jahren geht einher mit immer radikaler gewordenen Protesten auf der Straße. Es braucht mehr als nur die Möglichkeit, eine Petition zu starten, um diese Verdrossenheit zu bekämpfen.
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