Flächenmäßig viermal so groß wie Deutschland, mit nur etwas über drei Millionen Einwohnern, aber 70 Millionen Herdenvieh, so erklärt sich die immense Ausdehnung der Mongolei, die wegen ihres endlos scheinenden Horizonts den Beinamen „Land des blauen Himmels“ trägt.
Wer nach einem neunstündigen Direktflug von Frankfurt nach Ulan Bator, der kältesten Hauptstadt der Welt landet, ist gut beraten, warme Kleidung einzupacken. Es herrschen große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Luxemburger müssen am Flughafen ein Visum vorlegen, können es allerdings auch ohne Umstände bei der Ankunft beantragen. Ist ein Inlandflug geplant, sollte die Gepäckmitnahme auf 15 kg beschränkt werden.
Das Nomadenvolk ist Fremden gegenüber freundlich, doch zurückhaltend und Touristen sind auf die Hilfe eines Übersetzers angewiesen. Die freundliche Deutschlehrerin Zulaa etwa begleitet kleine Reisegruppen während der Sommerferien.
Hauptstadt mit kulturellen Sehenswürdigkeiten
Zwar verfügt die wenig anziehende Hauptstadt Ulan Bator über einige Hotels, doch insgesamt verläuft das Leben ohne Luxus und die parlamentarische Demokratie Mongolei, von Russland und China umgeben, ist authentisch geblieben. Trotzdem bieten die Ger-Camps den Touristen bescheidenen Komfort.
In Ulan Bator, auch als Ulaanbataar bekannt, fallen neben hässlichen Plattenbauten aus sowjetischer Zeit zahlreiche Baustellen auf, da Wohnmöglichkeiten für die Menschen fehlen. Viele Familien leben außerhalb in Baracken oder Jurten, den Rundzelten, wo sie mit Kohle heizen und daher eine starke Luftverschmutzung verursachen.
Westlich des Dschingis-Khan-Platzes befindet sich das erste kulturelle Highlight. Das Gandan-Kloster aus dem Jahr 1838, dessen Namen „freudvolles Kloster“ bedeutet, wurde während der antibuddhistischen Phase geschlossen und beschädigt. Nach der Wiedereröffnung 1941 war es die einzige Stätte, in der – allerdings unter kommunistischer Kontrolle – buddhistische Handlungen zugelassen waren. Um Religionsfreiheit zu demonstrieren, wurde auch die Klosterschule toleriert. Seit der politischen Wende 1991 und der Restaurierung ist das Gandan-Kloster mit seiner Tempelhalle und den Gebetsmühlen im Außenbereich das wichtigste buddhistische Heiligtum des Landes.
Im Nationalmuseum erfahren wir Wissenswertes über Geschichte und Kultur, über Dschingis Khan, den Gründer und Herrscher des Mongolen-Reiches im 13. Jahrhundert, über das Nomadentum, die sozialistische Vergangenheit und die Moderne.
Wer jetzt schon an Mitbringsel für zu Hause denkt, wird in einer der zahlreichen Kaschmir-Boutiquen fündig. Die Waren guter Qualität stammen größtenteils von den Kaschmirziegen aus der Wüste Gobi. Die Landeswährung heißt Tugrik, wobei 1 Euro 3.000 Tugrik entspricht.
Yaks und eine märchenhafte Landschaft
Nach einem 90-minütigen Flug in den Norden geht die Entdeckungsreise weiter im geländegängigen Fahrzeug an den tiefsten See Zentralasiens, den Khuvsgul-See. Der glasklare See, dessen Wasser unbehandelt trinkbar ist, gilt als kleiner Bruder des Baikal-Sees. Der streng geschützte Nationalpark führt durch den Taigawald. Auf kurzen Entfernungen bieten sich herrliche Wanderungen in einer grünen Gebirgslandschaft mit einer außerordentlichen Pflanzenvielfalt an. Der Felsenberg im Norden mit 700 Metern Höhenunterschied gehört zu den Highlights der Reise. Wilder Edelweiß wuchert in der steinigen Umgebung und ein atemberaubender Blick über die Berge und den See entschädigt die erschöpften Bergsteiger.
Im Nationalpark leben die dicht behaarten, imposanten Yaks freilaufend. Sie wirken bedrohlich auf uns Fremde, sind aber scheue, ängstliche Tiere.
Das am See gelegene Toilogt-Camp ist behaglich eingerichtet und nachhaltig bewirtschaftet. Im Allgemeinen verfügen die touristischen Gers über bescheidenen Komfort, mit zwei bis vier Betten und einem Ofen, der morgens und abends beheizt wird. Getrennte Sanitäranlagen stehen im Außenbereich zur Verfügung. Eine Taschenlampe und ein leichter Schlafsack können für die Übernachtung gute Dienste leisten. Warmwasser und Tee stehen immer gratis bereit. Morgens hat man die Auswahl zwischen einer typischen Nudelsuppe, Hafergrütze und/oder einem kontinentalen Frühstück – alles recht fade, es fehlt an Salz für unsere Begriffe.
Neun Stunden dauert anschließend die malerische Fahrt über Pisten und Schotterwege, an Dörfern mit weißen Jurten und bunten Blechdächern vorbei. Der Nationalpark Terkhiin Tsagaan Nuur mit dem Tsagaan- Nuur-See und dem Vulkan Chorgo lädt in der unvergleichlichen Natur, in ursprünglicher Wildnis und Einsamkeit, zu ausgiebigen Wanderungen ein. Wer unterwegs ein menschliches Bedürfnis spürt, sucht nicht nach einer Toilette. Er sagt dann lediglich: „Ich muss mal nach den Pferden sehen.“
Unterwegs findet man drei bis vier Meter hohe, mit Tiergravuren verzierte Obelisken aus der Bronzezeit, sogenannte Hirschsteine. Vermutlich handelt es sich um frühere Grabsteine. Überall trifft man auf hohe Steinhaufen, die Ovoos. Sie gelten als Wohnsitz von Göttern und Geistern und sollen dem Reisenden Glück bringen. Welcher Tourist lässt sich das entgehen? Dafür muss er den Steinhaufen dreimal umrunden, dabei drei Steine und kleine Opfergaben hinzulegen.
Ein Besuch bei einer Züchterfamilie gibt uns Einblick in die runde Jurte, einen einzigen großen Raum, in dessen Mitte der Ofen als Herd und Heizung dient. Zur Begrüßung werden Schnupftabakdöschen herumgereicht. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung und der höfliche Besucher sollte daher leicht daran schnuppern. Der Gast seinerseits überreicht mit beiden Händen kleine Geschenke an die besuchte Familie. Nun heißt es auch: gegorene Stutenmilch oder den säuerlichen Quark aus Yakmilch probieren. Wohl oder übel aus Höflichkeit müssen wir da wohl durch.
Die Schulpflicht lässt sich schlecht mit dem Nomadenleben vereinbaren. Die Kinder leben daher im Internat oder werden von den Großeltern betreut. Ihre Eltern besuchen sie während der dreimonatigen Sommerferien.
Die Züchter treiben ihre Yak-, Pferde- oder Kamelherden per Jeep, Motorrad oder Pferd zusammen. Die Stuten werden fünfmal täglich gemolken. Erstgeborene tragen ein blaues Band am Halfter und gelten als heilig. Im Norden sind Yaks stark vertreten, neben Pferden und Schafen. Im Süden sind dagegen Ziegen und Kamele zahlreicher. An den Wasserstellen gibt es eine Rangordnung. Erst wenn alle Kamele ihren Durst gelöscht haben, dürfen die Ziegen an die Tränke.
Auf der Weiterfahrt nach Tamir beherrschen frei lebende Pferdeherden und Yaks die bezaubernde Landschaft. An endlosen Grassteppen vorbei erreichen wir die schönste Provinzhauptstadt Tsetserleg, ein historisches Kulturzentrum, wo die kleine Pagode Galda Zuu zu besichtigen ist. In Charchorin erwartet uns ein besonderer kultureller Höhepunkt: die Klosteranlagen von Erdene Dsuu, die aus den Ruinen der zerstörten früheren Hauptstadt Karakorum entstanden sind und von 108 Stupas, einem buddhistischen Symbol, umrahmt waren. Leider wurden 22 dieser Kunstwerke von den Russen zerstört.
Wüste Gobi: Dinosaurierüberreste und Saxaulbüsche
Die Wüste Gobi wird weltweit als die wichtigste Fundstelle von Dinosauriern angesehen. An der Ausgrabungsstätte Flaming Cliffs, einer zerklüfteten Felsformation, die in der Abendsonne wundersam glüht, wurden zahlreiche Fossilien gefunden. Bemerkenswert in dieser Gegend der Wüste Gobi ist auch ein Trockenwald aus knochigen Saxaulbüschen.
In der Süd-Gobi trifft man auf ein echtes Naturwunder: die riesigen Hongor-Dünen. Sie ziehen sich auf 150 km hin bei einer Breite von 3-15 km. Der mühsame Aufstieg zur höchsten Düne belohnt uns mit grandiosen Ausblicken. Wenn der Wind über die Dünenlandschaft bläst, spricht man vom „Singing Sand“. Beim Besuch eines Kamelzüchters werden wir mit folgenden Worten begrüßt: „Ihr seid gute Menschen, Ihr bringt uns den ersten Regen.“ Natürlich nutzen „die guten Menschen“ das Angebot zu einem schaukeligen Ritt auf einem zweihöckrigen Kamel.
Für Bergsteiger sind die Ausläufer des Altai-Gebirges, das teilweise zum Weltnaturerbe der Unesco zählt, ein weiterer Anziehungspunkt. Im südlichen Ausläufer des Gobi-Altai überrascht die von einem Gletscher geformte wilde Geierschlucht, wo über den tief klaffenden Felsengeier am Himmel kreisen; Adler, Yaks und Steinböcke sind ebenfalls hier zu Hause. Schätzungen zufolge gibt es nur noch an die 35 Gobibären.
Mit unvergesslichen Eindrücken verlassen die Reisenden das mongolische Steppenland.
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