Römer, Araber, Malteserritter – Letztere wurden vom plündernden Napoleon vertrieben – und zuletzt die Briten sind nur einige der Mächte, die den zentral im Mittelmeerraum gelegenen Archipel für sich beansprucht haben. 1964 wurde die englische Kolonie Malta von den Briten in die Unabhängigkeit entlassen, wählte zehn Jahre später die Republik als Staatsform und gehört seit 2004 als südlichstes und kleinstes Land der Europäischen Union an. Mit seinen ca. 430.000 Einwohnern ist das mediterrane Archipel, das flächenmäßig etwa einer deutschen Großstadt entspricht, eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt.
Ein Zwergstaat mit wechselhafter Geschichte, 5.000 Jahre alten Kulturschätzen, stark in den katholischen Traditionen verankert, mit Maltesisch oder Malti als eigener und einziger semitischen Sprache, die auf einen arabischen Dialekt zurückgeht und in lateinischen Buchstaben geschrieben wird. Eine Sprache, die trotz lateinischem und englischem Einfluss kaum les- und aussprechbar für Nicht-Ansässige ist. Daneben ist Englisch die offizielle Sprache und die Bürger müssen beide beherrschen.
Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde auch viel Italienisch gesprochen. Seit Malta im Zweiten Weltkrieg unter Mussolini vom nördlichen Nachbarn Sizilien angegriffen wurde, hat sich die Sprachsituation verständlicherweise geändert, sodass heute vorwiegend ältere Menschen über Italienischkenntnisse verfügen.
Beliebte Touristenziele mit erstklassigen Hotels sind die Küstenstädte San Giljan und Sliema, die über die breite Küstenpromenade miteinander verbunden sind. Der uns ziemlich chaotisch anmutende Linksverkehr sowie auch die roten Briefkästen und Telefonzellen sind Überbleibsel aus der britischen Kolonialzeit.
Die Häuser aus goldgelbem Kalkstein, mit originellen kupfernen Türklopfern und den typischen bunten Erkern, stellen ein beliebtes Fotomotiv dar. Kaum eines kommt ohne sein eigenes Heiligenbild an der Hauswand aus – ein Zeugnis der auch heute noch tief verwurzelten Religiosität. Über Ostern steht der Judasbaum in voller Blüte – Schamröte sagt man dazu, wie unsere örtliche Reiseleiterin zu berichten weiß.
Unbedingt empfehlenswert ist eine 90-minütige Hafenfahrt ab Sliema, bei der sich die einzigartige Lage der Insel mit ihren sehenswerten Gebäuden auf beeindruckende Weise präsentiert.
Der Staat verfügt über eine eigene Berufsarmee, betreibt vier Weinanbaugebiete, bietet kompetente und preiswerte medizinische Versorgung. Bei einem Durchschnittsgehalt von 1.500 Euro sind die Lebenshaltungskosten niedriger als in manchen europäischen Ländern. Kindergeld erhalten Familien bis zum 16. Lebensjahr in Höhe von 400 Euro im Jahr, danach wird Studenten ein Stipendium von 90 Euro im Monat zugestanden. Wer nicht die Uni-Kurse besucht, muss allerdings mit finanziellen Abzügen rechnen. Schuluniform nach englischem Vorbild ist Vorschrift. Es herrschen allgemein strenge Schulregeln: Tabu sind beispielsweise gefärbte Haare, Nagellack, Tattoos und Piercings. Staatliche und kirchliche Schulen sind gratis, werden jedoch von den Eltern mit einer Spende von mehreren Hundert Euro bedacht.
Politisch hat das Land ein Zwei-Parteien-System. Kurz vor Ostern fanden die diesjährigen Parlamentswahlen statt, wobei die Labour Party gegen die konservative Nationalist Party den Vorsitz behielt. Das Wahlergebnis wurde das ganze Wahlwochenende überschwänglich mit rot geschmückten Wagen, lautstarker Musik und Hupkonzerten gefeiert – für Außenstehende eine Art Karneval.
Ein frischer Wind weht auch an den sonnigen Tagen, von denen es bis zu 300 jährlich geben kann. Fotovoltaik ist daher stark verbreitet und Wasser ist teuer. Übrigens werden auch Playmobilfiguren auf Malta hergestellt.
Tief religiöses Land
Malta ist ein traditionsbewusstes, katholisches Land. Gott heißt im maltesischen Sprachgebrauch Allah, was einzig auf die arabische Sprache zurückzuführen ist. Der morgendliche Kirchenbesuch vor dem Einkaufen gehört zum Alltagsleben vieler Hausfrauen, erzählt die ortskundige Reiseleiterin Gabi, eine Deutsche, die in Malta ein neues Zuhause gefunden hat und den Touristen gerne etwas Insiderwissen vermittelt.
Auf religiöse Bildung wird viel Wert gelegt und zur Vorbereitung auf die Erst-Kommunion wird eine gründliche, zeitaufwändige Vorbildung vorausgesetzt. In dem streng katholischen Land ist Abtreibung verboten.
Die Anzahl der Kirchen ist dementsprechend groß. Manche Kirchen feiern nacheinander bis zu zehn oder zwölf Gottesdienste täglich. Jeder Ort hat seinen eigenen Schutzheiligen, dessen lebensgroße Statue an seinem Fest in einer feierlichen Prozession durch die Straßen getragen wird.
Sakralbauwerke sind auf Malta weit verbreitet und stellen auch für Nichtgläubige Kunstwerke dar. In der Stadt Mosta im Landesinnern spendeten die Einheimischen den Bau einer größeren Kirche, für die das Pantheon in Rom mit seiner runden Kuppel als Vorbild diente. Die Einwohner halfen tatkräftig, Steine und Mörtel zur Baustelle zu bringen. Nach 37 Jahren wurde der Dom 1860 eingeweiht. Als im Zweiten Weltkrieg vier Bomben rund um die Kirchen abgeworfen wurden, fiel lediglich eine davon durch die Kuppel auf den Boden der Rotunde, ohne einen der Anwesenden zu verletzen. Die Gläubigen hielten dies für ein Eingreifen Gottes.
Mdina, die stille Stadt
Auf einem runden Hügel südlich von Mosta überblickt die imposante Kuppel der St.-Paul-Kathedrale von Mdina das umliegende ländliche Gebiet. In der Schwesternstadt Rabat und Umgegend kann der interessierte Besucher auch zum Teil gut erhaltene Katakomben besichtigen. Fast ehrfürchtig betritt man „die stille Stadt“, wie die mittelalterliche, von Festungsmauern geschützte frühere Hauptstadt Mdina mit ihren engen autofreien Gassen und 250 Einwohnern bezeichnet wird, wo gut erhaltene barocke Paläste und edle Patrizierhäuser das Ortsbild prägen. Teilweise wurde die Stadt von den Ausläufern eines heftigen Erdbebens zerstört, wobei der arabische Teil jedoch erhalten blieb.
Die St.-Paul-Kathedrale auf dem Zentralplatz von Mdina scheint zudem von zwei auf die Besucher gerichteten Kanonen gesichert zu sein. Der Innenraum der Kirche wird durch eine riesige Kuppel erhellt, die als architektonisches Meisterwerk bekannt ist. Neben der Kathedrale empfiehlt sich ein Besuch des Museums, das wertvolle Kunstgegenstände aus Silber sowie interessante Gemälde neben Zeichnungen von Albrecht Dürer beherbergt.
Sehenswert ist auch die auf einem Hügel gelegene Stadt Mellieha. Von dort aus erhalten Besucher einen Überblick auf den größten Sandstrand der Insel. Auch hier gibt es eine interessante Legende: Der Apostel Paulus soll im Jahr 60 n.Chr. in der Mellieha-Bucht gestrandet sein und von dort aus die Einwohner zum Christentum bekehrt haben.
Valletta – eine ganze Stadt als Weltkulturerbe
Mitte des 16. Jahrhunderts ließ sich der aus Rhodos vertriebene Johanniterorden für zwei Jahrhunderte in Malta nieder. Es bestand die Hoffnung, dass die Ritter von Malta aus die Herrschaft des Islams im Mittelmeer bekämpfen würden. Nach mehrmonatiger Belagerung schafften sie es mit Unterstützung und List, die Osmanen unter Führung des französischen Johanniter-Großmeisters Jean Parisot de la Vallette zu besiegen. Die europäischen Großmächte bedankten sich mit Geldspenden zum Wiederaufbau und auf der Halbinsel zwischen Grand Harbour und Marsamxett Harbour entstand im Schutz gewaltiger Wallmauern die Hauptstadt Valletta, benannt nach dem siegreichen, doch inzwischen verstorbenen Großmeister.
Die prachtvoll renovierte Inselhauptstadt mit 7.000 Einwohnern ist wohl die weltweit einzige Stadt, die als Ganzes unter Unesco-Schutz steht. Gleich neben dem Stadttor überrascht das neue Parlamentsgebäude durch seine originelle Fassade. Die Stadt ist schachbrettartig angelegt, mit prachtvollen sandfarbenen Palästen, Theatern, Museen, Kirchen und den sogenannten „Auberges“, den früheren Unterkünften der Ritter. Als prächtigste gilt die „Auberge de Castille“, der heutige Amtssitz des Premierministers. Unter den Palästen ist der Großmeisterpalast hervorzuheben, der vom Volk schlichtweg als „der Palast“ bezeichnet wird, aber nur teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich ist.
Die wuchtige St. John’s Co-Cathedral, eine frühere Konventskirche des Johanniterordens, überrascht im Innern mit prächtigem Hochbarockstil, mit vergoldeten Schnitzereien, herrlich bemaltem Deckengewölbe und einem einzigartigen Fußboden aus 400 Marmorplatten. Kunstliebhaber sollten sich das Original-Caravaggio-Gemälde „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ in einem Nebenraum nicht entgehen lassen.
Einfach spektakulär ist der Blick auf den Grand Harbour und die großzügig befestigten sogenannten Drei Städte. Beim Betreten der Upper Barrakka Gardens am Eingang der Stadt meint Reiseleiterin Gabi an ihre Gruppe gewandt: „Nun erwarte ich ganz viele ‚Ah‘ und ‚Oh‘ von allen Seiten.“ Sie kann sich ihrer Sache sicher sein: Das Panorama ist einmalig, überwältigend. Zweimal täglich werden noch nach altem Brauch Kanonen über dem „schönsten Hafen Europas“ gezündet, wo natürlich zahlreiche Kreuzfahrtschiffe vor Anker liegen.
Die belebte Hauptstraße, die Republic Street, zieht sich bis zum Hafen hin, bis zum Fort St Elmo an der Spitze der Landzunge, und weist neben Palästen und öffentlichen Gebäuden auch Geschäfte, Restaurants und Terrassen auf. Am Republic Square betrachtet die Büste von Queen Victoria das bunte Treiben, wo sich die Besucher auf einer sonnigen Straßenterrasse oder im alteingesessenen Café Cordina bei einem Cappuccino oder leckeren Eis ausruhen.
Beim Rundgang durch die Altstadt lädt eine Audio-Video-Show, „The Malta Experience“, zum besseren Verständnis der wechselhaften Geschichte der Insel ein. Wer noch tiefer in die Geschichte Maltas eintauchen möchte, besucht die Tarxien-Tempel und bestaunt die reich an nachgebildeten Skulpturen, Keramik und reliefartigen Tierdarstellungen – die Originale befinden sich im Archäologiemuseum in Valletta – und den stärker verwitterten Hagar-Qim-Tempel, der älter als die ägyptischen Pyramiden ist.
Entspannend ist anschließend ein Ausflug in das malerische Fischerdorf Marsaxlokk mit seinen farbenfrohen gondelartigen Booten, den sogenannten Luzzus. Das am Bug aufgemalte Auge des Osiris soll die Boote vor dem Untergang schützen. Fischerfrauen ihrerseits bieten längs des Hafens ihre Handarbeiten zum Kauf an.
Nicht immer ist das kristallklare Wasser der bekannten Blauen Grotte an der Westküste den Touristen, die sie per Boot besichtigen möchten, wohlgesinnt, da das stürmische Meer den Zugang verweigern kann. Doch allein schon der Blick von der Felsklippe hinunter bietet ein unerschöpfliches Fotomotiv. Nördlich der Blauen Grotte beeindrucken die Dingli-Klippen, die die höchste Erhebung der Insel darstellen und sich über 5 km am Meer entlang hinziehen.
Kartoffeln aus Gozo
Die viermal kleinere Insel Gozo ist per Fähre in knapp einer halben Stunde zu erreichen. Für Comino, eine einsame Insel mit einem einzigen Hotel, reicht fast ein Gruß von der Fähre aus, wäre da nicht die Blaue Lagune mit weißem Sandstrand, was als touristischer Anziehungspunkt gilt.
Gozo ist der fruchtbarere Teil des Archipels, bekannt für gute Tomaten und Kartoffeln, die, wie wir Touristen mit Erstaunen erfahren, nach Holland exportiert werden. Hauptstadt mit ihren engen Gassen ist der Ort Victoria (unter der britischen Kolonialherrschaft nach der damaligen Königin umbenannt), der von den Einheimischen weiterhin mit dem arabischen Namen Rabat bezeichnet wird. Auf einer Anhöhe liegt die mächtige Zitadelle, die in früheren Zeiten der Bevölkerung als Schutz vor den Piraten diente und einen weitreichenden herrlichen Rundumblick bietet. Das bedeutendste, sehr beeindruckende Ziel für Kulturliebhaber auf Gozo ist eines der ältesten Bauwerke der Welt, nämlich die gigantische, rund 5.000 Jahre alte Ggantija-Tempelanlage, mit Megalithen, die mehrere Tonnen wiegen und über sechs Meter hoch sind. Ein Unesco-Weltkulturerbe, das Forschern bis heute Rätsel aufgibt.
Die kurzen Entfernungen ermöglichen innerhalb einer Woche einen umfassenden Überblick auf das Archipel und sein Kulturgut. Wer seine Kulturreise zusätzlich mit Erholung verbinden möchte, wird an zahlreichen Sandstränden wie Mehiella Bay, Ramla Bay, Golden Bay oder Paradise Bay findig. Wo der Sand fehlt, gibt es einen Kiesstrand und häufig Swimmingpools in Ufernähe. Sportbegeisterte Besucher können sowohl leichte als auch anspruchsvolle Wanderwege entdecken.
"Auf religiöse Bildung wird viel Wert gelegt.."
Auf Aufklärung weniger.