Was Kobe Bryant über den Sport hinaus für eine ganze Generation bedeutete, machten die Beileidsbekundungen aus aller Welt deutlich: Er war weit mehr als einer der besten Basketballer aller Zeiten. Spiegel online stellte gestern fest: „Die Trauer um Bryant, die das ganze Land erfasst hat, offenbart auch, dass es doch noch etwas gibt, was in Zeiten politischer Polarisierung vereinen kann.“
Den Superstar-Status hatte Bryant auch seinem unbändigen Willen zu verdanken. Er hatte sich den Erfolg hart erarbeitet und ordnete ihm alles andere unter. Nur dadurch schaffte er es zu seinem Lieblingsverein, dem er seine gesamte Laufbahn über treu blieb. Das allein ist schon atypisch in der Sportwelt. Genauso atypisch wie Bryants Werdegang. Als einer der ersten US-Sportler überhaupt übersprang er das Karrieresprungbrett College. Er wechselte direkt von der Highschool in den Profisport.
Im Profifußball europäischer Prägung ist eine Karriere à la Bryant kaum mehr vorstellbar. Der ungezügelte Kapitalismus bedingt, dass Vereinstreue für die allermeisten Fußballer zum Fremdwort geworden ist. Im Vergleich zu US-Sportlern haben Fußballer, oder sollte man besser sagen deren Berater, eine ungleich größere Macht. Sie können bestimmen, wo sie spielen und wie lange. Ist ein Kicker wechselwillig, sind seine Verträge mit dem Verein oft das Papier nicht wert, auf das sie geschrieben wurden. Im Draft- und Trading-System des US-Sports bestimmen die Vereine in den allermeisten Fällen ohne Rücksprache mit dem Spieler, wo dieser aufzulaufen hat. Natürlich werden die Profis fürstlich für ihr Engagement entlohnt, trotzdem bleiben die meisten Marionetten des Vereinsmanagements. Spielermaterial, das sich je nach Bedarf hin und her schieben lässt.
Andererseits sorgen das Draft- und Trading-System sowie die Gehaltsobergrenzen des US-Profisports zumindest auf dem Papier für eine größere Ausgeglichenheit und somit Chancengleichheit, da die schwächeren Teams u.a. in der alljährlichen Nachwuchsspieler-Messe (Draft) das Erstzugriffsrecht für die vermeintlich besten Nachwuchskräfte bekommen. Dagegen ist der Profifußball momentan darauf ausgelegt, die reichen Vereine noch reicher zu machen, wodurch der Wettbewerb immer einseitiger und somit langweiliger wird.
Im Super Bowl, dem Endspiel der American-Football-Profiliga NFL, wird es am kommenden Sonntag den 13. Meister seit der Jahrtausendwende geben. Zum Vergleich: In den vier großen Fußballmeisterschaften Europas (England, Italien, Spanien, Deutschland) sicherten sich im gleichen Zeitraum lediglich fünf verschiedene Vereine den Meistertitel.
Die rein pragmatische, kommerzielle Herangehensweise an den Sport hat in den USA allerdings andere Schattenseiten. So können Mannschaften einfach mal so „verpflanzt“ werden und in eine andere Stadt umziehen. Was für die Fans meist einer mittelschweren Katastrophe gleichkommt. Auch Kobe Bryants Lakers waren ursprünglich in Minneapolis beheimatet und zogen erst 1958 nach L.A. um. Bryant selbst wollte als Kind Fußballspieler werden. Die Familie zog nach Italien, da sich sein Vater dort als Basketballprofi verdingte. Aus Kobe wurde ein großer AC-Mailand-Fan. Doch zum Glück eiferte er schließlich Michael Jordan nach, und nicht Franco Baresi.
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