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Alain spannt den Bogen„Leider macht die Philharmonie noch vielen Menschen Angst“

Alain spannt den Bogen / „Leider macht die Philharmonie noch vielen Menschen Angst“
Die Presse- und PR-Managerin Tiffany Saska Foto: Eric Engel

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Im Rahmen unserer Philharmonie-Backstage-Serie hat sich das Tageblatt diesmal mit der Presse- und PR-Managerin Tiffany Saska unterhalten.

Tageblatt: Tiffany Saska, was fällt denn alles unter den Arbeitsbereich Press and Public relations?

Tiffany Saska: Hauptsächlich arbeite ich im Bereich Presse, also alles, was Zeitungen, Rundfunk oder Fernsehen betrifft. Und das in gleich zwei Bereichen. Zum einen bin ich für die Pressearbeit der Philharmonie zuständig, zum anderen auch für die des Orchestre Philharmonique du Luxembourg und seinen momentanen Chefdirigenten Gustavo Gimeno. Dies gilt sowohl für die Konzerte hier in der Philharmonie wie auch für die Auslandstourneen des OPL. Hinzu kommt natürlich alles, was der jeweilige Journalist braucht: Pressematerial, Fotos, Interviewanfragen, Akkreditierungen. Es ist zudem sehr wichtig, auch einen lebendigen Kontakt zum Journalisten herzustellen und ihn als Partner zu betrachten. In gewissen Fällen sind wir es dann auch, die auf die Journalisten zugehen und sie einladen. Beispielsweise auf eine Tournee, damit sie miterleben können, dass eine Konzerttournee nicht nur Musik und Konzerte bedeutet, sondern dass da backstage sehr viel passiert und enorm intensiv gearbeitet wird.

Also einerseits reagieren und andererseits aktiv agieren.

Genau. Es ist sehr wichtig, auch offensiv die Interessen des OPL zu vertreten und somit aktiv auf Presse und Medien zuzugehen. Das geht dann von Pressekonferenzen über Marketing bis hin zu Social media und Mailing. Das ganze digitale Feld wird immer breiter und wichtiger. Wir sind auch in engem Kontakt mit den Projektleitern und dem Kartenverkauf. Wenn ein Konzert sich nicht so gut verkauft, dann müssen wir aktiv werden. Da haben wir dann verschiedene Optionen. Plakate, Flyer, Konzertankündigungen, Interviews im Vorfeld und natürlich das Internet, das uns ermöglicht, schnell, kurz und prägnant zu agieren. Meine Arbeit besteht aber eher in der reinen Pressearbeit, die dazu dient, die Konzerte über Rezensionen und Fotos, über Interviews und Berichte nach außen zu tragen. Und das gilt für alle Bereiche: Klassik, Jazz, World, Kinderproduktionen, das ganze Programm der Philharmonie soll so gut wie möglich medial abgedeckt werden. Auch ist Pressearbeit ein Job im Team. Interviewanfragen gebe ich gegebenenfalls oft an Serge Schonkert, den Verantwortlichen der digitalen Planung, oder an die jeweiligen Projektleiter weiter, die sich dann auch um den genauen Termin, die Zeitspanne und den Interview-Ort kümmern. Und dabei selbst präsent sind. Denn der Journalist wie auch der Künstler sollen nicht alleine gelassen werden, sondern einen direkten Ansprechpartner vor Ort haben.

Und solche Anfragen klappen sicher auch nicht auf Anhieb …

Nein, gute Kontakte sind dabei enorm wichtig und man braucht eine Menge Fingerspitzengefühl dazu. Man muss schon wissen, wie die verschiedenen Agenturen oder Manager ticken und wie man sie am besten erreicht. Oft ist es leichter, wenn ein Kollege von der Projektleitung das übernimmt, denn dieser weiß aus Erfahrung genau, wen er wann für welche Anfrage kontaktieren soll. Auch sind verschiedene Künstler sehr offen für Interviews, andere eben weniger. Wir können keine Wunder vollbringen. Wenn ein Konzert sich nicht so gut verkauft und der Künstler länger in Luxemburg weilt, dann können wir ihm auch raten, ein Interview zu geben, um auf sich und das Konzert aufmerksam zu machen. Aber es ist sehr individuell. Jeder Künstler hat da so seine Eigenarten. Es gibt Sängerinnen, die am Tag des Konzerts keine Interviews geben, andere haben keine Lust oder es einfach nicht mehr nötig, wieder andere werden komplett vom Management abgeschirmt oder oft ergibt sich ganz einfach kein Zeitfenster für ein Gespräch. Unser Chefdirigent Gustavo Gimeno ist dagegen sehr offen. Er gibt auch noch Interviews bis drei Minuten vor dem Konzert (lacht). Überhaupt versteht er sehr gut, wie wichtig mediale Kontakte und Öffentlichkeitsarbeit sind, und unterstützt uns darin, wo er nur kann.

Wohl auch, weil er einer jüngeren Generation angehört.

Ja, wir merken das sehr oft. Viele jüngere Künstler haben sehr wohl verstanden, dass das zum Business gehört. Deshalb war Gustavo Gimeno auch präsent, als wir die neuen Akademisten öffentlich vorgestellt haben, die wiederum selbst für Fragen offen waren. Dass Kommunikation enorm wichtig ist, das lernt man auch heute auf den Musikhochschulen. Und für das Publikum ist es ebenfalls sehr wichtig, dass sie einen Künstler fassen können. Allerdings gibt es auch noch immer Künstler, die ihre eigenen Macken haben, die nicht wollen, dass Journalisten im Publikum sind, die nicht wollen, dass Fotos von ihnen gemacht werden, und die sich jeder Kommunikation nach außen verschließen.

Wo sollen denn Presse und Medien ansetzen?

Ich denke, dass Vorberichte sehr interessant und wichtig sind. Der Luxemburger geht nicht gerne zu Konzerten, wo er die Künstler oder die Werke nicht kennt. Wenn er aber dann durch einen Artikel quasi bei der Hand genommen wird, dann überwindet er oft diese Hemmschwelle. Leider macht die Philharmonie noch vielen Menschen Angst. Da ist es dann sehr wichtig, dass gerade über die Medien versucht wird, die Menschen neugierig zu machen und ihnen zu vermitteln, dass diese Konzerte für jeden gedacht sind und dass es dabei keiner besonderen Vorbildung bedarf. Und in den Kritiken fließt ja dann auch das Persönliche, das Erlebte mit ein und zeigt indirekt, wie man Musik empfinden und begreifen kann. Und oft dienen gerade Kritiken dem Publikum auch als Diskussionsbasis. Überhaupt ist Musik ja nichts Festgelegtes und jeder empfindet sie anders. Das ist ja gerade das Schöne. Interviews sind auch sehr, sehr wichtig, da sie den Menschen hinter dem Künstler zeigen und ihn wie auch die Musik dem Leser zugänglicher machen.

Die Zeiten haben sich geändert. Früher himmelte man die Stars wie Herbert von Karajan an, sie waren für das Publikum unerreichbar und unnahbar, wirkliche Götter. Ähnlich verschiedene Sänger und Solisten. Heute will das Publikum das nicht mehr. Es will den Menschen sehen. Der Künstler soll nahbar und fassbar sein.

Wo beginnt denn Ihre Arbeit?

Meine Arbeit beginnt eigentlich relativ spät, meistens zwei Wochen vor dem Konzert. Wie steht es mit dem Verkauf, wo müssen wir ansetzen, damit die Leute auf das Konzert aufmerksam werden? Interviews müssen vorbereitet und beantragt werden. Darf vom Fernsehen gefilmt werden? Natürlich beginnt unsere Arbeit bei einer Tournee des OPL beispielsweise viel früher. Alles wird im Vorfeld geplant, damit auch die Journalisten genügend Zeit haben. Pressekonferenzen müssen präzise geplant werden, Fotografen müssen wissen, wann sie zum Einsatz kommen. Verschiedene Projekte müssen besonders eng betreut und unterstützt werden, weil sie wie unsere Rainy days ohnehin nur ein kleines Publikum ansprechen. Vieles muss aber auch relativ spontan und kurzfristig entschieden werden. Besonders bei Künstler-Interviews ist das der Fall. Flexibilität ist also angesagt. Und wissen Sie, am schönsten ist es, wenn alle Zahnräder ineinander greifen, wenn also alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Und das ist hier im Team der Philharmonie der Fall. Es ist einfach sehr wichtig, dass solch ein Haus hervorragend funktioniert. Und es ist einfach nur schön, zu sehen, wie gerne die Musiker hierherkommen. Wir haben vielleicht noch nicht die Geschichte einer Berliner Philharmonie oder eines Amstedamer Concertgebouw, aber wir haben sehr viele andere Stärken.