Auch wenn der Sommer weiter auf sich warten lässt, so steht die zweite Auflage des „Vëlosummer“ in den Startlöchern. Vom 31. Juli bis zum 29. August gilt auf zwölf Strecken: Vorfahrt Fahrrad! Die Erstaustragung 2020 war eine Folge des Radbooms während des Lockdowns. Tourismus- und Mobilitätsministerium hatten die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht und man stieß bei vielen Gemeindeverantwortlichen auf eine ablehnende Haltung zu einer konsequenten Sperrung der Straßen für den motorisierten Verkehr. Diese Haltung ist hierzulande scheinbar weit verbreitet in Anbetracht der abfälligen Kommentare unter Artikeln über neue Initiativen zugunsten einer dem 21. Jahrhundert angepassten Mobilitätspolitik. Das Auto ist und bleibt des Luxemburgers liebstes Kind.
Trotzdem kann der Siegeszug des Fahrrads nicht mehr aufgehalten werden. Das haben eine Reihe von Politikern inzwischen verstanden. Diese Woche werden gleich zwei neue Teilstücke des Radwegenetzes eingeweiht. Wichtiger als das ist aber, dass sich innerorts ein Umdenken breitmacht und dem Fahrrad mehr Platz eingeräumt wird. Noch ist nicht alles Gold, was glänzt, doch es bewegt sich in die richtige Richtung. Wie zum Beispiel in der Hauptstadt, wo sich die Aufregung über unbedarfte Aussagen zur Radinfrastruktur von Bürgermeisterin Lydie Polfer gelegt hat und ein gewisser Pragmatismus Einzug gehalten hat. Genau wie in Esch auch, wo die Verantwortlichen endlich eingesehen haben, dass nichts tun keine Lösung ist. In Düdelingen ist man schon einen Schritt weiter, während des „Vëlosummer“ zum Beispiel ist der Stadtkern autofrei.
Die drei Orte haben im Übrigen etwas gemeinsam: In ihnen haben sich Radaktivisten zu Gruppen formiert, die sich für eine sichere Infrastruktur einsetzen und so Druck auf die politischen Entscheidungsträger aufbauen. Das ist längst nicht immer von Erfolg gekrönt, zeigt aber immer öfter Wirkung. Mitunter wird sogar aus Fehlern gelernt. Nachdem zum Beispiel die Escher Gemeinde ihre (umstrittene) Ausweichroute für die mittlerweile ganz für den Radverkehr gesperrte Alzettestraße ausgerechnet durch eine mit Schlaglöchern zersetzte Straße eingezeichnet hatte, kam die Einsicht zwar spät, aber sie kam. Schnell wurde ein neuer Straßenbelag aufgetragen.
Auch beim „Vëlosummer“ haben die Verantwortlichen offensichtlich hinzugelernt. Die Strecken werden im Gegensatz zur Erstauflage markiert sein, gefährliche Passagen aus dem Vorjahr wurden gestrichen. Allerdings änderte man auch ein wenig das Konzept, um eine ähnlich ängstliche Haltung vieler Gemeinden wie im Vorjahr zu vermeiden. Es werden weniger Straßen für den motorisierten Verkehr gesperrt, dafür aber verstärkt das existierende Radwegenetz in die Touren einbezogen. Und so machen nun 65 Kommunen gegenüber 18 im Vorjahr mit.
Der „Vëlosummer 2021“ ist also ein Kompromiss im Dienst der Sache. Wahrscheinlich braucht es eben solche Kompromisse, um hierzulande bei der Verkehrsinfrastruktur und der Kohabitation zwischen Auto und Rad weiterzukommen. 2020 starben in Luxemburg bei Unfällen drei Radfahrer. Zwischen 2016 und 2018 waren es insgesamt vier. Zwar waren 2020 wesentlich mehr Fahrradfahrer unterwegs, dafür aber wegen der Lockdowns auch weniger Autos. Letzten Endes geht es um die Sicherheit aller. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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