Finanzministerin Yuriko Backes (DP) hat am Mittwoch das Budget in der Chamber vorgestellt. „Ein Krisenbudget für Krisenzeiten“, sagte Backes im Plenum des Luxemburger Parlamentes. Erwartungsgemäß teilten die Mehrheitsparteien diese Einschätzung nach der Vorstellung im Parlament vor den Pressevertretern – während die Oppositionsparteien vor allem Kritik am Zahlenwerk der Ministerin übten.
Der CSV-Ko-Fraktionsvorsitzende Gilles Roth hatte eine klare Meinung zum vorgelegten Budget von Finanzministerin Yuriko Backes (DP). „Das Budget entspricht nicht den Sorgen der Menschen“, sagte Roth. „Den Menschen wird immer mehr Geld aus der Tasche gezogen – dabei müssten sie gerade jetzt steuerlich entlastet werden.“ Insbesondere in Zeiten, in denen die Kaufkraft schwinde, die Zinsen stiegen und hohe Lebensmittelkosten und Spritpreise noch hinzukämen. Konkret kritisierte der CSV-Politiker auch die geplanten Ausgaben der Regierung. „Die Regierung plant mit einem Defizit von 2,8 Milliarden Euro beim Zentralstaat.“ Das, obwohl die Regierung mit Einnahmen von 900 Millionen Euro bei der Lohnsteuer rechneten – „das sind 15,7 Millionen Euro mehr als noch im vergangenen Jahr“, meinte Roth.
„Wir fordern eine Anpassung der Steuertabelle an die Inflation“, sagte Roth. Der Einstiegsbetrag in der Steuertabelle solle laut CSV auf 15.000 Euro erhöht werden, der steuerfreie Einkommensbetrag für die Steuerklasse 1A bei 30.000 liegen. Auch würde die CSV eine weitere Steuertranche in Höhe von 45 Prozent für Großverdiener mit einem jährlichen Einkommen von 500.000 Euro einführen. „Das würde unseren Berechnungen zufolge 600 Millionen Euro kosten – verrechnet mit der Lohnsteuer hätte man dann noch immer einen Überschuss von 300 Millionen Euro zu verzeichnen“, so Roth.
Notwendige Investitionen
Der LSAP-Fraktionsvorsitzende Yves Cruchten will das Budget erst noch genauer untersuchen, bevor er ein abschließendes Urteil fällt. „Es ist aber definitiv zu begrüßen, dass trotz der angespannten Finanzsituation viele Investitionen getätigt werden“, sagte Cruchten. „Es wäre falsch, in dieser Situation zu sparen.“ Dass die Oppositionsparteien die fehlende Steuerreform kritisieren, könne er nicht ganz nachvollziehen. „Es sind immerhin zehn Steuermaßnahmen vorgestellt worden – darunter nicht wenige, die wir als LSAP gefordert haben“, sagte Cruchten. Dazu gehörten unter anderem der Steuerkredit für Alleinerziehende, die Reform des „amortissement accéléré“ oder die Mehrwertsteuersenkung auf Fotovoltaikanlagen. Auch die Grundsteuer- und Spekulationssteuer, die bereits letzte Woche vorgestellt wurden, zählten da hinzu. „Die Lohnsteuerreform als großer Wurf bleibt aus“, gab Cruchten indessen zu. „Jedoch haben wir eine Motion gestimmt, in der wir die Regierung dazu auffordern, weiter daran zu arbeiten.“
Die Kritik am ansteigenden Luxemburger Schuldenstand wollte Cruchten nicht unkommentiert lassen. „Wenn wir uns die Krisen der vergangenen Jahre anschauen, erst Covid und dann die Inflation, mussten wir einfach das Geld in die Hand nehmen“, sagte der LSAP-Fraktionsvorsitzende. Es sei normal, dass in solchen Situation der Schuldenberg anwachse – vor allem bei dem hohen Investitionsniveau, wie es derzeit vorgeschlagen werde. „Ich sehe da aber kein Problem“, meinte Yves Cruchten.
Optimismus wird zur Schönmalerei
Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement hatte sich vor der Budgetvorstellung noch „vorsichtig optimistisch“ gezeigt. Diese Hoffnungen hätten sich mit der „Schönmalerei“ der Finanzministerin aber schnell wieder zerstäubt, meinte Clement gegenüber dem Tageblatt. „Die Regierung muss mir erklären, wie sie im kommenden Jahr mit zehn Prozent mehr Einnahmen rechnet als dieses Jahr, wenn wir die Abrechnung dieses Jahres noch nicht genau kennen“, sagte Clement. „Ich befürchte, dass hier bewusst Zahlen verdreht werden, um das Defizit kleinzurechnen.“ Schlüsselelemente aus der Rede zur Lage der Nation wie beispielsweise die Vorfinanzierung der Fotovoltaikanlagen würden im vorliegenden Budgetvorschlag gar nicht erst auftauchen. „Das könnte also ein leeres Versprechen bleiben“, so Clement.
„Die Steuerreform ist natürlich auch jetzt wieder in der Diskussion“, sagte hingegen Josée Lorsché. Es gehe aber erst mal darum, die Krise zu bewältigen. „Eine Krise mit einer Inflation, wie wir sie seit 40 Jahren nicht mehr hatten“, sagte die Grünen Fraktionsvorsitzende gegenüber dem Tageblatt. „Jetzt gilt es, Maßnahmen zu ergreifen, die den sozialen Frieden in Luxemburg sichern, die Unternehmen bei der Energietransition unterstützen und sie vor dem Bankrott bewahren.“ Das heiße jedoch nicht, dass man langfristig nicht doch eine Reform anstreben solle. „Die Steuerreform muss kommen – jedoch nicht in dieser akuten Krisenphase.“
Hohes Investitionsniveau
Lorsché zeigte sich hingegen erfreut, dass die Investitionen auf einem hohen Niveau bleiben werden, besonders „bei Infrastrukturprojekten im Wohnungsbau und in der Energietransition“. Man habe die Lehren aus der Vergangenheit gezogen, als zu viel auf fossile Brennträger gesetzt worden sei. „Das Budget liefert in dieser Hinsicht auch die Antwort“, sagte die Grünen-Politikerin. Ein grüner Stempel sei klar zu erkennen. Im Bereich der erneuerbaren Energien entstehe so langsam ein richtiges Bewusstsein – gepaart mit dem Bewusstsein, dass man lange einem Trugschluss erlegen habe. „Das ist uns jetzt knallhart bewusst geworden.“
Hohe Verschuldung
Für Fernand Kartheiser von der ADR beinhaltete die Vorstellung des Budgets vor allem eins: „Finanzministerin Yuriko Backes hat das Budget so dargestellt, als würde die Regierung die Verschuldung bremsen.“ Dem sei aber nicht so, auch wenn sich die ADR nicht für eine Austeritätspolitik einsetzen wolle. „Man kann auch sparen, ohne eine Austeritätspolitik zu betreiben.“ Kartheiser wiederholte dann auch die Kritik vom Dienstag nach der Rede zur Lage der Nation. „Die nächste Regierung wird keinen Spielraum mehr haben.“
Im Gegensatz dazu begrüße die ADR die Hilfen für Unternehmen, damit die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibe. Die Maßnahmen im Wohnungsbau seien jedoch kontraproduktiv. „Die Grundsteuer, die Mobilisierungssteuer – all diese Maßnahmen bremsen die Investitionen in den Wohnungsbau“, sagte Kartheiser. Dadurch würde noch weniger gebaut und eine solch „unsinnige Politik“ könne man nicht als „Fortschritt“ bezeichnen. „Jeder Ökonom erkennt, dass das eine Sackgasse ist.“
Pluspunkte ohne Langzeitvision
Die Linken-Abgeordnete Nathalie Oberweis kann dem vorgelegten Staatshaushalt ebenfalls einige Pluspunkte abgewinnen. „Wir freuen uns über das hohe Investitionsniveau“, sagte Oberweis. Andererseits sieht Oberweis in der Haushaltsvorlage ein „Krisenbudget ohne Langzeitvision“. „Durch das vorgelegte Budget wird unsere Gesellschaft nicht resilienter gegenüber anderen Krisen“, so Oberweis. „Es ist zu kurzfristig angedacht und bietet kein Gesellschaftsmodell an, das uns krisenfester macht.“
Mittlerweile werde ja nicht mehr von Krise, sondern von einer „Permakrise“ geredet, führte die Linken-Parlamentarierin weiter aus. „Es wurde aber nie eine Ursachenanalyse gemacht, warum wir überhaupt in diese Krisen hineingeschlittert sind“, meinte Oberweis. Und: „Ungerechtigkeiten und Armut spielen überhaupt keine Rolle in dem Budget.“ Das liege wohl daran, dass es eine klassische DP-Rede wie aus dem 18. Jahrhundert gewesen sei, als noch Almosen verteilt wurden, anstatt strukturelle Änderungen anzustreben.
Steuerreform: Kurzfristig kein Thema
Der DP-Abgeordnete und Berichterstatter des Haushaltsgesetzes Max Hahn war ganz anderer Meinung. „Der Staatshaushalt charakterisiert sich durch die zahlreichen Krisen: Energieknappheit, Inflation, Krieg in der Ukraine“, sagte Hahn. Es gehe nun in erster Linie darum, den Menschen und Unternehmen unter die Arme zu greifen. Die niedrige Arbeitslosenrate in Luxemburg zu erhalten, sei nur eine Priorität von vielen. „Es ist falsch, in Momenten der Krise eine Austeritätspolitik zu betreiben – jedoch sind Reformen mit über Jahre laufenden Ausgaben fehl am Platz“, meinte Hahn zur nicht stattfindenden Steuerreform. Es sei der falsche Zeitpunkt, auch wenn die DP daran festhalte. „Es ist wichtig, dass wir das Triple A nicht verlieren – und deshalb auf unseren Schuldenstand achten, damit wir diesen Status nicht verlieren und unser Sozialmodell nicht mehr finanzieren können.“
Auch deswegen wolle man 3,8 Milliarden Euro investieren – ein noch nie dagewesenes Investitionsniveau, wie der DP-Politiker meinte. „Diese Gelder fließen hauptsächlich in Luxemburgs größte Baustellen“, sagte Hahn. „Deshalb werden wir in den Kampf gegen den Klimawandel und die Digitalisierung in Luxemburg investieren, um das Land auf die Zukunft vorzubereiten.“ Auch die Investitionen von einer halben Milliarde Euro in den Wohnungsbau seien wegweisend.
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