Als „wichtigen Meilenstein für ein sicheres Internet“ bezeichnet Franz Fayot am Montag das Gesetzesprojekt Digital Services Act (DSA), das letzte Woche grünes Licht vom Regierungsrat erhalten hat. Ziel des Texts sei es, „uns und unsere Demokratie vor illegalen Inhalten zu schützen, die uns in Gefahr bringen“, so der Minister. „Wie es auch in der reellen Welt der Fall ist.“ Das neue Luxemburger Gesetz basiert auf Vorgaben aus Brüssel.
Eine ganze Reihe Regeln für Internet-Plattformen, die Inhalte von Drittanbietern veröffentlichen, werden nun mit dem neuen Gesetz eingeführt. Zum Beispiel müssen die Betreiber von Plattformen den Nutzern künftig die Möglichkeit bieten, illegale Posts oder Produkte zu melden. Zudem müssen sie dem Nutzer danach, innerhalb einer „vernünftigen Zeitspanne“, mit einer Begründung mitteilen, ob der betreffende Inhalt gelöscht wurde oder nicht. Auch müssen die Plattformen künftig mehr Transparenz zeigen: Der Nutzer soll verstehen können, warum er welche Werbung/Empfehlungen angezeigt bekommt. Zudem muss Werbung als solche erkennbar sein. Gezielte Werbung für Minderjährige wird verboten.
Hauptziel des DSA ist es, das Internet für alle sicherer zu machen, und zwar auf europäischer Ebene und in harmonisierter Form in allen 27 Mitgliedstaaten. So legt das DSA die Verantwortlichkeiten der Plattformen fest, um illegale Inhalte wie den Verkauf gefährlicher Produkte, Hassbotschaften oder das Teilen von terroristischen Inhalten zu verhindern und gegebenenfalls schnellstmöglich zu entfernen.
Besonders strenge Regeln für die Großen
Betroffen vom DSA sind Internet-Giganten wie Amazon, Microsoft und Google, aber auch kleinere Anbieter, etwa regionale soziale Netzwerke, Anbieter von Immobilienanzeigen oder etwa Shopping-Plattformen wie Letzshop. Das Wirtschaftsministerium schätzt, dass hierzulande etwa 240 Plattformen unter das neue Gesetz fallen. Firmen, die eigene Produkte über die eigene Webseite vertreiben, sind nicht von dem Gesetz betroffen – sie tragen bereits heute die Verantwortung für ihre Inhalte.
Gilt noch zu bemerken, dass für sehr große Plattformen (aktuell 19 Betreiber mit mehr als 45 Millionen Nutzern) strengere Regeln gelten werden als für kleinere. Größere müssen beispielsweise einen Jahresbericht über getroffenen Maßnahmen anfertigen. Zudem gelten die Regeln für sie bereits ab dem 25. August 2023, für die kleinen jedoch erst ab Februar 2024. Die Großen werden direkt von der EU-Kommission überwacht, die kleineren von nationalen Behörden.
Der nun ins Luxemburger Recht umgesetzte Digital Services Act (DSA) kommt zu dem bereits bestehenden Digital Market Act (DMA) hinzu. Der DSA zielt eher auf gesellschaftliche Aspekte ab, während beim DMA wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund stehen. „Es geht um den Schutz des Verbrauchers vor missbräuchlichen Praktiken“, so der Minister. Praktiken, die als wettbewerbswidrig gelten, werden vom DMA untersagt.
Letzterer sieht vor, dass große Plattformen (vor allem zum Schutz kleinerer Unternehmen) keine Bevorzugung ihrer eigenen Produkte mehr vornehmen dürfen. Über App-Stores müssen auch Produkte anderer Anbieter vertrieben werden können. Außerdem dürfen die Plattformen persönliche Daten nicht mit anderen Daten ihrer eigenen Dienste abgleichen und einen Anbieter nicht mehr dazu zwingen, den niedrigsten Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung auf ihrer Plattform anzubieten. Für die Einhaltung dieser Regeln, die bereits seit März gelten, ist die EU-Kommission zuständig.
Wettbewerbshüter sind zuständig
Das komplette Regelwerk ist nicht ganz neu. Es basiert auf der älteren E-Commerce-Direktive. Es sei jedoch notwendig gewesen, diese an die heutige Zeit anzupassen, Regeln und Definitionen zu präzisieren, so Fayot.
Damit die neuen DSA-Regeln künftig auch umgesetzt werden, muss jedes Land eine Behörde nennen, die für den Bereich zuständig sein wird. In Luxemburg werden das die Wettbewerbshüter „Autorité de la concurrence“ sein. Künftig weiß somit jeder Internetnutzer, wo er sich im Falle einer Nicht-Einhaltung der neuen Regeln durch die Plattformbetreiber hinwenden kann. „Die haben bereits Erfahrung mit ähnlichen Missionen, etwa Untersuchungen zu marktmissbrauchenden Handlungen“, so Franz Fayot am Montag. Für Aufregung gesorgt hatte beispielsweise ihr rezenter Bericht über den Bausektor, in dem die Behörde die Frage aufgeworfen hatte, ob die Gehälter im Bauwesen durch eine Absprache absichtlich niedrig gehalten werden.
Die Behörde soll dabei kein zahnloser Tiger werden. Als Sanktion kann sie bei Nicht-Einhaltung der Regeln Strafen in Höhe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes der Plattform aussprechen.
Unterstützt werden sollen die Luxemburger Wettbewerbshüter durch ein koordinierendes Gremium, in dem unter anderem auch Polizei und Datenschutzbehörden vertreten sein werden. So soll jeder für seinen Bereich zuständig bleiben: für illegale Inhalte (bspw. Aufruf zur Gewalt, Pädophilie oder Terrorismus) die Polizei, für Zulassung, Sicherheit und Qualität von Produkten und Dienstleistungen die Ilnas, für persönliche Daten die Datenschutzbehörde.
Europa als weltweiter Vorreiter
Mit dem Regelwerk zur Regulierung von digitalen Dienstleistungen werde die Europäischen Union (EU) nun zu einem Vorreiter von einem „wertebasierten Internet“, so der Minister weiter. Europaweit sollen die gleichen harmonisierten Regeln und hohen Standards gelten. Ähnlich wie bereits mit den europäischen Regeln zum Schutz persönlicher Daten oder den europäischen Regeln zum Kampf gegen den Klimawandel werde die Staatengemeinschaft so neue weltweite Maßstäbe setzen, ist er überzeugt. Gelten werden dabei europäische Gesetze und Werte. „Es soll nach unseren Regeln gespielt werden“, so der Minister.
Einer der potenziell größten Betroffenen der neuen Regeln ist nicht begeistert vom Vorstoß der EU-Kommission. Amazon, der mittlerweile zweitgrößte private Arbeitgeber des Landes, hat bereits Klage gegen die strengere Regulierung durch den Digital Services Act eingereicht. Ein Urteil des Gerichts gibt es noch nicht.
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