Die Bürger der Gemeinde Bissen wissen seit Monaten nicht, wie es an der Spitze ihres Gemeinderats weitergehen soll. Wir berichteten mehrfach über die Angelegenheiten, die zu heftigen Unstimmigkeiten sowohl im Schöffenrat als auch im Gemeinderat führten. Zwei Partei-Austritte sorgten anschließend dafür, dass die CSV ihre Mehrheit im Gemeinderat verlor. Seit Juli steht die Frage im Raum, ob der CSV-Schöffenrat nun „en bloc“ demissionieren wird oder es auf einen Misstrauensantrag ankommen lässt.
Offiziell begannen die Unstimmigkeiten beim definitiven Votum zur Änderung des Bebauungsplans „auf Busbierg“. Dort hat ein Bauträger namens „London Bridge“ ein rund 35 Hektar großes Areal gekauft. Auf diesem Gelände am Rande der Gemeinde Bissen Richtung Colmar-Berg will der Käufer ein großes Datenzentrum errichten. Obschon der Name auf keinem der offiziellen Papiere steht, soll es sich beim späteren Betreiber um den Internetgiganten Google handeln.
Seitdem diese Pläne bekannt sind, wollen die Bürger der Gemeinde Bissen, und nicht nur sie, Einzelheiten unter anderem zur Größenordnung dieses Projekts wissen. Doch sowohl das zuständige Ministerium als auch die Gemeindeführung hüllten sich in Schweigen, was natürlich die Gerüchteküche befeuerte.
Im Rahmen der oben genannten Abstimmung enthielten sich die fünf Oppositionsräte von „Är Leit“ ihrer Stimmen. Bereits beim provisorischen Votum zu dieser Änderung des Bebauungsplans (PAG) hatten sie angekündigt, dass sie in der zweiten Phase lediglich dann dafür stimmen würden, sollten in der Zwischenzeit genauere Informationen zum Projekt vorliegen. Das war aber nicht der Fall. Damit lag das Dossier ganz in den Händen der sechs CSV-Ratsmitglieder. Zur Überraschung vieler hatten zwei CSV-Räte mit dem Fraktionszwang nichts am Hut. Cindy Barros und Christian Hoscheid gaben ihre Gegenstimme ab und so wurde die PAG-Umänderung mit lediglich vier Stimmen für gut befunden.
„Nicht das erste Mal“
Wenige Stunden später gaben sowohl Bürgermeister Jos Schummer als auch Rätin Cindy Barros ihren Rücktritt aus der CSV bekannt. „Ich will mit dieser Partei nichts mehr zu tun haben“, sagte Schummer an jenem Tag gegenüber dem Tageblatt (siehe Ausgabe vom 26. Juni, Seite 16). „Ich finde es nicht normal, dass zwei Räte aus den eigenen CSV-Reihen gegen den Schöffenrat stimmten, ebenso wenig schätze ich das Vorgehen der Parteispitze, die bis dato kein einziges Wort mit mir über das Projekt Datencenter gesprochen hat.“
Im Nachhinein gab Schummer zudem zu verstehen, dass es nicht das erste Mal war, dass es in den Reihen der lokalen CSV-Fraktion Unstimmigkeiten gab.
Damit war die sechsköpfige Mehrheit der CSV Geschichte. Sowohl Schummer als auch Barros gaben an, dass sie künftig als politisch Unabhängige am Ratstisch sitzen werden, machten aber gleichzeitig keinen Hehl daraus, dass sie bereits Gespräche zwecks Zusammenarbeit mit der Fraktion der „Är Leit“ geführt hätten.
Die Fakten sprechen seitdem dafür, dass es einen kompletten Wechsel im Schöffenrat geben muss. Bürgermeister Schummer sieht das, laut eigenen Aussagen, auch so. Seit nunmehr zwei Monaten soll er dementsprechende Gespräche mit den beiden CSV-Schöffen Clement und Mulbach führen. Anfangs war ein Zusammenkommen des Schöffenrates sehr schwierig, bedingt dadurch, dass Bürgermeister Schummer in der letzten Gemeinderatssitzung seinen beiden Schöffen dermaßen in den Rücken gefallen war, dass keiner mehr von dem anderen etwas wissen wollte. Dann kam noch die Ferienzeit hinzu, die mit sich brachte, dass erst an diesem Mittwoch die beiden Schöffen und der Bürgermeister wieder zu Lande waren und sich zusammensetzen konnten.
Auf die lange Bank geschoben
Wer aber nun eine Entscheidung in Sachen Demission des Schöffenrates erwartet hatte, wurde einmal mehr enttäuscht. Bürgermeister Jos Schummer hatte den beiden CSV-Schöffen den Vorschlag unterbreitet, dass man zusammen als Führungsgremium der Gemeinde demissionieren sollte, da man ja keine Mehrheit mehr im Gemeinderat habe. Nach langatmigen Diskussionen gaben die beiden Schöffen aber zu verstehen, dass sie keine diesbezügliche Entscheidung treffen wollen, bevor ihre Fraktionskollegin, Rätin Kraus-Fagny, aus den Ferien zurück sei.
Nach der Sitzung wichen die beiden CSV-Leute der wartenden Presse aus, allein Bürgermeister Schummer stellte sich den Fragen der Journalisten. „Ich kann nur sagen, der Ball liegt nun bei den beiden Schöffen und bei der CSV. Ich habe einen Rücktritt des kompletten Schöffenrates vorgeschlagen, mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht tun.“
Auf unsere Frage, wie es denn im digitalen Zeitalter zu verstehen sei, dass man auf die Rückkehr einer Fraktionskollegin aus dem Urlaub warten müsse, bevor man eine Entscheidung treffen könne, zumal jeder wisse, dass die CSV bereits vor der Urlaubsfahrt der Rätin Kraus-Fagny die Köpfe zusammengesteckt habe, sagte der Bürgermeister: „Das möchte ich nicht kommentieren, da kann sich jeder seinen eigenen Reim drauf machen.“
Es hat den Anschein, als ob die lokale CSV-Sektion aus ihrer hauptstädtischen Parteizentrale dazu angehalten worden sei, die ganze Sache auf die lange Bank zu schieben und es somit auf einen Misstrauensantrag beim Votum des nächsten Gemeindebudgets im Dezember ankommen zu lassen.
Oppositionssprecher David Viaggi („Är Leit“) kann die Vorgehensweise der CSV absolut nicht nachvollziehen. „Hier geht es nicht mehr um das Wohl der Gemeinde, sondern nur mehr um persönliche Interessen und um den falschen Stolz einer CSV-Partei. Es ist ein wahres Trauerspiel!“
"Neben dem lokalen CSV-Theater – einem Trauerspiel in mehreren, scheinbar unendlichen Akten"
Haben Sie schon jemals die CSV in einer Komödie gesehen?
Herrn Infalt gilt mein persönlicher Respekt für dessen engagierte Berichterstattung zu einem Topic der besonderen Art. Neben dem lokalen CSV-Theater - einem Trauerspiel in mehreren, scheinbar unendlichen Akten - sollten andere sich jedenfalls ebenfalls mit Vorwürfen tunlichst zurückhalten, besonders dann, wenn man sich als größte Oppositionsgruppierung beim Votum geschlossen der Stimme enthält und somit einer lokalen Bürgerinitiative in den Rücken zu fallen sich erdreistet. Zwei Mehrheitsräte hatten in dem Sinne zumindest die persönliche Courage und die Konsequenz, sich mittels entsprechendem Abstimmungsverhalten deutlich gegen dieses megalomane Projekt eines Datenzentrums auf bestem Ackerland (das ansonsten dringend zu dessen eigentlichem Zweck gebraucht wird) auszusprechen. Diese Aktion einer (auf den ersten Blick) konzertierten Feigheit einer Oppositionsgruppierung hat vielleicht doch noch ein erklärtes Ziel: die lokale Macht in der Gemeinde selbst zu übernehmen und entsprechend parteipolitischer Vorgaben eines (vermeintlich) absolut wichtigen (Prestige-) Projektes von nationalem Interesse dann doch durchzuziehen.
Wie nennt man so etwas?
Ein Schelm, wer dabei Böses denkt....