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Lust zu lesenIn bester Gesellschaft

Lust zu lesen / In bester Gesellschaft
Philippe Sands Foto: Antonio Zazueta Olmos

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Viel und begeistert wurde in den letzten Wochen über „Die Rattenlinie“ berichtet, dem neuesten Buch des britischen Historikers Philippe Sands über den mysteriösen Tod eines Nazi-Verbrechers Ende der 1940er Jahre in Rom – und das völlig zu Recht, meint zumindest unser Autor Thomas Koppenhagen.

Am 9. Juni 1949 wird ein Mann, der sich Alfredo Reinhard nennt, mit Vergiftungserscheinungen in das katholische Hospital „Santo Spirito“ eingeliefert und stirbt dort vier Tage später im Beisein des Bischofs Alois Hubal. Dem ist längst bekannt, dass es sich bei dem Verstorbenen um einen der meist gesuchtesten Nazi-Verbrecher der Nachkriegszeit handelt: der Österreicher Otto Wächter, oder auch Otto von Wächter, Nationalsozialist der ersten Stunde, seit November 1939 als Gouverneur für den von Hitlers Truppen eroberten Distrikt Krakau und ab 1942 im besetzten Galizien für die Erfassung und Deportation hunderttausender Juden verantwortlich.

Fast vier Jahre hatte er sich in den Alpen vor seinen Häschern verstecken können, wobei ihm seine Ehefrau Charlotte tatkräftig mit Lebensmitteln und Kleidung zur Seite stand. Aus Angst, doch noch eingefangen zu werden und des schweren Lebens in den Bergen überdrüssig, reiste Wächter im Mai 1949 in der Hoffnung nach Italien, über die sogenannte durch den Vatikan eingerichtete „Rattenlinie“ wie viele andere Nazis auch nach Südamerika entwischen zu können. Während eines Besuchs bei einem „alten Kameraden“ vor den Toren Roms kam es zu jener Erkrankung, von der Bischof Hubal 1953 behaupten wird, dass es sich um eine absichtlich herbeigeführte Vergiftung – also Mord – gehandelt habe.

Vexierspiel mit alten Nazis und neuen Beweisen

Während seiner Recherche zu der massenhaften Ermordung von Juden während der Nazi-Terrorherrschaft im Zweiten Weltkrieg in Galizien wurde Philippe Sands auf Horst Wächter, einen der Söhne Otto Wächters, aufmerksam und begann mit diesem eine über Jahre andauernde Kontaktpflege. Mindestens die Hälfte von Sands Buch „Die Rattenlinie“ behandelt genau diese Bekanntschaft und ist, neben der durchaus spannenden Frage, ob Otto Wächter 1949 tatsächlich einem Anschlag zum Opfer fiel, ein wahres Geschenk zumindest für jenen Teil der Leserschaft, der aus der Uneinsichtigkeit von Nachkommen verstorbener Nazi-Größen einen Erkenntnisgewinn ziehen kann. Nicht, dass Horst noch immer der Rassenideologie seiner Eltern anhängen würde – weit gefehlt. Stattdessen: Ausflüchte ins Klein-Klein von Sachlagen, die dank der aus dem Weg geräumten Zeugen und Dokumente nur noch schwer nachweisbar sind. Nein, meint Horst, sein Vater war ein anständiger Mensch, er war mit der Zivilverwaltung befasst und konnte die Judenverfolgung nicht verhindern, hat sogar versucht, Leben zu retten, wo es ihm möglich war.

Man ahnt, was für eine ungeheuerliche Anmutung dieses Gerede für Philippe Sands gewesen sein muss, der beinahe seine gesamte Familie mütterlicherseits im Holocaust verloren hat. Doch es hilft nichts, denn es sind doch noch Fotos aufgetaucht, die Otto Wächter während der Erschießung von Geiseln in einem Wäldchen nahe Lemberg/Lwiw zeigen, mit herrischem Gestus und im schwarzen Ledermantel der SS, was die Diskrepanz zu den vor Kälte und Angst zitternden Opfern selbst für Horst, der zeitlebens der Agent seiner abgöttisch geliebten Mutter geblieben ist, unüberbrückbar macht. In solchen seltenen Momenten realisiert man, welche Dimensionen an Schicksal sich hinter einem Begriff wie „Totalitarismus“ verbergen. Dennoch gilt es, Unterscheidungen aufrechtzuerhalten. Denn es gab die Opfer – ganz und gar, ohne Wenn und Aber. Und es gab die Täter, wie Otto Wächter einer war, auch wenn sein Sohn dies bis an den Rand des Irrsinns versucht, aus der Welt zu argumentieren. Ob der Vater tatsächlich vergiftet wurde? Gut möglich, dass er im Auftrag des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA getötet wurde, ohne den im Übrigen die Einrichtung der Rattenlinie überhaupt nicht möglich gewesen wäre.

Philippe Sands

„Die Rattenlinie. Ein Nazi auf der Flucht“. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2020. 544 S., 25 €

J.Scholer
17. Januar 2021 - 11.46

Die Täter , Mörder wurden entnazifiziert , zu guten Bürgern eines aufstrebenden Europas , des Wirtschaftswunders und heute in aller Scheinheiligkeit schleppt man alte Greise die krank oder der Demenz verfallen sind vor Gericht . Eines der größten Verbrechen des Zweiten Weltkrieges , die Sieger zu Mitwisser wurden ,die Täter, Mitläufer nie abgeurteilt wurden . Tausende konnten so ihre Ideologie weiterverbreiten , Geschichtsfälschung betreiben und dann tun wir, unsere Politik heute so betroffen der Nationalsozialismus noch immer Gefolgsleute findet. Luxemburg ist keine Ausnahme, man jenen Kämpfern die im Zuge der Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges im Spanischen Bürgerkrieg sich gegen den Faschismus auflehnten.Die die wohl gegen das Anbringen einer Plakette zur Erinnerung „ un der gellen Fra sin“, haben wohl vergessen , schon damals Hitler mit der Legion Condor involviert war , ohne Hitlers Hilfe der Faschismus in Spanien nicht gesiegt hätte. „ Och Letzebuerg huet nach vill Laichen am Keller vun der Geschicht, des Laichen wuel net all Patrioten woren an duerno d‘Geschicht schéin geschwat hun. „.