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Editorial„I won the election!“ – Warum die CDU noch nicht abgeschrieben ist

Editorial / „I won the election!“ – Warum die CDU noch nicht abgeschrieben ist
Never give up: CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet bei einer Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen der Partei nach der Bundestagswahl 2021 im Konrad-Adenauer-Haus Foto: dpa/Michael Kappeler

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Ende 2020 spielte sich in den USA ein unwürdiges Schauspiel ab. Der Demokrat Joe Biden war als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorgegangen – aber Amtsinhaber Donald Trump wollte das nicht akzeptieren. Der Republikaner erkannte das vielerorts knappe, aber dennoch eindeutige Ergebnis einfach nicht an, sagte, die Wahl sei manipuliert. Deshalb oder trotzdem, man kann diese Irrationalität nicht gut in Worte fassen, erklärte er sich wieder und wieder selbst zum Gewinner. „I WON THE ELECTION!“, so einer von Trumps irren Tweets ein paar Wochen nach dem Wahlgang, natürlich standesgemäß in Versalien herausgebrüllt, als ob der Inhalt dann wahrer wäre.

Auch in Deutschland will einer der Kanzlerkandidaten nicht wahrhaben, dass seine Partei „abgewählt“ wurde. Tatsächlich gibt es Stimmen, die das Verhalten des CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet nach der Bundestagswahl mit dem Trumps vergleichen. „Armin Laschet: Der deutsche Trump? Rücktritt des Kanzlerkandidaten gefordert“, titelt etwa das Boulevard-Portal news.de. Oder: „Auf Trump-Ebene: Warum hat Laschet immer noch nicht Scholz zum Sieg gratuliert?“, wie sich Focus Online fragte. 

Das sind keine legitimen Vergleiche. Ja, die CDU hat bei den Wahlen Stimmen verloren und die SPD viele hinzugewonnen. Ja, die CDU hat weniger Sitze im Parlament als die SPD. Aber in Deutschland wie in Luxemburg werden die Regierungschefs nicht direkt gewählt – sondern von den Fraktionen im Parlament. Die Luxemburger und insbesondere die Luxemburger Christsozialen wissen das: Obwohl die CSV seit Anbeginn der Zeiten stärkste Kraft in der Chamber ist – und auch nach den vergangenen Wahlen die größte Fraktion stellt –, muss sie sich, sehr zum Unmut von Claude Wiseler, seit fast acht Jahren mit der Oppositionsbank begnügen.

Das Parteiensystem wird vor allem vom Wahlsystem definiert. Die (personalisierte) Verhältniswahl macht den Weg für das deutsche Mehrparteiensystem und den vielfarbigen Bundestag erst frei. Es ermöglicht die Teilhabe möglichst vieler gesellschaftlicher Strömungen an der Macht. Es gilt zwar als instabiler, weil ein Partner theoretisch jederzeit den Koalitionsvertrag aufkündigen kann. Dafür kann es potenziell die Alleinherrschaft einer einzigen Partei verhindern. Ein ziemlich guter Grund dafür, dass gerade Deutschland auf dieses System setzt.

Warum sollte Armin Laschet also die Flinte ins Korn werfen? Die CDU-internen Querelen, das permanente Platzieren der „Wahlniederlage“ in der Debatte, die Rücktrittsforderungen – alles Makulatur. Kann sich Laschet an der Parteispitze halten, stehen seine Chancen, doch noch Kanzler zu werden, nicht so viel schlechter als die von SPD-Mann Olaf Scholz. Es kommt auf Verhandlungsgeschick und den Willen der Königsmacher Grüne und FDP an. Die werden sowohl von Laschet als auch von Scholz gebraucht, um an die Macht zu kommen. 

Das ist keine neue Situation in Deutschland. Die Liberalen hatten lange Zeit ein Dauerabo auf die Rolle des „Züngleins an der Waage“ und nutzten das auch aus. 1969 wechselten sie das Lager und beförderten nach Jahrzehnten als Juniorpartner der CDU den SPDler Willy Brandt ins Kanzleramt. Die Union hatte bei den Wahlen damals übrigens ihr drittbestes Ergebnis seit dem Krieg eingefahren – und als stärkste Kraft 3,4 Prozent mehr Stimmen als die SPD eingeheimst.

Aber am Ende könnte die ganze Selfie-triefende Selbstbewusstseins-Show von FDP und Grünen sowieso für die Katz gewesen sein: Dann, wenn es Scholz und Laschet sprichwörtlich „zu bunt“ wird – und sie einfach miteinander koalieren. 

de spëtzbouf
13. Oktober 2021 - 10.23

@JC. Kemp. Haben Sie etwa Symptome?

Blanchet
5. Oktober 2021 - 21.10

Warum?
Die Alten sind noch nicht alle tot aber es bessert sich.

Sepp
5. Oktober 2021 - 0.05

Es gibt leider keine Partei die momentan die untere bis mittlere Mittelschicht vertritt. LSAP und Linke kümmern sich meistens nur um die Sozialfälle und die CSV und DP um die obere Mittelschicht. Dies kann bei der Wahl noch zum Verhängnis werden.

J.C. Kemp
4. Oktober 2021 - 17.58

@Tarchamps: Ja unter den vielen Kommentarschreibern hierzulande sitzen noch viele kleine Trumps und Laschets mit Wahldarmverschlüpfung.

Tarchamps
4. Oktober 2021 - 13.40

Trump?

Hier sind Dutzende Fristen, die noch immer am CSV-Wählerwillen nagen.

de Schmatt
4. Oktober 2021 - 9.45

Der kleine Büttenredner hat immer noch nicht gemerkt, dass es zum Kanzler nicht reicht.

HTK
4. Oktober 2021 - 8.52

"..stärkste Kraft in der Chamber ist – und auch nach den vergangenen Wahlen die größte Fraktion stellt –, muss sie sich, sehr zum Unmut von Claude Wiseler, seit fast acht Jahren mit der Oppositionsbank begnügen." Genau.Und das ist gut so.Denn wie könnte die Demokratie sonst verkrustete "Seilschaften" auflösen wenn nicht durch die Zusammenarbeit verschiedener Parteien.Koalition heißt das Zauberwort. Und in Luxemburg hat das sehr gut funktioniert bisher. Aber Opposition ist keine Schande.Im Gegenteil.Sie sollte Kontrolle ausüben und das Wahlvolk informieren was denn so läuft hinter den Kulissen. Laschet ist kein Bundeskanzler weil er gar nicht Kandidat hätte werden dürfen. Jeder andere wäre besser gewesen.Das hätte die Basis sich überlegen müssen.

Observer
4. Oktober 2021 - 7.22

So sei es ! Neue Groko unter Olaf mit Beteiligung der Grünen für eine stabile Regierung.