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SelbstverteidigungHoch im Trend: Darum geht es bei der Kampfsportart Krav Maga

Selbstverteidigung / Hoch im Trend: Darum geht es bei der Kampfsportart Krav Maga
Jeder Mensch, egal in welchem Alter, kann die Sportart Krav Maga ausüben. Hier geht es in erster Linie darum, ein Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen. Foto: Editpress/Tania Feller

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Viele Menschen waren in ihrem Leben schon mal in Situationen, in denen sie einen Angriff abwehren mussten. Jedoch kann es passieren, dass man im entscheidenden Moment wie paralysiert dasteht und nicht weiß, wie man sich verteidigen kann. Eine Kampfsportart, die Selbstverteidigung lehrt, ist Krav Maga. Unsere Korrespondentin Eneida Beshaj hat im „Krav Maga Center Luxembourg“ an einem Kurs teilgenommen und erklärt, worauf es bei der Trendsportart ankommt.

Krav Maga ist eine einzigartige Kampfsportart. Im Gegensatz zu Karate, Judo oder Boxen geht es hier nicht darum, einen Gegner zu besiegen. Krav Maga dient hauptsächlich der Selbstverteidigung. Diese soll mithilfe der Sportart auf unkomplizierte und schnelle Art erlernt werden.

Die Kursinhalte im Krav-Maga-Zentrum in Bereldingen, dem größten in Luxemburg, unterscheiden sich je nach Bedarf der Teilnehmer und reichen von „Functional Training“ über „Body Pump“ bis hin zu „Fighting Plan“. Je nach Trainingsinhalt werden beispielsweise verschiedene Techniken und Griffe erlernt oder der Fokus wird mehr auf Cardio, also Ausdauertraining, gelegt.

Ein Gefühl für den eigenen Körper

Das A und O bei allen Kursen ist, ein Gefühl für den Körper zu entwickeln. Die Übungseinheiten sollen die Teilnehmer sensibilisieren, auf ihren Körper zu hören, um Situationen schon entschärfen zu können, lange bevor es zu einem Kampf kommt. 

In den Kursen wird auch die körperliche Fitness trainiert
In den Kursen wird auch die körperliche Fitness trainiert Foto: Editpress/Tania Feller

Die Kurse im Krav-Maga-Zentrum sind in verschiedene Altersgruppen eingeteilt. Kinder ab fünf Jahren können sich schon einschreiben und am „Minions“-Kurs teilnehmen. Für alle ab sechs geht es in die Kinderkurse. In den Erwachsenen-Trainings kann sich jeder ab 16 Jahren einschreiben.

In den Kinderkursen werden spielerisch die wichtigsten Bewegungen eingeübt. Dort sollen die Kinder in erster Linie früh ein Gefühl für den eigenen Körper entwickeln und dabei ihr Selbstbewusstsein stärken. „Außerdem hilft das den Kindern bei ihrer Kommunikation und ihre Disziplin wird gefördert“, betont Marc Stoltz, einer der Gründer des Zentrums. „Auch wenn der spirituelle Aspekt nicht vorhanden ist, lernen sie trotzdem indirekt die Philosophie hinter dem Kampfsport kennen.“

Marc Stoltz und Jennifer Carat, die beiden ehemaligen Polizisten, haben das Krav-Maga-Zentrum gemeinsam gegründet und aufgebaut
Marc Stoltz und Jennifer Carat, die beiden ehemaligen Polizisten, haben das Krav-Maga-Zentrum gemeinsam gegründet und aufgebaut Foto: Krav Maga Center Luxembourg by „Kick you fit“

Das Tageblatt durfte selbst einen der Kurse besuchen: Nach einem kurzen Aufwärmen zeigen die
Trainer den Teilnehmern neue Griffe, die diese dann abwechselnd in Gruppen üben und anwenden. In unserem Fall wurde gezeigt, wie man sich aus einer Situation retten kann, in der jemand versucht, eine andere Person zu erwürgen.

„Wir machen regelmäßig Drills, wo mehrere Leute einen Teilnehmer ‚anzugreifen’ versuchen. Der ‚angegriffene’ Teilnehmer muss sich aus dieser Situation befreien. So lernt man das schnelle Reagieren, das in einer Notsituation notwendig ist“, erzählt Stoltz. „Besonders am Krav Maga ist, dass es konzipiert wurde, um effizient zu sein – so basieren alle Griffe und Techniken auf natürlichen Reflexen des Körpers.“ Schlägt uns jemand ins Gesicht, ist der erste Reflex, den Kopf zu schützen und die Hände vors Gesicht zu heben. Aus dieser Bewegung heraus hat sich im Krav Maga ein Griff entwickelt, der diese Position annimmt und mit dem man sich aktiv verteidigen kann.

Selbstsicher in allen Lagen

„Da es auf Reflexen basiert, benötigt man keine 1.000 Wiederholungen der Bewegung, sondern diese erfolgen eher automatisch. Dies unterscheidet den Sport von anderen Kampfsportarten“, erklärt der ehemalige Polizist Marc Stoltz. Im Gegensatz zu Karate und Judo stehe hier ausschließlich eine effiziente Selbstverteidigung im Mittelpunkt. Es gibt auch keine Wettbewerbe oder Turniere wie in anderen Kampfsportbereichen.

Das Ranking-System ist jedoch anderen Kampfsportarten ähnlich. So haben die Sportler auch hier verschiedene Levels und Gürtel, jedoch dienen diese nur der Einteilung der Schwierigkeitsstufen der Techniken. 

 Foto: Editpress/Tania Feller

In einem der Kurse treffen wir Zoe Schoeber Spautz. Die Schülerin hat vor vier Jahren angefangen, Krav Maga zu erlernen. Sie wollte sich selbst verteidigen können. „Vor allem als Frau ist es gut zu wissen, wie man sich schnell aus einer unangenehmen Lage befreien kann“, sagt die 17-Jährige. Zwar ist sie noch nie in eine solche Situation geraten, jedoch erzählt sie von einem rezenten Vorfall: „Als ich mit meinen Freundinnen einmal von einem Mann belästigt wurde, konnte ich sofort in Position gehen und selbstsicher die Situation lösen. Das Training hat mir ermöglicht, viel mehr Körpergefühl und Selbstbewusstsein zu gewinnen.“

Für jedes Alter geeignet

Jedoch schreiben sich nicht nur Jugendliche in den Kursen ein. Eine 64-jährige Teilnehmerin, die anonym bleiben möchte, erzählt uns: „Nachdem ich schwer erkrankt war, hatte ich Probleme mit meinem Gleichgewicht. Ich habe die viermonatigen Kurse vom ‚Service de prévention’ besucht und habe mich schließlich fest im Krav Maga eingeschrieben.“ Sie stellte fest, dass ihre Reaktionen sich verbessert hätten und sie insgesamt körperlich wieder fitter sei. „Anfangs war ich unsicher, aufgrund meines hohen Alters an den Kursen teilzunehmen, jedoch hat sich dies nicht als Problem herausgestellt“, erzählt die Teilnehmerin.

Auch Tom Gillander nimmt am Krav-Maga-Training teil. Er ist nun 28 Jahre alt und hat schon im
Lyzeum angefangen, zu trainieren. Nach seinem Studium stieg er wieder in den Sport ein. „Ein Bekannter konnte einmal eine unangenehme Situation sofort deeskalieren, indem er Griffe benutzt hat, die er im Krav Maga gelernt hat. Ich fand das damals beeindruckend und habe mich daraufhin auch angemeldet“, erzählt Gillander. Für ihn stelle der Sport einen perfekten Ausgleich zu seiner Arbeit dar.

Er erzählt von Drills, die die Teilnehmer in den Kursen absolvieren, bei denen zum Beispiel die Lichter ausgeschaltet werden und simuliert wird, wie sie von mehreren Leuten angegriffen werden. Der Fokus liegt darauf, dass es sehr realitätsnah ist und echte Situationen simuliert werden, in denen Krav-Maga-Techniken angewandt werden können.

Zusammenarbeit mit der Polizei

Wer die Sportart näher kennenlernen möchte, kann vor Ort an einem der Einführungskurse teilnehmen. Diese finden täglich statt und stehen jedem Menschen offen, der Krav Maga ausprobieren möchte.

Darüber hinaus arbeiten die Trainer des Zentrums mit der Polizei zusammen und organisieren im Rahmen des „Service de prévention“ viermonatige Selbstverteidigungskurse mit Krav-Maga-Techniken. Unter anderem gibt es dort spezielle Kurse für Frauen, in denen sie lernen, wie sie sich befreien können, wenn sie belästigt werden. Dort wird auch schützende Kleidung gestellt, die es den Frauen ermöglicht, die Hemmschwelle zu überschreiten, welche sie daran hindert, fest zuzuschlagen, und dadurch ein Gefühl bekommen, wie sie sich in ähnlichen Situationen im Alltag verhalten können. 

Krav Maga Center Luxembourg

111, route de Luxembourg in Bereldingen
(unterhalb des Autocenter Goedert)
Tel.: +352 27 99 01 60
Webseite: kravmagacenter.lu

So entstand Krav Maga

Krav Maga, das wortwörtlich „Kontaktkampf“ bedeutet, ist ein israelischer Kampfsport, der Elemente aus verschiedenen anderen Kampfsportarten vereint. So sind darin Bestandteile aus Karate, Judo und Wrestling zu finden.
Der Sport wurde in den 1930er Jahren von Imrich „Imi“ Lichtenfeld entwickelt. Der ungarische Boxer und Ringer bekam schon früh Kampfsportunterricht von seinem Vater. 1942 emigrierte Lichtenfeld nach Palästina und begann ab 1948, als Chefausbilder an der neu gegründeten militärischen Kampfschule der israelischen Streitkräfte (IDF) Krav Maga zu unterrichten. 
Das Konzept basiert darauf, sich so praktisch und effizient wie möglich zu verteidigen. Es werden Griffe gelehrt, die auf natürlichen Reflexen basieren.