Heute gilt es als chic, wenn Prominente, Schauspieler, Musiker oder Fußballer, ihren Fuß in die Gastronomie oder in die Weinszene setzen. Ein spezielles Beispiel dafür ist Günther Jauch mit seinem Wein. Der TV-Star ist 2010 unter die Winzer gegangen. Er tat das aber nicht aus Eitelkeit oder Geltungsbedürfnis, er fühlte sich einer Familientradition verpflichtet. Stammt Günther Jauch etwa aus einer Winzerfamilie?
Günther Jauch und der Wein – eine familiäre Verbindung
Günther Jauch (Jahrgang 1956) kennen die meisten Deutschen nur als Radio- und Fernsehmoderator. Nach seiner Ausbildung an der Journalistenschule arbeitete er zunächst im Hörfunk vor allem als Sportmoderator beim Bayerischen Rundfunk, später auch mit einer täglichen Nachmittagssendung. Deutschlandweit bekannt wurde er durch das Aktuelle Sportstudio im ZDF. Für den Sender moderierte er auch jahrelang den Jahresrückblick „Menschen“, bevor er 1990 zu RTL wechselte und dort verschiedene Formate entwickelte und betreute. Seit 1999 ist der beliebte Moderator auch Gastgeber der Sendung „Wer wird Millionär?“. Auf eine berufliche Verbindung zum Wein dürfte bei Günther Jauch daher kaum jemand kommen.
Auch der Wohnort spricht zunächst nicht für eine Karriere als Winzer. Jauch lebt mit seiner Frau Thea und vier Töchtern in Potsdam. Er versucht, sein Privatleben weitestgehend vor der Öffentlichkeit zu schützen. Gleichzeitig gilt er als großer Wohltäter im kulturellen und im sozialen Bereich. Eigenen Angaben zufolge fließen sämtliche Werbeerträge in gemeinnützige Zwecke. So unterstützt er zahlreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen in seiner Heimatstadt Potsdam.
Darüber hinaus trägt er die laufenden Kosten für das christliche Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“ in Potsdam. Seine Verbindung zum Weinbau in Rheinland-Pfalz zeigte sich auf ähnliche Art nach der Jahrhundertflut im Juli 2021. Damals unterstützte Jauch die Winzer an der Ahr mit einer Verkaufsaktion seines eigenen Weingutes von Othegraven an der Saar. Er erwartete einen Reinerlös von über 200.000 Euro.
Über sein wohltätiges Engagement sagte Jauch gegenüber Volksfreund.de: „Das habe ich von zu Hause mitbekommen. Das macht mir auch Freude. Überhaupt die Möglichkeit zu haben, etwas abgeben zu können. Oft sind es ja auch Situationen, wo man innerlich zusammenzuckt. Wir haben uns stark beteiligt, als die Amokfahrt in Trier war. Dass die Hinterbliebenen einigermaßen gut versorgt werden.“
In seinem Leben als Radio- und Fernsehstar ist Jauch also eigentlich meilenweit weg von einem Leben als Winzer, dennoch ist ihm diese Branche nicht ganz fremd. Schon als Kind verbrachte der Berliner Junge seine Ferien bei Tante und Onkel auf dem Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar. Und genau dort produziert Günther Jauch nun seinen eigenen Wein. Wie kam es dazu? Ein kurzer Blick in die Geschichte.
Wie kommt Günther Jauch an ein Weingut?
Das Weingut von Othegraven ist eines der ältesten Weingüter an der Saar, erste Belege reichen bis in das 15. Jahrhundert zurück. Seit 1805 gehörte es Emmerich Graach, einem Vorfahren von Günther Jauch und wurde jeweils ungeteilt vererbt. Aufgrund der Erbfolge wechselte es mehrfach seinen Namen: Grach, Weißebach, J. Weißebach Erben, Maximilian von Othegraven, Maria von Othegraven. Seit 1995 gehörte das Weingut Dr. Heidi Kegel, einer Nichte der kinderlos gebliebenen Maria von Othegraven. Günther Jauch, ein Enkel von Elsa von Othegraven und damit in siebter Generation Nachfahre von Emmerich Graach, kaufte das Weingut im Jahr 2010. Dadurch blieb es im Familienbesitz.
Ein „ewiger Auszubildender“ in Sachen Wein
Im Interview mit dem Volksfreund.de erzählt Jauch von der Zeit, als er hörte, dass das Weingut zum Verkauf steht: „Dann sind wir immer öfter hierhin gefahren. Wir haben uns gute zwei Jahre Zeit gelassen, bis es zum Verkauf gekommen ist. Wir haben natürlich versucht, uns in diese Welt einzuarbeiten. Ich hatte ja vorher mit Wein nicht viel zu tun. Das wurde hier dann anders. Aber ich sehe mich immer noch als ewiger Auszubildender in Sachen Wein.“ Mittlerweile ist Jauch regelmäßig auf seinem Weingut in Kanzem anzutreffen.
Wo produziert Günther Jauch seinen Wein?
Das Weingut von Günther Jauch liegt in Kanzem an der Saar und zählt zum Anbaugebiet Mosel. Es besteht aus dem historischen Gutshaus, das auf das ursprüngliche Kelterhaus gegründet ist. Nach schwerer Zerstörung durch die Amerikaner im Zweiten Weltkrieg wurde es in historischer Tradition wieder aufgebaut. Das umgebende Areal wurde in der 1950er-Jahren als englischer Landschaftsgarten gestaltet, mit zahlreichen überaus seltenen und exotischen Gehölzen und Bäumen. Hinter dem Weingut von Othegraven erhebt sich der Kanzemer Altenberg: Er ist mit einer Steigung von bis zu 85 Prozent steiler als das Matterhorn und einer Hanglänge von 250 Metern die längste Steillage Deutschlands. Das gesamte Ensemble mit Gutshaus, Landschaftsgarten und Kanzemer Altenberg gilt als Kulturdenkmal und steht unter Denkmalschutz. Kann Jauch als Neuling im Winzergeschäft diesem hohen traditionellen Anspruch gerecht werden?
Was sagen Experten über Jauch-Wein?
Ausschließlich Riesling, ausschließlich in Steillagen – so lautet das Credo des Weinguts von Othegraven. Und es sind exklusive Einzellagen mit besonderen Bodenverhältnissen auf Devon-Schiefer und zum Teil perfekter Süd-Ost-Ausrichtung: der Kanzemer Altenberg, Wiltinger Kupp, Ockfener Bockstein und Wawerner Herrenberger. Insgesamt rund 16 Hektar. Da das Klima an der Saar insgesamt kühler ist als an der Mosel, sind auch die Erträge in der Regel geringer als bei den Winzerkollegen von der Mosel. Produziert werden vor allem Große Gewächse, das sind Weine der höchsten Klassifikationsstufe. „Der kompromisslose Qualitätsanspruch des Hauses spiegelt sich besonders eindrucksvoll in der mineralischen Dichte und feinfruchtigen Würze der Rieslinge vom Altenberg wider“, urteilt zum Beispiel belvini.de. Jauch baut seine Riesling-Weine als Kabinett, Spätlese und Auslese aus.
Eine eigene Produktserie der Jauch-Weine ist der Riesling Maximus, benannt nach dem Vorfahren Maximilian von Othegraven. „Einen Max trocken hatten wir noch gar nie auf dem Tisch, und er machte Spaß. Feiner Spontiduft, zarte Phenolik, leichtgewichtig, notierten wir. Eben halt der unkomplizierte trockene“, lautet das Urteil des Vinum Wineguide 2021.
Neben den Rieslingweinen hat das Jauch’sche Weingut von Othegraven auch Sekt in seinem Repertoire: den Riesling-Sekt brut und den von Othegraven Prestige brut nature. Beide werden nach traditionellem Verfahren auf der Flasche vergoren, von Hand gerüttelt und degorgiert, also von der Hefe befreit.
Somit steht fest: Von der Lese im Steilhang über die Gärung im Weinkeller bis zum Verkauf steckt viel Handarbeit im Jauch-Wein.
Was kosten die Weine von Günther Jauch?
Historische Dokumente belegen, dass für Weine des Weingutes von Othegraven beziehungsweise seiner Vorgänger im 19. und 20. Jahrhundert weltweite Höchstpreise bezahlt wurden, umgerechnet auf die 2000er-Jahre von bis zu 60.000 Euro für ein Fuder Wein. Das entspricht einem Preis von etwa 40 Euro pro Flasche. Unvorstellbare Zahlen für die damalige Zeit. Heute sind Jauch-Weine relativ bezahlbar.
Der Riesling Kabinett feinherb 2020 und der Max Riesling trocken 2020 kamen für rund 12,50 Euro auf den Markt. Ein von Othegraven Riesling Ockfener Bockstein Kabinett VDP. Große Lage 2018 (0.75l) süß kostete bei Amazon 13,90 Euro. Für eine Auslese ist freilich etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Wo ist Jauch-Wein erhältlich?
Erste Adresse für den Kauf von Jauch-Wein ist natürlich das Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar selbst. Es bietet täglich Verkostungen und Verkauf an. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr, zwischen Mai und Oktober auch samstags.
Jauch-Weine sind aber auch in gut sortierten Vinotheken erhältlich und über das Internet bei mehreren Weinhändlern.
Und dann gibt es noch Jauch-Weine bei Aldi. Wieso ist der so viel billiger? Ist das überhaupt guter Wein? Es lohnt, einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Wie viel Günther Jauch steckt im Aldi-Wein?
Im Jahr 2018 verkaufte der Discounter-Riese Aldi einen Rotwein und einen Weißwein mit dem Namen Jauch, 2020 folgte ein Rosé. Wieviel Jauch steckt wirklich drin? Schauen wir genauer hin: Die Etiketten von Rot- und Weißwein präsentieren dem potenziellen Käufer dreimal Jauch. Einmal die stilisierte Silhouette seines Unterkörpers, sitzend auf dem WWM-Moderatorenstuhl, dazu der Aufdruck „Jauch“ und Jauchs Unterschrift in Gold. Beim Rosé fehlt die Silhouette. Alle Flaschen wurden abgefüllt in der Großkellerei Peter Mertes in Bernkastel-Kues.
Die Weine sind eindeutig deklariert als Cuvée, also als Mischung verschiedener Rebsorten, die allerding nicht näher beschrieben werden. Es gibt auch keine Herkunftsangabe. Das muss grundsätzlich nichts Schlechtes bedeuten, der Wein mag durchaus schmecken. Der Falstaff-Weinführer hat dem Aldi-Weißwein zum Beispiel 89 von 100 Punkten verliehen. Aber ganz ehrlich: Wenn Jauch auf seinem Weingut von Othegraven nur weißen Riesling anbaut, woher soll dann der Rotwein kommen? Jauch selbst soll zugegeben haben, dass sein Weingut ausverkauft wäre, hätte er diese Menge Wein für Aldi bereitstellen müssen.
Die Jauch-Weine bei Aldi sind also vor allem ein Marketing-Gag. Es ist jedenfalls kein reiner Wein von seinem eigenen Weingut, das ein hohes Ansehen genießt.
Welches Ansehen hat das Weingut von Othegraven?
Günther Jauchs Weingut von Othegraven zählt seit Jahrzehnten zweifelsohne zu den ganz Großen unter den deutschen Weingütern. Es ist Mitglied im Verband deutscher Prädikatsweingüter VDP, dessen Vorläufer, der Große Ring Mosel-Saar-Ruwer, 1908 von Jauchs Vorfahren mitgegründet wurde. Weinführer wie der Gault-Millau, Robert Parker’s Wine Guide, Eichelmann oder der Vinum Wineguide listen es als Spitzenweingut. Weinkritiker Stuart Pigott ist voll des Lobes. Bei Blindverkostungen und Weinversteigerungen erreichen die Weine auch nach der Betriebsübernahme durch Jauch stets Spitzenergebnisse.
Jauch setzt also auch qualitativ die Familientradition auf seinem Weingut fort. Sorgt das für Neid bei den Winzern an der Saar, so nach dem Motto: Da kommt einer aus dem Fernsehen, ohne Ahnung vom Weinbau und nur wegen seines Namens hat er Erfolg?
Wie stehen die Saar-Winzer zu ihrem neuen Kollegen?
Die Winzer-Kollegen von der Saar sehen das Engagement Jauchs im Weingut von Othegraven dem Vernehmen nach durchweg positiv. Viele von ihnen sehen auch die Werbewirkung, die von Jauch als Zugpferd ausgeht. Bedenkt man, dass durch die Umbenennung des ehemaligen Anbaugebietes Mosel-Saar-Ruwer in Anbaugebiet Mosel der Name Saar komplett von den Weinetiketten verschwunden ist, so kann die Aufmerksamkeit, die durch die Anwesenheit Jauchs an der Saar ausgelöst wird, durchaus als Impuls gesehen werden, von dem auch kleinere Winzer profitieren können.
Befürchtungen, TV-Star Jauch als „Mann von Welt“ würde seinen Kollegen hochnäsig und arrogant begegnen, haben sich wohl nicht bestätigt. Jauch selbst bewertet das Miteinander so: „Das war vom ersten Moment an gut gewesen und das ist es bis heute geblieben. Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass nicht alle erwartet haben, dass wir uns hier richtig reinhängen, dass wir persönlich vor Ort sind und die Geschicke des Weingutes immer wieder definieren und bestimmen. Das führt automatisch zu einer Nähe und Kollegialität, die in der Landwirtschaft etwas ganz Besonderes ist. Menschen, die mit Wein zu tun haben, gehören irgendwie zum entspannteren Teil der Menschheit. Und wir haben gelernt, dass Winzer zusammenhalten.“
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