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Die Grundschule in Berchem/Biwingen prägte das Ortsbild mehr als 100 Jahre – und ist jetzt nur noch ein Haufen Schutt

Die Grundschule in Berchem/Biwingen prägte das Ortsbild mehr als 100 Jahre – und ist jetzt nur noch ein Haufen Schutt

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Mehr als ein Jahrhundert lang prägte sie das Ortsbild an der Grenze zwischen Biwingen und Berchem. Seit Montag sieht man nun nichts mehr von der alten Schule. Nichts, außer einem riesigen Haufen Schutt, der im Laufe der nächsten Tage entsorgt wird. Inklusive der Vorarbeiten dauerte der Abriss der Gebäulichkeiten, die einem neuen Schulcampus weichen mussten (siehe nebenstehende Seite) knapp drei Wochen. Wir haben sie verfolgt.

«Schéin war et»: Dieser Schriftzug prangte – neben etlichen anderen – seit Beginn der Sommerpause auf der Fassade jener Schule, die von Generationen von Roeserbannern besucht wurde. Nostalgie!

Weil Schulraum in der stark wachsenden Gemeinde knapp geworden ist, muss ein Neubau her, wie Bürgermeister Tom Jungen im Beitrag «Leider nicht zu vermeiden!» auf Seite 31 erklärt. Mit den Abbrucharbeiten am bestehenden Bauwerk, das 1912 in Betrieb ging, wurde die Conterner Firma Greiveldinger beauftragt.

Eine knappe Woche

«Mein Herz schmerzt, wenn ich sehe, wie dieser Teil meiner Kindheit verschwindet», seufzt ein älterer Herr, der der Baggerschaufel zusieht, wie sie ihre Zähne in das Gemäuer rammt. Ziegel, Holzbalken, Zink, Schieferplatten … nichts hält dem gefräßigen Monster aus Stahl stand. «Nicht nur ich selbst, auch meine Kinder und meine Enkel haben diese Schule besucht. Genauso wie schon meine Mutter vor mir!» Ein Hauch von Melancholie hängt in der Luft. Zahlreiche Menschen, darunter auffallend viele ältere, haben in den vergangenen Tagen den Arbeitern beim Abriss der Schule zugesehen, mit der sie so viele Erinnerungen verbanden. «Alles hat ein Ende, so ist das eben», meint eine weißhaarige Dame, die vor dem Ort des Geschehens stehen bleibt, dem Ganzen kurz zusieht, «die Zeiten ändern sich, so was ist heute nicht mehr up-to-date!»

So richtig los ging es mit dem Abriss erst am 24. Oktober. Jetzt, eine knappe Woche später, ist das einst stolze Gebäude vollends verschwunden.


Als Sosthène Weis einen «modesteren» Plan verlangte …

Detail einer alten Postkarte: Die Schule in Biwingen/Berchem um das Jahr 1912

Dank der «Amis de l’histoire» aus dem Roeserbann lässt sich die Geschichte der jetzt abgerissenen Schule recht gut verfolgen. Die erste Schule in Biwingen/Berchem entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Sie diente bis zuletzt dem HB Berchem als Clublokal und befand sich neben der jetzt abgerissenen. Erste Pläne zu jener entstanden im November 1834. Um die Jahrhundertwende wurde das Bauwerk zu klein und 1905 beschloss der Gemeinderat einen Neubau. Ein «Baukondukteur» namens Mathieu lieferte die ersten provisorischen Pläne im Oktober 1906, die definitiven am 22. November 1907. Allerdings wurden diese im Februar 1908 vom Distriktskommissar aus diversen Gründen verworfen.

Ein Jahr später lieferte der Architekt Jos Winkel aus Differdingen neue Pläne. Diese waren dem damaligen Staatsarchitekten (und Aquarellisten) Sosthène Weis allerdings zu pompös. In einem Schreiben an den damaligen Bürgermeister Hirtz verlangt er einen «plan plus modeste».

Gesagt, getan: Im Juni 1910 wird der «modestere» Plan von Jos Winkel akzeptiert. Wenig später liefen die Bauarbeiten an. 1912 wurde die Schule in Betrieb genommen. Erste Lehrerin war eine gewisse Anna Konsbrück.

Die Schule verfügte über zwei Klassensäle und bekam erst 1938 eine Zentralheizung.
1953 wurden die Sanitäranlagen erneuert, 1955/56 wurde das Bauwerk nach Plänen des Architekten Ed. Galowitch um- und ausgebaut. Die Kosten für diese Arbeiten betrugen damals 790.661,70 Franken, umgerechnet etwa 19.600 Euro.

Quelle: Archiv der «Amis de l’histoire du Roeserbann»


«Leider nicht zu vermeiden!»

Soll zur Rentrée 2022/23 seine Türen öffnen: der neue Schulkomplex in Berchem, hier als grafisches 3D-Modell. Neben einer neuen Grundschule mit zehn Sälen entstehen in einer ersten Phase auch ein Gebäude für die „Education différenciée“ mit elf Sälen sowie eine „Maison relais“. Später wird auf dem Gelände noch eine Schulsporthalle errichtet. (Bild: team 31 architecture)

Wenn historische Gebäude der Abbruchbirne geopfert werden, wirft dies immer eine Reihe von Fragen auf. Allen voran diejenige, ob es nicht möglich gewesen wäre, das Bauwerk zu erhalten. Genau darauf sprachen wir den Roeser Bürgermeister Tom Jungen (LSAP) an.

«Als wir uns mit der Planung einer neuen Schule auseinandersetzten, gaben wir uns zuerst ein Raumprogramm, verschafften uns also einen detaillierten Überblick der Bauaufgabe, die als Grundlage der Gebäudeplanung diente», erklärt der Bürgermeister. Es habe neben dem Bedarf an weiterem Schulraum und den dazugehörenden Einrichtungen wie Biblio- und Mediathek, kleineren Sälen für den «Appui»-Unterricht, Versammlungsräumen und ähnlichem auch derjenige nach einer «Maison relais» bestanden.

«Darüber hinaus hatte die ‹Ediff› beantragt, die Kapazitäten zu verdoppeln, da Roeser und Rümelingen zusammengelegt werden sollten», betont Tom Jungen.
Zudem sei es so, dass ausreichend Platz vorhanden sein muss, um in einer zweiten Phase auf dem Gelände eine Schulsporthalle errichten zu können. Des Weiteren sollte es so sein, dass die neue Schule laut Raumprogramm zentral zwischen Biwingen und Berchem entstehen sollte, wo die Gemeinde in der Vergangenheit schon eine Reihe von Grundstücken erwarb und wo sich ja auch die bisherige Schule befand. Unter diesen Vorgaben habe das Architektenbüro mit der Planung begonnen.

«Und da hat sich relativ schnell herausgestellt, dass es unmöglich sein würde, das bestehende Gebäude zu erhalten», so der Bürgermeister. Bei der alten Schule habe es sich um ein «immens onpraktescht Gebai» gehandelt – das zwar über ein relativ großes Bauvolumen verfügte, jedoch über wenig Klassenraum. «Das alte Gebäude hatte zwar ein riesiges Treppenhaus, jedoch nur zwei Klassensäle. Zwei weitere waren durch den Umbau in den 1950er Jahren hinzugekommen.»

Darüber hinaus habe die alte Schule auch «Iwwerhéichten» gehabt, was es quasi unmöglich gemacht habe, dieses in ein modernes, behindertengerechtes Bauwerk zu integrieren.
«Dabei haben wir die Problematik einer kostenintensiven energetischen Sanierung und einer nötigen Grundrenovierung noch nicht einmal angesprochen!» Zusätzlich sei es so, dass man, hätte man das alte Gebäude erhalten, die neuen Strukturen ebenfalls mehr in die Höhe hätte bauen müssen, was bei Schülern mit Behinderung und ganz kleinen Kindern zum Teil überhaupt nicht erlaubt sei, erklärt Tom Jungen weiter: «Es blieb also keine andere Möglichkeit als ein Abriss!»

Die einzige Alternative hätte darin bestanden, einen anderen Standort zu suchen, für viel Geld zusätzliche Grundstücke zu erwerben, wie etwa auf «Hieschterbierg». Abgesehen vom Finanziellen sei dies auch mit einem großen Verlust an Zeit verbunden gewesen: «Zeit, die wir nicht haben!»

Auch der Gemeindeführung sei es keineswegs leicht gefallen, die Entscheidung zum Abriss zu fällen, doch es sei im Endeffekt die einzig vertretbare Lösung gewesen, so der Bürgermeister abschließend.