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Klangwelten: Big ThiefGewitzt genug

Klangwelten: Big Thief / Gewitzt genug
Big Thief – „Dragon New Warm Mountain I Believe In You“

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Bei Big Thief dreht sich vieles um Adrianne Lenker. Die Sängerin und Gitarristin der US-Indie-Quartetts schreibt das Gros der Songs. So war das bei den bisherigen Alben „Masterpiece“ (2016), „Capacity“ (2017), „U.F.O.F.“ und „Two Hands“ (beide 2019). Sie schreibt vermutlich gerne und nachweislich viel. So hat sie auch einige Soloalben herausgebracht, zuletzt in 2020 „Songs“ und „Instrumentals“. Jährlich mindestens ein Album zu präsentieren, das scheint ihr Credo zu sein. Dieses Mal sind wieder Big Thief dran, die ihr neues „Dragon New Warm Mountain I Believe In You“ betitelt haben – was auch immer dies genau zu bedeuten hat.

Die Idee hinter diesem Doppelalbum mit seinen 20 Songs, fast alle von Lenker im Alleingang geschrieben, war laut Schlagzeuger James Krivchenia die folgende: „Wie können wir die verschiedenen Aspekte von Adriannes Songwriting sowie die verschiedenen Aspekte der Band auf einer einzigen Platte zusammenfassen? Wie halten wir den Fokus während der Aufnahmen aufrecht und erlauben uns dennoch die Freiheit, Dutzende von Songs zu erkunden, ohne uns in diesem Prozess zu verlieren?“ Diese wurden in vier Aufnahmesessions in vier verschiedenen Studios mit vier verschiedenen Tontechnikern bewusst unabhängig voneinander aufgenommen. Teilweise griffen Big Thief auf simpelste Aufnahmemethoden mit Vier- oder Achtspurkassettenrekorder zurück. Danach wurden aus 45 Songs 20 ausgewählt.

Big Thief
Big Thief Foto: Alexa Viscius

Das Spektrum dieser reicht von dem Folksong „Certainty“, der hitverdächtigen Folkballade „No Reason“ (mit Flöte) und dem berührenden Liebeslied „12000 Lines“ über Countryanleihen in „Red Moon“ oder „Spud Infinity“, die Solo-Akustikballade „Promise Is A Pendulum“ sowie die Indierockperlen „Simulation Swarm“ und „Flower Of Blood“ hin zu dem experimentelleren Song „Wake Me Up To Drive“, in dem sie ihren Folkbackground mit Beats aus der Konserve kombinieren. Auch die erste Single „Time Escaping“ fällt mit ihrem verstörenden, disharmonischen Rhythmusskelett aus dem Rahmen. Und „Little Things“ scheint aus zig Soundschichten zu bestehen, die man erst nach und nach durchdringen kann, überladen wirkt der Song erstaunlicherweise dennoch nicht. Eben diese Diversität der Songs bewahrt den Hörer davor, über 81 Minuten hinweg gelangweilt zu werden. Big Thief sind einfach gewitzt genug, das abzuwenden.

Anspieltipps: „No Reason“, „12000 Lines“, „Simulation Swarm“

Punkte: 8 von 10 Punkten

(Kai Florian Becker)