Selbst als sich Novak Djokovic nach seinem Triumph für die Ewigkeit entspannt zurücklehnte und in Plauderlaune geriet, konnte seinen Konkurrenten schon wieder angst und bange werden. „Eines Tages werde ich den Tennissport verlassen“, sagte der unersättliche Serbe, die aufgenähte „24“ prangte als Symbol dieses geschichtsträchtigen Erfolgs bei den US Open aufreizend auf seiner Jacke, nur um mit schelmischem Grinsen hinzuzufügen: „In etwa 23, 24 Jahren. Bis dahin werdet ihr mich noch ein bisschen öfter sehen.“
Ganz so lange dürfte die unglaubliche Rekordjagd des unermüdlichen 36-Jährigen freilich nicht mehr dauern, aber ein baldiges Ende dieser jetzt schon historischen Erfolgsgeschichte ist einfach nicht in Sicht. „Ich habe mir nie vorstellen können, über 24 Grand Slams zu sprechen“, sagte der Major-Rekordchampion, nachdem er mit einer Machtdemonstration beim 6:3, 7:6 (7:5), 6:3 gegen Daniil Medwedew eben jene 50 Jahre alte Bestmarke der Australierin Margaret Court egalisiert hatte: „Ich lebe wirklich meinen Kindheitstraum.“
Seine Gegner befinden sich hingegen viel mehr in einem nicht enden wollenden Albtraum. „Was machst du eigentlich immer noch hier? Komm schon“, rief der neun Jahre jüngere Medwedew dem „Djoker“ bei der Siegerehrung im Scherz zu, aus dem auch etwas Verzweiflung herausklang – angesichts der überirdischen Statistiken nur zu verständlich.
390 Wochen an der Spitze
Bei seinen vergangenen zehn Grand-Slam-Teilnahmen triumphierte Djokovic stolze sieben Mal. Die Bilanz in diesem Jahr: Melbourne, Paris, New York. Zum Kalender-Grand-Slam, dieser historischen Aufgabe im Profitennis, fehlte ihm wie schon 2021 nur ein einziger Finalsieg.
Vor zwei Jahren war es Medwedew, der dieses seltene Kunststück, das zuletzt Rod Laver 1969 gelang, im Endspiel der US Open verhindert hatte. In dieser Saison fehlte nur der Titel in Wimbledon, als der 20 Jahre alte Carlos Alcaraz den serbischen Topfavoriten in einem Fünfsatz-Drama entthronte und die Tenniswelt schon eine Wachablösung gekommen sah.
Diesen Eindruck widerlegte Djokovic im Arthur Ashe Stadium trotz zwischenzeitlicher körperlicher Schwierigkeiten mit unbändigem Siegeswillen vehement. Seit Montag schlägt sich diese Ausnahmestellung auch wieder in der Weltrangliste nieder, der langjährige Dominator löste Alcaraz auf Platz eins ab und baute seinen Rekord auf 390 Wochen an der Spitze aus – Ende offen.
„Ja, gelegentlich frage ich mich, warum ich das noch brauche, nach allem, was ich erreicht habe. Wie lange will ich noch weitermachen?“, erzählte Djokovic, und gab die Antwort gleich selbst: „Ich möchte diesen Sport nicht verlassen, wenn ich immer noch an der Spitze bin und so spiele, wie ich spiele.“
25 Grand-Slam-Siege? 26? Oder gar 30? Konkrete Ziele oder Einblicke in seine Planungen gab Djokovic nach seinem vierten Titel in New York zwar nicht preis, sein Trainer Goran Ivanisevic wurde da schon konkreter: „Er plant, die Olympischen Spiele in Los Angeles zu spielen.“ Die finden bekanntermaßen 2028 statt, Djokovic wäre dann 41 Jahre alt. Doch das Alter, das sagte der Ausnahmeathlet schon oft, ist ohnehin nur eine Zahl.
„Novak ist einmalig, ein Genie. Es gibt nicht viele Menschen wie ihn“, schwärmte Ivanisevic über seinen Schützling und betonte: „Das ist eine der größten Leistungen in der Geschichte des Sports, nicht nur des Tennissports. Er ist der geborene Gewinner.“ (SID)
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