Noch rund fünf Wochen sind es bis zu den Wahlen. Die «Schueberfouer» hat als Fotokulisse ihre Schuldigkeit getan. Nun packt Xavier Bettel das ganz große Geschütz aus: Emmanuel Macron besucht ihn in Luxemburg – ein Präsidentenbesuch zur rechten Zeit. Dabei folgt Luxemburgs Premier nur dem Beispiel seiner Vorgänger. Die Geschichte einer speziellen Beziehung.
Die Wohnung im 9. Pariser Arrondissement ist gefüllt mit Büchern. An den Wänden moderne asiatische Kunst, vor allem chinesische und thailändische. Teppiche aus Marokko dämpfen die Schritte der Gäste. Die Wände sind in Blau gehalten, in Beige und Mausgrau. Das Mobiliar ist einfach, aber edel. Und vor allem die Bücher fallen auf, überall stehen sie herum.
Die Gäste in der Wohnung an diesem Sonntagabend im frühen März des Jahres 2017 treffen sich hier heimlich. Es ist eine Begegnung, die sich eigentlich nicht gehört. Zwei amtierende Regierungschefs haben sich mit dem Kandidaten einer Wahl verabredet. So etwas ziemt sich nicht, aus Gründen der Neutralität. Eigentlich. Doch wenn der Gegner Marine Le Pen heißt, sieht die Sache bereits anders aus.
Also lassen sich an diesem Abend Xavier Bettel und Charles Michel auf den Louis-XVI-Stühlen nieder. Gegenüber nimmt Emmanuel Macron Platz. Gastgeber ist Frankreichs oberster Society-Reporter Stéphane Bern. Bern hat das Treffen, auf Betreiben Bettels, eingefädelt. Die Chemie zwischen den Männern scheint zu stimmen. Bern und Bettel sind damals schon länger fest befreundet, der Journalist war Gast bei der Hochzeit des Luxemburger Premierministers, wo er auch die Bekanntschaft mit Belgiens Premier Michel macht. Bettel wird später von dem Pariser Abend im März 2017 sagen, dass damals eine «innige Freundschaft» entstanden ist. Seitdem würden er und Macron jede Woche miteinander telefonieren.
Heimliche Wahlkampfhilfe
Für Macron ist es damals wichtig, Kontakte zu europäischen Regierungschefs zu knüpfen. Im Wahlkampf gilt die internationale Unerfahrenheit als wunder Punkt des Präsidentschaftskandidaten. Bettel und Michel wollen einen Rechtsruck in Frankreich verhindern helfen, sprechen Macron ihre Unterstützung zu. Der Funken ist übergesprungen zwischen den beiden Liberalen aus Luxemburg und Belgien und dem Mann, der Frankreich reformieren will. Es ist eine vorerst noch heimliche Wahlkampfhilfe.
Nun, am Donnerstag, kommt es zum Retour. So kann man es sehen, wenn der französische Präsident einen Monat vor den Wahlen in Luxemburg in eine ausgebuchte Philharmonie kommt, um mit Bettel und den Zuhörern gemeinsam über Europa zu diskutieren. Auch das ist Wahlkampfhilfe. Allerdings keine heimliche mehr. Aber unter Freunden hilft man sich nun einmal – das ist offensichtlich auch bei befreundeten Regierungschefs der Fall.
Macron und Bettel haben sich in der Zwischenzeit oft gesehen. Bei den EU-Gipfeln und anderen internationalen Treffen sowieso. Aber auch bei offiziellen gegenseitigen Besuchen. Und nicht zuletzt auch privat. Es gab Arbeitsbesuche in beiden Richtungen. Und schließlich gab es nach 40 Jahren wieder eine Staatsvisite nach Frankreich. Ein solcher Termin sieht vom Protokoll her eigentlich keine Teilnahme des Luxemburger Regierungschefs vor. Hier begegnen sich normalerweise die Staatschefs, in diesem Fall also Präsident und Großherzog. Doch Bettel war im März dieses Jahres auch mit nach Paris gekommen, fast genau ein Jahr nach dem Geheimtreffen im IX. Pariser Arrondissement. Ein geschickter Zug machte dies möglich, ohne ins protokollarische Fettnäpfchen zu treten. In das ohnehin schon prall gefüllte Staatsbesuchprogramm hatte man den ersten französisch-luxemburgischen Regierungsrat eingebettet.
Der liberalen Politik verpflichtet
Da konnte Bettel gar nicht mehr anders, als ebenfalls in Paris zu sein und sein direktes Gegenüber, den französischen Premier Edouard Philippe, zu treffen. Und ein Treffen mit Macron? Klar, auch dafür blieb Zeit, ebenfalls für die obligatorischen Fotos. Zieht man die Gemeinsamkeiten der drei Politiker Macron, Michel und Bettel in Betracht, verwundert der frühe Pariser Schulterschluss wenig. Alle drei fühlen sich einer liberalen Politik verpflichtet. Dazu gehören alle drei derselben Generation an. Macron ist Jahrgang 1977, Charles Michel ist 1975 geboren, Xavier Bettel 1973, was ihn bereits zum Senior des Trios macht.
Dazu dürften Michel und Bettel bereits im März 2017 davon ausgegangen sein, sich mit Frankreichs künftigem Präsidenten zu treffen – und auf diese Weise schon einen Stein im Pariser Brett zu haben. Etwas, worauf Frankreichs kleiner Nachbar Belgien und sein sehr kleiner Nachbar Luxemburg nur schwer verzichten können. Der frühe Vertrauensbeweis scheint sich auszuzahlen. Die Fotos aus der Philharmonie mit Bettel und Macron werden die Runde machen.
Nun soll die Freundschaft zwischen luxemburgischem Premierminister und französischem Präsidenten einem anderen nutzen als das Treffen in Stéphane Berns Wohnung. Bettel hat die Hoffnung auf einen für ihn positiven Wahlausgang am 14. Oktober nicht aufgegeben. Und er weiß, was Fotos und Kommunikation in der Welt der Politik bedeuten. Er hat es bei seinen Amtsvorgängern gelernt. Juncker war ein Meister darin. Mal schauen, ob dessen Nachfolger in der CSV auf diesem Feld mithalten kann. Wenn ja, dürften wir bald auch Bilder sehen von Claude Wiseler an der Seite von Angela Merkel. Einfach mal abwarten …
Les bons amis ( voisins ) se rencontrent toujours !