Der Kontrast hätte kaum größer sein können. Zwei Wochen nach der wenig begeisternden Eröffnungsfeier von Esch2022 stand am vergangenen Wochenende mit der ersten von fünf Ausgaben der „Nuit de la culture“ die zweite größere Veranstaltung des Kulturjahrs auf dem Programm. Unzufrieden ging am Freitagabend wahrscheinlich kaum einer nach Hause, geboten wurde eine perfekt organisierte und inszenierte Reise durch die „Wildnis“.
Ein Fest für die ganze Familie, für Jung und Alt. Ganz im Gegensatz zur Eröffnungsfeier, die zu zahlreichen Kritiken Anlass gegeben hatte. Das Opening hatte nichts mit Esch oder dem Minett zu tun, so der Hauptvorwurf eines Abends ohne Programmhinweise, ohne Catering, aber mit organisatorischem Chaos. Selbst den Bürgermeistern der neben Esch am Kulturjahr beteiligten 18 Gemeinden platzte dem Vernehmen nach der Kragen in Anbetracht des von ihnen zu erfüllenden Protokolls. Jedenfalls fühlten sich einige unter ihnen schlecht behandelt. Die Differenzen wurden inzwischen in einer Verwaltungsratssitzung beigelegt.
Natürlich ist die „Nuit de la culture“ nichts wirklich Neues. Genauso wenig wie übrigens die Petinger Kavalkade, die Bettemburger LiteraTour oder das Schifflinger Eurofestival. Alles offizieller Bestandteil des Esch2022-Programms und so auch dementsprechend finanziell unterstützt. Die „Nuit de la culture“ jedenfalls gibt es schon seit vielen Jahren in Esch. Sie war immer schon farbenfroh und ein echter Publikumsmagnet. Was es noch nicht gab, ist das XXL-Format dieses Jahres. Insgesamt sind fünf Veranstaltungen vorgesehen, jedes Mal in anderen Stadtvierteln und unter einem anderen Motto. Der Auftakt lohnte sich und machte neugierig auf das, was in den nächsten vier Auflagen noch so kommen mag. Mit Etikettenschwindel hatte die „Nuit de la culture“ unter dem Remix-Logo jedenfalls nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, sodass vielleicht als einziger Kritikpunkt die Terminierung bleibt. Und zwar in der Hinsicht, dass man sich ein derartiges Programm auch an zwei Abenden hätte vorstellen können. So aber fiel der Samstag doch deutlich ab, obwohl auch hier interessante Veranstaltungen stattfanden.
Um was es für Esch, das Minett und die Grenzregion als Europäische Kulturhauptstadt geht, das wurde am Sonntag einmal mehr deutlich, als sich der TV-Sender Arte mit Esch2022 befasste. Heraus kam ein ungeschminkter Blick von außen. Der Beitrag begann mit Belval, vergaß aber das Escher Zentrum nicht. Die Journalistin schloss die halbstündige Reportage, in der abgesehen von Esch2022-Direktorin Nancy Braun ausschließlich Künstler zu Wort kamen, mit den Sätzen: „Mich hat der Luxemburger Süden total überrascht. Gute Mischung zwischen idyllischer Provinz, futuristischen Visionen und kosmopolitischem, weltoffenem Denken.“ Genau so ist es. Und durch die Kultur soll möglichst vielen Menschen die Gelegenheit gegeben werden, sich von der Region und ihren Menschen überraschen zu lassen.
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