Fairtrade-Handel sollte eigentlich die Norm sein, sagt Jean-Louis Zeien, Präsident von „Fairtrade Lëtzebuerg“, dem Tageblatt. In einem Bereich ist es mittlerweile auf dem besten Weg: Eine von zwei Rosen, die in Luxemburg verkauft werden, kommt aus dem Fairtrade-Handel, insgesamt sind es fast 1,4 Millionen Rosen. „Als wir 1992 mit dem Fairtrade-Handel in Luxemburg anfingen, hat man uns gesagt, das werde nie mehr als ein Nischenprodukt sein. Nun ist das aber bei einigen Produkten nicht mehr der Fall“, sagt Zeyen und fügt hinzu: „Es sollte eigentlich die Norm sein, dass bei der Produktion Kinderarbeit vermieden und auf Menschenrechte geachtet wird.“
In Zeiten, in denen vermehrt über Klimawandel und CO2-Bilanzen geredet wird, wollten wir von Zeien wissen, ob es kein Dilemma sei, einerseits Rosenzüchter in Afrika zu unterstützen, andererseits aber lange Transportwege in Kauf zu nehmen. Immerhin steht die Vereinigung auch hinter der Lösung „Global denken, lokal produzieren“.
Dem oft gehörten Vorwurf, es sei nicht ökologisch, Blumen aus Afrika einzuführen (viele Rosen kommen aus Kenia und Äthiopien), widerspricht Zeyen. „Man muss bedenken, dass in Afrika mehr Stunden gratis Licht und auch mehr gratis Hitze für die Blumenzucht zur Verfügung steht. Bei uns wären die Heizkosten und der damit verbundene CO2-Verbrauch höher. Das gleicht die Transportkosten aus und am Ende ist die CO2-Bilanz der Blumen aus Afrika besser. Ökologischer wäre es nur, wenn wir ausschließlich die Blumen kaufen, die in unseren Gärten und Wiesen wachsen.“ Zeyen gibt zu: „Gewiss, es bleibt ein kleines Dilemma, aber man muss auch dazu sagen, dass wir in den Ländern, wo sich unsere Produzenten befinden, Arbeitsplätze schaffen.“
Zudem hätten die Fairtrade-Prämien, die an die Produzenten ausbezahlt wurden, auch dazu beigetragen, dass in einigen Ländern während des schwierigen Jahres 2020 Löhne weiter ausgezahlt werden konnten. Und die Prämien haben dazu beigetragen, die Lebensmittelsicherheit zu garantieren. „Wir müssen die Produzenten schützen, weil es sie sind, die unseren Teller füllen.“
3.000 Produkte
Fast 3.000 Fairtrade-Produkte kann man mittlerweile in Luxemburg kaufen, 253 mehr als im Vorjahr. Verkaufsstellen gebe es mittlerweile 400. Laut den Zahlen von „Fairtrade Lëtzebuerg“ sind immer mehr Konsumenten bereit, Geld für ein fair gehandeltes Produkt auszugeben. 24,38 Millionen Euro gaben luxemburgische Verbraucher im vorigen Jahr dafür aus. Damit stieg der Umsatz in diesem Bereich um satte 11,58 Prozent, was pro Kopf 39 Euro im Jahr ausmachen. Damit gehören die luxemburgischen Verbraucher weltweit zur Spitze, genauer gesagt belegen wir Platz sechs der Fairtrade-Verbraucher-Hitparade. Am tiefsten greifen die Schweizer dafür in die Tasche (99 Euro), gefolgt von den Iren (79 Euro) und den Schweden (46 Euro).
Die Verkaufszahlen untermauern eine Ilres-Studie aus dem Jahr 2020, die besagt, dass 73 Prozent der Verbraucher großes Vertrauen in die Produkte setzen; von der Gesamtheit der Verbraucher haben schon 74 Prozent ein solches Produkt gekauft.
Der Fairtrade-Verkauf hierzulande hat zwar das Pandemie-Jahr 2020 relativ gut überstanden, was aber wiederum nicht bedeutet, dass alle Produzenten gut dadurch kamen. Vor allem die Bananenbauern in der dritten Welt mussten Verluste hinnehmen: Ihr Verkauf ging um 10 Prozent zurück, während der konventionelle Markt um rund vier Prozent zulegte.
Das erste verkaufte und wohl bekannteste Fairtrade-Produkt ist Kaffee. Obwohl die in der Gastronomie getrunken Menge um satte 300 Prozent abgenommen hat, wurde dieser Rückgang ganz offensichtlich dadurch ausgeglichen, dass die Leute zu Hause mehr Kaffee tranken. 2019 wurden 421 Tonnen Fairtrade-Kaffee verkauft, 2021 waren es nur knapp vier Tonnen weniger.
Regelrecht explodiert sei der Handel mit Fairtrade-Baumwolle (plus 282 Prozent), der Umsatz belief sich 2020 auf 1,65 Millionen Euro. Es bleibe aber die Frage, ob dieser Anstieg nicht vielleicht mit Artikeln wie Gesichtsmasken und Handtüchern zusammenhänge, die punktuell von den Fairtrade-Produzenten angeboten wurden, schreibt die Organisation in ihrem Pressekommuniqué.
Es zeige aber auf jeden Fall, dass die Verbraucher bereit sind, solche Produkte zu kaufen, wenn diese angeboten werden. Die Verkäufer seien also auch in der Pflicht, für ein entsprechendes Angebot an Fairtrade-Produkten zu sorgen.
Weitere Infos unter fairtrade.lu.
Fairer Handel ist eine Regelung, die Erzeugern in Anbauländern zu nachhaltigen und gerechten Handelsbeziehungen verhelfen soll. Für ihre Produkte erhalten sie einen angemessenen, also fairen Preis. Ziel des fairen Handels ist die Bekämpfung der Armut und konzentriert sich darauf, die Situation benachteiligter Produzenten und Arbeitnehmer in Afrika, Asien und Lateinamerika zu verbessern. Das erklärt auch, warum es kein Fairtrade-label für luxemburgische Bauern gibt. Fair Trade Lëtzebuerg selbst tritt nicht als Verkäufer von Warten auf, sondern verteilt das entsprechende Label für diverse Produkte. Die Produzenten müssen dafür einige Bedingungen erfüllen; u.a. müssen sie unabhängigen Kontrollen zustimmen, die sowohl angemeldet als auch unangemeldet stattfinden. Das garantiere die Transparenz bei der Produktion, erklärt Jean-Louis Zeyen, Präsident von „Fairtrade Lëtzebuerg“.
Fairtrade Produkte sind auch gleichzeitig “Bio”. Die Produktion muss auf den drei Kriterien der nachhaltigen Entwicklung beruhen, d. h. auf wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Kriterien, Um Fairtrade-zertifiziert zu werden, muss die Produktion automatisch auch umweltfreundlich sein.
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