Der Ölverarbeitungskomplex Abqaiq des saudi-arabischen Konzerns Aramco ist der größte seiner Art. Insgesamt werden in der Fabrik in der arabischen Wüste fünf Millionen Barrel Rohöl auf Vordermann gebracht und dann in die Pipelines zu den Raffinerien an den Küsten gepumpt – pro Tag. Abqaiq verarbeitet das Öl aus den Feldern Khurais, Shaybah und vom legendären Ghawar-Feld, dem größten konventionellen Ölvorkommen der Welt. Die Hälfte der gesamten saudischen Ölproduktion gluckert durch Abqaiq – und damit irgendwann auch mal in unsere Tanks.
Am anderen Ende der Arabischen Halbinsel, rund 700 Kilometer von Abqaiq entfernt, liegt das Land Jemen. Dieses kann auf 4.000 Jahre Geschichte zurückblicken, es gibt einzigartige Unesco-Weltkulturerbe-Stätten und mit 30 Millionen Einwohnern in etwa so viele Menschen wie in Saudi-Arabien. Nur Erdöl hat der Jemen leider nicht sonderlich viel – dafür aber etwas, was in den Medien landläufig als „Konflikt“ bezeichnet wird.
Seit mindestens vier Jahren herrscht am Golf von Aden das absolute Chaos. Es gibt Bomben auf Schulbusse, Schüsse auf Krankenhäuser, Luftangriffe auf Wohngebiete. Es gab Hungerkatastrophen. Es gab Seuchen. Laut den Vereinten Nationen werden im Jemen 233.000 Menschen gestorben sein, wenn der „Konflikt“ noch 2019 beendet werden kann. 17 Prozent der Bevölkerung werden unter Mangelernährung leiden. 40 Prozent werden in extremer Armut leben. Alle elf Minuten und 54 Sekunden ist dann ein Kind gestorben. Dauert der Konflikt bis 2022, werden insgesamt 482.000 Menschen deshalb nicht mehr leben. Bis 2030 wären es 1,8 Millionen Menschen.
Man kann den zahlreichen Konfliktparteien also nicht vorwerfen, in der Vergangenheit nicht versucht zu haben, mit allerlei Gräueltaten die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die Region zu ziehen. Dennoch brauchte es dafür offenbar einen echten PR-Coup, nämlich einen Angriff auf das, was wirklich zählt: das arabische Öl. Einen Angriff, wie ihn die Huthi-Rebellen oder wer auch immer am Samstag vor einer Woche durchgeführt haben, als sie die tolle Abqaiq-Anlage in die Luft gejagt haben.
Aber unfassbarerweise scheint auch das jetzt nach hinten loszugehen. Die Meldungen nach den Attacken lasen sich so: „Ölpreis steigt um bis zu 20 Prozent, sogar das Gold wird teurer.“ „Warnung vor Rezession bei langfristigem Ölpreisanstieg.“ „Was werden die Premiummärkte tun?“ Und anstatt dass die Weltgemeinschaft endlich im Jemen interveniert, muss sich ausgerechnet der amerikanische Präsident Kritik gefallen lassen, weil er nicht sofort im Iran einmarschiert.
Man muss unserem Planeten (mal wieder) ein ziemliches Armutszeugnis ausstellen. Die Ereignisse seit dem Samstag vor einer Woche versinnbildlichen wie schon lange nicht mehr, wie abhängig vom Öl wir noch immer sind – und wie zynisch die Welt eigentlich ist.
Die Abwehrraketen wurden doch von Dutzenden von hochrangigen Prinzen befehligt, die doch durch ihre Abstammung dazu prädestiniert sind, komplizierte elektronische Raketentechnik zu bedienen.
"und wie zynisch die Welt eigentlich ist"
Die Welt oder die Berichterstattung?
Ausserdem: Konflikte, Kriege, Ungerechtigkeiten, ... gibt's in dieser Region, so lange ich denken kann. Da durchzublicken ist fast unmöglich. Und ein Teil der Weltgemeinschaft mischt doch da schon immer kräftig mit. Vielleicht wäre es an der Zeit, dass die Saudis, Emirate, Iran, USA, UK, Frankreich, (énumération non-exhaustive) sich da mal raushalten, damit die Konfliktparteien sich nicht immer wieder neu finanzieren können.
Moral?? dann würde ich jedem klimaaktivisten, menschenrechtler und moralapostel vorschlagen kein Huawei zu kaufen. die verkaufszahlen hier in europa sagen was anderes.
So ist nun einmal der Mensch: Geld steht über Moral!