Hatten sich im Vorfeld des Urnengangs sieben Kandidaten zusammengetan und eine sehr umfangreiche Wahlkampagne gestartet, so wurden letztendlich nur vier von ihnen gewählt. Das waren natürlich schlechte Voraussetzungen für die Sondierungsgespräche und so kam es, wie es kommen musste.
Die Wähler hatten sich klar ausgedrückt: Patrick Berens ging als Erstgewählter hervor, Mandy Arendt folgte mit nur 24 Stimmen weniger. Da Berens von vornherein bekundet hatte, dass er nicht gleich das Bürgermeisteramt übernehmen möchte und Tage nach der Wahl sogar auf einen Schöffenposten verzichtete, war der Weg zum Chefposten für die nächstgewählte 27-jährige Mandy Arendt frei, die damit zur ersten Frau an der Spitze der Gemeinde Colmar-Berg wurde.
Bis dato habe ich noch nie Herausforderungen gescheut, das wird auch jetzt nicht der Fall sein
„Das Wir ist mir überaus wichtig“
„Ich bin eben erst von der Arbeit nach Hause gekommen“, sagt Mandy Arendt, die als „éducatrice graduée“ bei „Caritas jeunes et familles“ arbeitet. Sie umsorgt in einem Heim in Ettelbrück Geflüchtete im Alter zwischen drei und 21 Jahren. Im Wohnzimmer befindet sich ein großes Blumengebinde, das sie nach der Wahl erhalten hat. Auf die erste Frage, wie es sich denn nun als junge Bürgermeisterin anfühlt, gibt Arendt mit einem Lächeln zu verstehen, dass sie sich ein solches Ergebnis nicht mal im Traum vorgestellt hatte. „Bis dato habe ich noch nie Herausforderungen gescheut, das wird auch jetzt nicht der Fall sein. Ich bin mir sicher, dass wir – und ich unterstreiche das Wir – eine gute Arbeit im Interesse der Bürger machen werden.“ Mit „wir“ meint sie die neun Gewählten, mit denen die Bürgermeisterin in den anstehenden sechs Jahren zusammenarbeiten möchte.
Die in Niederkorn geborene Politikerin lebte eine Zeit lang in Tüntingen, anschließend in Bivels und Vianden, bevor sie vor etwa 14 Jahren nach Colmar-Berg umzog. Sie lebt in einer Partnerschaft und ist Mutter von zwei Söhnen. „Ich habe mich vom ersten Tag an hier wohlgefühlt“, sagt sie. Auf die Frage nach ihren Hobbys gibt sie schmunzelnd „Treffen mit Freundinnen“ an. „Das gibt mir die Möglichkeit, vom Alltag abzuschalten.“ Sie kocht und liest aber auch sehr gerne.
Wann begann denn das politische Engagement für Mandy Arendt? „2021 hatten gleich drei Räte das Handtuch geworfen und so kam es zu Komplementarwahlen in Colmar-Berg. Zeitgleich hatten die Piraten in den sozialen Medien einen Aufruf für mehr Mitglieder gestartet, um in möglichst vielen Gemeinden vertreten zu sein. Mit dem Programm und der Ideologie der Piraten konnte ich mich sehr schnell identifizieren. So kam es, dass ich 2021 Mitglied der Partei wurde, die mich auch gleich dazu ermunterte, meine Kandidatur für die Zusatzwahlen zu stellen. Als Zweitgewählte von insgesamt fünf Kandidaten zog ich damals in den Gemeinderat ein.“
Sie habe in den vergangenen zwei Jahren sehr viel dazugelernt, dies, wie sie selbst sagt, dank verschiedener Mitglieder aus dem Schöffen- und Gemeinderat. „Ich hatte nie das Gefühl, im Abseits zu stehen, ganz im Gegenteil. Das Dazugelernte hat mir Mut gemacht, erneut meine Kandidatur für die diesjährigen Gemeindewahlen zu stellen. Da in Colmar-Berg nach dem Majorzsystem gewählt wird, wollte ich von vornherein nicht in einer Gruppe in die Wahlkampagne ziehen, auch wenn ich mit dem einen oder anderen Kandidaten sympathisierte.“
Ich musste mir in den vergangenen Jahren schon manche sexistische Äußerungen anhören, doch in der Zwischenzeit klatschen die einfach an mir ab
Auch Kandidatin im Oktober?
Arendt ist sich durchaus bewusst, dass sie es als junge Bürgermeisterin nicht einfach haben wird. „Ich musste mir in den vergangenen Jahren schon manche sexistische Äußerungen anhören, doch in der Zwischenzeit klatschen die einfach an mir ab. Ich bin überzeugt, dass wir im Gemeinderat sehr gut zusammenarbeiten werden. Konstruktive Kritik ist immer wertvoll, destruktives Verhalten und Geschreie sind dagegen fehl am Platz, wenn es um die Belange einer ganzen Kommune geht. Der Gemeinderat muss von einem Miteinander geprägt sein und nicht von einem Gegeneinander. Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen wird es wohl weiterhin geben, doch bitte immer im gegenseitigen Respekt.“
Ich möchte unbedingt einen Dorfkern schaffen, der diese Bezeichnung auch verdient
Wo sieht die neue Bürgermeisterin denn nun die Prioritäten für die Gemeinde? „Ich möchte unbedingt einen Dorfkern schaffen, der diese Bezeichnung auch verdient. Das Projekt einer gemeindeeigenen Kindertagesstätte liegt mir ebenfalls am Herzen“, sagt sie. „Für die Gemeindeateliers, die im Keller des Schwimmbades beziehungsweise im Bereich des Schulgebäudes untergebracht sind und fast jährlich überschwemmt werden, muss ein anderer Standort gefunden werden. Ich möchte zudem einen Bürger- und einen Kinderrat auf die Beine stellen, um einerseits die Belange und Ideen der Bürger besser in unsere Arbeit einbeziehen zu können und andererseits den Bürgern die Möglichkeit zu geben, dadurch mehr Informationen über die Arbeit des Gemeinderates zu erhalten. Des Weiteren habe ich einige Ideen für eine bessere Betreuung der Jugendlichen, über die es sich meiner Meinung nach lohnt, zu gegebener Zeit zu sprechen.“
Auf die Frage, ob Mandy Arendt eventuell mit dem Gedanken spielt, auf der Liste der Piraten für die Nationalwahlen im Oktober zu kandidieren, antwortet sie postwendend: „Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen, doch ich konzentriere mich jetzt zuerst auf mein Bürgermeisteramt. Meine Familie, meine Arbeit als Erzieherin und als Bürgermeisterin werden nun meinen Alltag prägen. Mal sehen, wie viel Zeit mir noch bleibt.“
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