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LuxemburgEnergielieferant Eida liefert nun auch kein Gas mehr

Luxemburg / Energielieferant Eida liefert nun auch kein Gas mehr
Gerade für kleine Betriebe wird der Vertrieb von Energie immer schwieriger Foto: dpa/Marijan Murat

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Vor rund zwei Wochen hatte der Energielieferant Eida angekündigt, seine Kunden nicht mehr mit Strom beliefern zu können. Nun sieht sich die Gesellschaft gezwungen, auch die Lieferungen von Erdgas einstellen.

Mitte Dezember hatte das Luxemburger Unternehmen seinen Kunden mitgeteilt, sie nicht mehr mit Strom beliefern zu können. Damit die Kunden nicht im Dunkeln sitzen bleiben, sprang Enovos, als „Lieferant der letzten Instanz“, ein. Das Tageblatt berichtete.

„Dieser Ausfall ist darauf zurückzuführen, dass der Großhändler, von dem Eida den Strom bezog, in Konkurs gegangen ist und daher nicht mehr in der Lage ist, Strom für die Kunden von Eida zu liefern“, hatte die Aufsichtsbehörde ILR damals in einer Pressemeldung mitgeteilt. „Angesichts der Marktsituation mit erheblichen Spannungen beim Großhandelspreis konnte Eida keinen alternativen Großhändler finden, der es ihr ermöglicht hätte, ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden zu erfüllen. Folglich war Eida gezwungen, die Lieferung von elektrischer Energie einzustellen.“

Da der Erdgaslieferant von Eida nicht derselbe wie ihr Stromlieferant ist, sei die Erdgasversorgung nicht betroffen und würde auch weiterhin funktionieren, präzisierte Eida damals weiter. Darüber hinaus würden auch die anderen Produkte wie die Installation von Ladestationen für Elektroautos, IT-Dienstleistungen oder Chargy-Karten nicht von der aktuellen Situation beeinträchtigt.

Doch keine zwei Wochen später, an Heiligabend, verfasste die Gesellschaft einen weiteren Brief an ihre Kunden: „Aufgrund der Marktsituation mit stark angespannten Preisen auf dem Großhandelsmarkt verfügt Eida nicht mehr über ausreichende finanzielle Reserven zur Vorfinanzierung des für die Versorgung notwendigen Erdgases“, so die Gesellschaft in dem Schreiben. „Infolgedessen ist Eida gezwungen, die Lieferung von Erdgas einzustellen.“

Versorgung bleibt sichergestellt

Nach der vertraglich vorgesehenen Kündigungsfrist werden nun alle betroffenen Verträge zum 14. Januar aufgelöst. Die Kunden müssen sich nun einen neuen Gas-Lieferanten suchen. Die Versorgung mit Erdgas bleibe jedoch sichergestellt, so das Unternehmen. Wer bis zum 14. Januar keinen neuen Vertrag unterzeichnet hat, wird von einem anderen Lieferanten, wie vom Gesetz vorgesehen, beliefert werden.

Die Webseite des Unternehmens
Die Webseite des Unternehmens Screenshot: eida.lu

Man habe keine andere Wahl gehabt, so Paul Kauten, „administrateur-délégué“ von Eida, gegenüber dem Tageblatt. „Wir mussten die Reißleine ziehen.“ Es herrsche aktuelle eine „verrückte Situation auf dem Markt“. Das Unternehmen leide unter der Preisexplosion an den Börsen für Energie.

Vor zwei Wochen habe man noch gedacht, dass „es noch weiterlaufen würde“, erklärt er weiter. Die Preise für Erdgas waren kurzfristig zurückgegangen, haben dann jedoch wieder angezogen. Dabei müssen „Lieferungen von Gas ein bis zwei Monate im Voraus bezahlt werden“, so Kauten. „Für einen kleinen Betrieb wie den unseren geht es dabei um sehr viel Geld.“

Für Eida sei es zudem nicht möglich gewesen, sich lange im Vorfeld an den Börsen zu versorgen. „Unsere Volumina sind zu niedrig. Wir hingen also am Marktpreis.“ Zu normalen Zeiten sei das kein Problem gewesen, erläutert er weiter. Im Sommer habe man günstiger an den Börsen einkaufen können und so die höheren Einkaufskosten vom Winter ausgleichen können. „Während Jahren hat das funktioniert.“

„Wir wollen alles geordnet über die Bühne bringen“

Bei den aktuell explodierenden Preisen veränderte sich jedoch die Lage. „Wir mussten zu viel Geld vorstrecken“, so der Geschäftsführer. „Acht- bis neunmal mehr als zu normalen Zeiten.“ Und da es keine echte Aussicht auf eine Beruhigung der Situation gab, habe man die Notbremse gezogen. „Wir haben entschieden, es auslaufen zu lassen“, so Kauten.

„Wenn die Preise weiter so hoch blieben, hätte uns das in Schwierigkeiten gebracht“, so der Geschäftsführer. Man habe jedoch die Kontrolle über die Ausgaben aufrechterhalten und alle Dienste so lange wie möglich anbieten wollen. „Wir wollen unsere Rechnungen bezahlen können. Wir sind noch handlungsfähig und wollen alles geordnet über die Bühne bringen.“

Wie es nun weitergeht mit dem Unternehmen und seinen sieben bis acht Mitarbeitern, steht in den Sternen. Mit Besorgnis wartet Paul Kauten auf die letzten Rechnungen aus dem Strom-Bereich. Erst wenn die zum Ende des Monats Januar vorliegen, wisse man mehr.

Vor rund 15 Jahren, als in Luxemburg der Energiemarkt liberalisiert wurde, nahm Eida, als eines von nur sehr wenigen Unternehmen, die Herausforderung des Wettbewerbs an. Als kleiner alternativer Anbieter spezialisierte es sich auf das Anbieten von umweltfreundlicher Energie. Doch „was damals noch möglich war, ist heute nicht mehr drin“, so Kauten gestern. „Ein Neueinsteiger müsste enorme finanzielle Reserven mitbringen.“ Dabei denkt er nicht nur an Lieferungen, die im Voraus bezahlt werden müssen, sondern auch an hohe laufende Kosten, etwa für benötigte IT-Systeme. „Es ist wirklich schade“, so Kauten.

Der Luxemburger Gasmarkt

Bei Energie ist Luxemburg abhängig vom Ausland. Beim Gas noch mehr als beim Strom, wo das Großherzogtum letztes Jahr 80,7 Prozent importierte. Beim Gas waren es satte 99,99 Prozent, die importiert werden mussten, größtenteils aus Belgien. Nur ein sehr geringer Anteil des verbrauchten Gases (0,008 Prozent) wurde hierzulande als Biogas erzeugt.

Von den 8.090 GWh Gas, die letztes Jahr in Luxemburg verbraucht wurden (9 Prozent weniger als im Vorjahr), wurden etwa 38 Prozent von den Haushalten zum Heizen genutzt, 55 Prozent von der Industrie und von Unternehmen und etwa 6 Prozent zur Herstellung von Strom.

Der durchschnittliche Haushaltskunde zahlte im Jahr 2020 insgesamt 39,3 Euro für 1 MWh Erdgas. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch bedeutet dies jährliche Kosten von 1.201 Euro pro Haushalt. Etwa die Hälfte des Preises sind Steuern, Netzkosten und andere Abgaben.

Insgesamt 86.688 Haushalte verfügen über einen Gasanschluss, wie aus dem Jahresbericht der Aufsichtsbehörde ILR hervorgeht.

Der Luxemburger Energiemarkt wird sowohl im Bereich Strom als auch im Bereich Gas von einem Unternehmen (Enovos/Encevo) beherrscht. Im „secteur professionnel“ hält Enovos einen Marktanteil von über 70 Prozent. Bei den Haushalten sind es fast 60 Prozent Marktanteil. Sudenergie (Sudgaz) hält 37 Prozent. Andere Gesellschaften wie Eida, Electris und Gas Natural teilten sich die restlichen 1,3 Prozent.

Das in Luxemburg verbrauchte Gas stammte zu 42 Prozent aus Norwegen und zu 31 Prozent aus den Niederlanden. Bei etwa 13 Prozent handelt es sich um LNG und rund 14 Prozent kommen aus Russland.